Montag, Januar 27, 2014

Luxus in der Wüste

Für jeden von uns bedeutet Luxus etwas anderes; hier in Ägypten mag es bedeuten, dass eine Familie jeden Tag genügend Nahrung auftreibt. Für Andere, dass sie sich einmal pro Woche Fleisch leisten dürfen, ihre Kinder in eine gute Schule schicken oder zu Feiertagen eine neue Jacke anziehen können.

Luxus mag auch sein, wenn man sich einmal pro Jahr zwei Wochen Ferien in Rimini gönnt, ein Auto besitzt oder eine Jacht sein Eigen nennen darf.

Jene Manager, Hausfrauen und andere stark engagierte Menschen, die von einem Termin zum nächsten hetzen, nach der Arbeit noch schnell einkaufen und anschliessend ins Fitnessstudio eilen, um rechtzeitig für die Spätnachrichten vor der Glotze sitzen zu können und kurz vor Mitternacht völlig überdreht ins Bett fallen, den Wecker auf sechs Uhr stellen, um am nächsten Morgen weiter zu hetzen… All jene erklären möglicherweise „Zeit haben“ als Luxusgut.

Zeit haben heisst für mich, etwas dann zu tun, wann mir lieb ist. In unserer konsumgeplagten Wohlstandgesellschaft ist das für Viele wahrlich ein Luxusgut geworden. Es ist Freiheit, die wir uns kaum mehr gönnen.

Doch da gibt es noch etwas, das wir im Technologie-Zeitalter nur noch rar finden:

Absolute Stille
Wo findet man sie noch? Weitab von der Zivilisation, z.B. auf einem Berggipfel. Im Meer. In der Wüste.

Ich habe sie vermisst, diese absolute Stille, seit mir die Berggipfel der Alpen abhanden gekommen sind. Hier in der Wüste habe ich sie für einen Moment wiedergefunden. Innehalten… mitten in dieser unendlichen Weite… bewegungslos stehen… tief atmen und lauschen. Lauschen und absolute Ruhe aufnehmen: es ist eine wunderbare Erfahrung.

Gestaunt habe ich über die Weite: ich unterschätzte die Distanz zwischen Meer und den ersten Felsen der Red Sea Mountans. Tatsächlich erstreckt sich die Sandebene beinahe über 40km  westwärts bis zu den ersten schwarzen, hellgrauen oder rosafarbenen Felsen – weitab vom Zivilisationslärm.

Wer nun aber meint, nur weil er sich die allerneuesten Markenartikel und technologischen Errungenschaften leisten kann, dann sei er für die Unwägbarkeiten der Berge oder der Wüste vorbereitet, der täuscht sich. Man denke nur an die zahlreichen Lawinenopfer dieses Winters: der Besitz eines LVS schützt weder vor einem Lawinenabgang noch vor dem Lawinentod! Genauso wenig wie man „einfach so“ auf einen richtigen Berg steigt, geht man auch nicht „einfach so“ in die Wüste. Erfahrung, Vernunft und Voraussicht sind nötig, um auf unliebsame Überraschungen und lebensgefährdende Situationen vorbereitet zu sein. Am besten vertraut man sich einem Spezialisten an, in den Bergen einem Bergführer und in der Wüste einem Wüstenfuchs  :).




Meine langen Radtouren auf schwach befahrenen Überlandstrassen geben mir etwas von dieser Stille. Mit dem Bike auf Sandpisten (oh ja, es braucht etwas Kondition) empfand ich noch eine Stufe beglückender! Ganz einfach deshalb, weil ich noch weiter von der Zivilisation weg war und endlich mal gar nichts mehr gehört habe. Nur Stille.

Mein Luxus.

English

Samstag, Januar 25, 2014

25. Januar 2014 – 3. Jahrestag

Landesweit 29 Tote, bisher. Tolle Feier. Die Menschen meinen, sie feierten den 3. Jahrestag ihrer Revolution. In Wirklichkeit feiern sie etwas ganz anderes, wie ich heute in Hurghada gesehen habe: sie feiern ihren Helden El Sisy. Die Männer auf dem Foto sagten mir freudig „Wir wollen die Muslimbrüder nicht, wir wollen El Sisy.“

Alle, die ich heute Nachmittag auf der Strasse sah, sahen so glücklich und freudig aus. Mir war zum Heulen.

