Sonntag, Juli 31, 2016

Alexandria

Mit dieser Stadt verbindet mich eine Hass-Liebe. Sie zieht mich an und stösst mich gleichzeitig ab. Die einstige Perle am Mittelmeer, einstiges Handelszentrum zwischen Westeuropa und dem fernen Osten, Heimat von Intellektuellen und Herrschern, Schmelztiegel von Kulturen, zweitwichtigste Stadt des römischen Reiches, ist heute eine vor sich hin zerfallende, zerbröckelnde ehemalige Schönheit, die sich immer mehr unter dem Druck von Bevölkerungswachstum, Armut und Korruption krümmt. Noch in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts trafen sich hier die Reichen und Schönen, florierten Theater, Geschäfte und Kaffeehäuser der Griechen, Armenier, Syrer, Libanesen, Türken, Italiener, Franzosen, Deutschen, Engländer, Ägypter, Libyer und anderen.

Um die Vergangenheit dieser Schönheit, Vielfalt und Klasse auszudrücken, müsste man eine stärkere Vergangenheitsform als das Perfekt oder das Präteritum erfinden.

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Keine andere Stadt Ägyptens verkörpert einstige Pracht und gegenwärtigen Zerfall besser, als Alexandria.

Sich durch die Strassen dieser Stadt bewegen, heisst: beinahe in den in den Autoabgasen ersticken, wegen der nie endenden Huperei taub zu werden und stundenlang in den Verkehrsstaus auszuharren.

Samstag, Juli 30, 2016

Hilfloses GPS und andere Erlebnisse auf Ägyptens Strassen

Dem Roten Meer entlang
Etwas später als geplant– was sich später als Glück erweisen wird – starte ich meine lange Fahrt Richtung Norden. Die Sonne ist schon um Viertel vor Fünf über den Horizont gewandert; ohne Sonnenbrille geht nichts mehr.

Locker fliessen die ersten hundert Kilometer dahin. Zu meiner Rechten im Sonnenlicht glitzernd das blaue Rote Meer, mal näher, mal ferner, zu meiner Linken das Gebirge. Auch die nächsten hundertfünzig Kilometer oder so machen Spass: doppelspurige Strasse, teilweise neuer Belag, spärlicher Verkehr. Eine kurze Rast mit den Beinen im Meer stärkt mich. Regelmässig verteilte weisse Punkte im Sand entpuppen sich als neue Windmühlen – die Windfarm wird vergrössert. Ein einziger Kran ist zu sehen… der wird lange dran sein, bis die alle aufgerichtet sind und drehen, denke ich.

Mein GPS hat nicht viel mehr zu tun, als mir zu sagen, dass ich weiterhin geradeaus fahren soll. Ich schalte das Geschwätz ab und konzentriere mich auf die inzwischen einspurige, kurvige Strasse an der Steilküste zwischen Zafarana und Ain Sukhna. Die malerische Strecke ist ein Traum – der Verkehr schon früh morgens ein Albtraum: Fahrer von Tankwagen, Sattelschleppern, Minibussen, Reisecars und PWs machen sich die einspurige Fahrbahn streitig und zur Rennstrecke. Es wird bei und im Gegenverkehr überholt, die Randfahrbahn wird zur Fahrspur. Prompt komme ich an einem fürchterlichen Unfall vorbei: ein völlig zerknittertes Auto steckt kopfüber in den Felsbrocken, welche das Meer von der Strasse trennen. Foto machen geht nicht, anhalten ist zu gefährlich.