Es macht mich traurig zu sehen, wie wenig im Gedächtnis der Menschen haften bleibt; sie haben vergessen, worum es am 25. Januar ging, sie haben die Polizeibrutalität vergessen und auch jene Tausende, welche ihr Leben für einen echten Wandel in Ägypten gegeben haben. Und sie verschliessen ihre Augen vor der andauernden Gewalt gegen all jene, die nicht FÜR das Regime sind. Und das alles in der kurzen Frist von drei Jahren! 


Freitag, Januar 24, 2014

Bomben zum Frühstück, zum Mittag, zum Z‘Nacht

Da sitz ich gemütlich beim Frühstück und lese die Nachrichten… zu Kaffee und Müesli werden mir aus dem Internet Bombenanschläge serviert. Der Gravierendste war wohl jener gegen das Polizei-Hauptquartier in Kairo. Tote und Verletzte gab es und das Islamische Museum samt seinen (natürlich kaum geschützten) wertvollen Gegenständen wurde beschädigt.

Und so ging es den ganzen Tag weiter: bisher sind vier Bomben gezündet worden. Wieder sind Unschuldige getötet und verletzt worden. Wieder hat die Polizei Hunderte festgenommen… irgendwelche, die vermutlich grad in der Nähe waren, grad greifbar waren. Angeblich wurde auch der Bruder des bekannten Aktivisten Wael Ghonim inhaftiert. Polizei und Armee haben alle im Griff, alle, ausser den wirklich Gefährlichen.

Natürlich werden wieder die Muslimbrüder beschuldigt. Natürlich wird weiter Hass gesät und Herden von Blinden und Hirnlosen folgen den Aufforderungen: nieder mit den Muslimbrüdern, nieder mit den Amerikanern, nieder mit den Verrätern und Spionen!!!!

Aufgestachelt und blind vor Hass (gegen wen?????) hat der Pöbel heute ein deutsches Kamerateam angegriffen. Die haben jetzt tolle Schlagzeilen für ihre Nachrichten und können ihrem nach Katastrophen und Gewalt lechzendem Publikum etwas bieten. Ein Bericht über die Schönheiten des Landes, die schon wenige Kilometer ausserhalb Kairos zu entdecken sind, wäre viel zu banal! Aber so läuft das Mediengeschäft eben.

Polizei und Armee haben alles im Griff. Willkommen im Polizeistaat Ägypten. Gewalt erzeugt Gegengewalt – warum lernen das Machthaber nicht??? Und warum lernen sie nicht, dass auch sie irgendwann der Gewalt unterliegen werden?

Ich gebe zu, ich bin niedergeschlagen. Allein der Angriff auf die deutschen Journalisten und ihre dramatische Berichterstattung wird dem Tourismus einen weiteren Hieb versetzen…

Und all das geschah heute, einen Tag vor dem dritten Jahrestag des 25. Januars, jenem Tag, als sich die Ägypter als eins gegen den Polizeistaat erhoben und sich die Welt darüber die Augen rieb….

Was kommt morgen???? Noch mehr Bombenanschläge?

Sonntag, Januar 19, 2014

بالعربي: Offener Brief an meine ägyptischen Freunde

Hier ist nun die Übersetzung meines Offenen Briefes. Vielen Dank Sahar und Familie für eure Hilfe!


ابدا بنفسك

اصدقائى الاعزاء

هل تعلمون أنى أعيش فى مصر منذ مدة اتابع الاحداث اناقشها معكم واستمع الى مخاوفكم عن الحياة وعن الوطن لا احد فينا سعيد لما الت الية االامور فى السنوات الثلاثة الاخيرة واشعر باالاسف لكل شى اود ان اقولة لكم من اجلكم ومن اجل مصر كلكم تريد ون ان تغيرو الوطن وتحلمون تغير بلد كبيرة مثل مصر انها وطن 90 ميلون مواطن ومساحتها حوالى مليون متر مربع إنها وطن لشعب ذو مبادى وايمان وثقافات متعددة هناك نقص فى مياة الشرب والطاقة التى تضيع فى التلوث الهوائى ومياة الصرف والمخلفات على شاطى البحر وفى الاعماق هل معنى هذا  أن مصر أكثر الدول فسادا هل تريدون ان نتغيروا على الرغم من ذلك لااحد يريد ان يغير سلوكة اذا اردت ان تغير بلدك ابدا بنفسك .
الحياة الاجتماعية تتمحور حول الاحترام .

احترم الاخر ان جيرانك مختلفين عنك ويتصرفون بطريقة مختلفة ماذا فى ذلك لاتتدخل فى شئون الاخرين واهتم بشئونك هل يهم ان يكون هناك طبقة عليا وطبقة صغرى لماذا اتعامل من اهم وا اقل منك بقسوة ونتملق من اهم اعلى منك هم ليسو افضل منك او اسوا منك كلهم بشر ويستحقون الاحترام احترم المراة لاتتحرش بها لاتنظر اليها على انها فقط اداة للجنس بل هى بشر وعاملهن معاملة خاصة ليست عليك ان تحب اوتفهم اختيارات الشواذ ومن لايومنون بالله ولكن عليك ان تظهر لهم الاحترام على انهم بشر مثلك.

هل تستطيع القيادة.
أن الرجال المصرين يفتخرون بانهم ذو أخلاق 90% منهم يصبحون وحوش وراء عجلة القيادة لماذا لا تتوقف وتدع المشاة يعبرون الطريق ؟

لماذا لاتحافظ على مكانك فى الحارة الخاصة بك ودائم التنقل من اليمن لليسار برجاء احترام قانون المرور لذلك وعندما نتناقش مع اخرين لابد من الموضوعية لكن لماذا يكثر الصراخ فى الماكن العامة ويتطور الى شجار كبير حتى مع اقرب الاصدقاء هل فى استطاعتك الوصول بالمناقشة لطريقة مقنعة ومهذبة هل تريد مضايقة المارة والجيران ومن حولك رجاء اجعلها مناقشة متحضرة اما التحدث فى المحمول فى اللاماكن العامة والذى اصبح من الضرورات بل وأهم من الماء والغذاء . انت حر لكن لاترفع صوتك وانت تتحدث فى التليفون وتجبر الاخر من سماع ما تتحدث بة نحن لانريد حقا ان نتعرف على حياتك الخاصة .

هل لديك ميعاد مع شخص ما ؟ لاتتاخر عن ميعادك واذا تعزر وصولك فى الميعاد اتصل وابلغ عن سبب تاخيرك هل انت من المحظوظيين ولديك وظيفة ؟ مئات من الالاف لايعملون فلماذا لاتعمل بجد والتزام ؟ لماذا تعمل بنسبة 60% من طاقتك لماذا فى نصف الطريق ولا تكمل ما بدات عملة اذا كان لديك وظيفة فهذا التزام ولكن عدم التزامك يعنى انك لاتستحق راتبك .
أعلم انك مختلف معى فى الراى وتريد الرد لكن الاخرين يقومون بذلك هل تريد الانتحار والقفز من اعلى قد يربد البعض القيام بذلك ولكنة ليس حلا

الحياة الخاصة .

 فلتكن خاصا بك انت وحدك أعرف الكثير حول هذا الموضوع انت غير سعيد فى زواجك وتريد الطلاق شريك حياتك غير سعيدا ايضا وكل افراد الاسرة غير سعداء واجة نفسك بصراحة وتوقف عن النفاق والخضوع للعادات والتقاليد البالية  فهى حياتك انت وليست حياة الاخرين هل تريد ان تنشا اطفالك فى عائلة منافقة  هل تريد ان تغرس بداخلهم النفاق الاجتماعى ام تريد هم اي يحيوا حياة افضل وتريد ان تتزوج بمن تحب ولكنها تدين بدين اخر
او من طبقة أخرى او من بلد اخرى كل هذة العوائق التى من صنع الانسان .

ولابد اسالك هل هى حياتك ام حياة من يريدون أن يضعوك فى قالب زواج معين يقضى بك الى التعاسة وانت شريك حياتك ويسخرك لارضاء العائلة لماذا لانكسر القيود هل ستسمح للاطفالك بتحطيم القيود ام انت تريد حياة افضل لاطفالك  اليس كذلك.

البئيىة والتلوث والنفايات .
هل تحتاج فى كل مرة تذهب فيها لشراء كولا او عصيرلماذا تاخذ كيس بلاستك لوضعها فية خصوصا اذا كنت ستشربها على الفور
لماذا لاترفض بابتسامة هذا الكيس البلاستيك ؟

هل فكريت فى هذة الاكياس البلاستيك التى تذروها الرياح هنا وهناك فى الصحراء وفى البحرهل فكرت بمدى الضرر الواقع على الشعاب المرجانية والاسماك والطيور على الارض من جراء ذلك فهذة الاكياس تاخذو وقت طويلا قبل ان تتحلل فكيف ستشعر عندما ترى بلدك مغطى بالنفايات القبيحة التى توذى العين والصحة توقف عن الحاق الضرر بالبئية  
تنام والنور مضاء ...

مصر لاتتحمل كل هذا الاهدار فى الطاقة من المهم ان تبدا بتغير حياتك ؟واذا لم تفعل فمن سيغيرهالك هل يبدا اطفالك فى تغير نمط حياتهم ام سيبقى كل شى كما هو ولاشى سيتغير ابدا فكيف اذن بالله عليك سبتغير بلدك للافضل أن لم تتغير انت .

أعلم جيدا ان اصدقائى المصرين تعلمو يعملون جيدا أن رسالتى لكم من القلب 
برجاء شارك ذلك الخطاب مع الاسرة  

                                           وشكرا لكم جميعا


Samstag, Januar 18, 2014

LoLliPoP und andere Momentaufnahmen

Da fahr ich selbstvergessen mit meinem Rennrad auf der Safaga-Strasse; da höre ich, wie ein Auto seine Geschwindigkeit neben mir verlangsamt und ich überlege, was die wohl wieder wollen. Als der Lieferwagen gleichauf ist, streckt mir der Beifahrer einen Lollipop entgegen. ^-^

*****
Da wimmelt es von Polizei in Hurghada. Seit das Regime zurück ist, sind in jeder Strasse Checkpoints aufgebaut. Ich wundere mich nur, wo die sich während der vergangenen drei Jahre alle versteckt haben – es sind so viele! Mit dem Rennrad darf ich jeweils unbehelligt hindurch. ^-^

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Widerwillig ging ich zur Polizei, um Anzeige zu erstatten. Das Gebäude ist in einem jämmerlichen Zustand; offenbar werden die Waschräume renoviert, denn überall sind Zementsäcke, Kloschüsseln und Handwerker zu sehen. Der Brigadier-General empfängt mich höflich und hört meinem Übersetzer aufmerksam zu. Später erzählt er von seinen Reisen nach Europa – in bestem Englisch. Einen Computer erblicke ich nirgends; das Delinquenten-Archiv besteht aus Tausenden von gelben Karteikarten mit Bild und ist in einer alten Holzkiste untergebracht. Der Polizei-Beamte, der meine Anzeige handschriftlich auf Arabisch formuliert, drückt mir – noch bevor ich mich hinsetzen kann – ein Schokoladekeks in die Hand. ^-^

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Wenn man es nicht mehr verstehen kann… ist es Ägypten.


Dienstag, Januar 14, 2014

Hoffnungsvoll

Wenn ich die Bilder betrachte, die im Internet vom ersten Tag des Referendums über die Verfassungsänderung zirkulieren, und mir die Äusserungen meiner ägyptischen Bekannten anhöre sammeln sich Tränen in meinen Augen.

Die Menschen stimmen mit „Ja“, denn sie wünschen sich endlich wieder Ruhe und Frieden im Land. Sie haben genug von den Demonstrationen, von den Versprechungen der Religionsvertreter und von den Anschlägen. Sie sind müde und erschöpft nach drei Jahren voller Hoffnung und Kampf – der momentan völlig sinnlos wirkt. Sie wollen wieder leben, lachen und arbeiten. Sie wollen wieder essen, trinken und singen. Sie wollen wieder über Fussball diskutieren und nicht über Politik.

Wer kann’s ihnen verübeln???

Mein Wachmann hat letztes Jahr noch voller Freude gemeint, Morsi habe sich des Militärs entledigt, alles werde gut – Inscha’allah. Heute sagte er voller Freude, jetzt wird alles gut – Inscha’allah – und das Militär sei kein Problem. Freiheit komme dann mit der Zeit. – Ich kann ihn und die anderen 50 Millionen verstehen…

Sonntag, Januar 12, 2014

Maul halten

Ägypten eilt mit Riesenschritten in die repressive Vergangenheit. Wer nicht dafür ist, ist dagegen, wird zum Staatsfeind erklärt und mundtot gemacht.

Das kürzlich erlassene „Demonstrationsgesetz“ dient nicht nur dazu, die zur Routine gewordenen Kundgebungen der Muslimbrüder einzudämmen und gegen sie gewaltsam vorzugehen. Damit werden auch die „Gegner“ des jetzigen Regimes zum Schweigen gebracht. Wer sind diese Gegner? Wovor haben die Machthaber Angst?

Momentan sitzen Dutzende von namhaften und Hunderte von weniger berühmten Aktivisten in Gefängnissen. Es sind jene Mutigen, die hinter dem Aufstand vom 25. Januar 2011 stehen. Tausende weitere Unschuldige, die zur falschen Zeit am falschen Ort gingen, sassen oder standen, neben Journalisten, Muslimbrüdern und anderen „Staatsfeinden“ sitzen auch hinter Gittern. Den Aktivisten wird vorgeworfen, unerlaubt demonstriert, zu Kundgebungen aufgerufen zu haben oder – noch schlimmer – Staatseigentum beschädigt oder einen Polizisten angegriffen zu haben. Wer den Mund auftut, um seine Meinung zu sagen, läuft Gefahr, von der Polizei abgeführt zu werden. Anlässlich der Wiederaufnahme der Gerichts-Verhandlung zur Tötung von Khaled Said wurde ein Dichter abgeführt; vor dem Gericht hielten einige Demonstranten Schilder hoch und verlangten Gerechtigkeit (für Khaled Said). Als einige von ihnen von der Polizei abgeführt wurden, fragte der Dichter einen Polizisten: „weshalb nehmt ihr sie mit?“. Jetzt sitzt er auch (Masr El-Youm, 7.1.2014).

Im ganzen Land werden Millionen von Pfund für Werbebanner ausgegeben, die auffordern, übermorgen am Referendum über die überarbeitete Verfassung mit „Ja“ zu stimmen. Jene Handvoll Leute, die Flyer mit dem Aufruf dagegen zu stimmen verteilten, wurden festgenommen. Das Regime hat Angst vor jedem, der anderer Meinung ist. Ganz abgesehen davon, dass mit dem verschwendeten Geld vielen Bedürftigen geholfen werden könnte. Verschwendet ist das Geld, weil die Verfassung sowieso angenommen wird. Oder zweifelt jemand daran?

Eine Bekannte hat mich gewarnt: ich solle aufpassen, wo ich welchen Kommentar hinterlasse. Tatsächlich wurde ich virtuell angegriffen und übel beschimpft, als ich meine Zweifel am  Wahrheitsgehalt der Nachrichten äusserte. Gemäss dem Einheitsbrei, der seit Monaten durch die Medien geistert, deckt die Polizei ständig geplante Bombenangriffe auf, entdeckt Terrorzellen, tötet Terroristen, hält einen 12-jährigen davon ab, sich als Selbstmordattentäter in die Luft zu jagen, und entschärft versteckte Bomben. Alles kann nicht wahr sein. Den Grund für die Beschimpfungen habe ich zuerst gar nicht verstanden. Doch Tatsache ist: wer nicht hinter dem jetzigen (und ursprünglichen) Regime steht, d.h., wer nicht mit der Mehrheit mitjubelt, ist entweder ein Anhänger der Muslimbrüder oder ein vom Ausland finanzierter Spion. Ein Heuchler sowieso und jemand, der keine Ahnung von Ägypten hat ebenfalls. Habe ich auch nicht, ich schaue und höre nur zu. Dann denke ich und das ist schon zu viel.

Die Mehrheit will nämlich nicht denken, sondern will einem Helden folgen, der sie ins Paradies – in Ägypten ist das Stabilität, Sicherheit und raus aus der wirtschaftlichen Misere – führt. Wer immer das verspricht, dem wird gehuldigt und blind gefolgt. Dabei fallen sie von einer Falle in die nächste. Wem das nicht passt, ist ein Gegner, der hinter Gitter gehört, damit er nicht nochmals auf die Idee kommt, einen Aufstand anzuzetteln.

Wie stark ist so ein Regime, wenn es Angst vor seinem eigenen Volk hat? Die Minderheit wartet vorerst ab und schweigt. Früher oder später wird sich das wieder ändern und die Mehrheit wird entdecken, dass sie wieder in eine Falle gestolpert ist. Nach dem Aufstand ist vor dem Aufstand; trotz Repression und Gewalt.