Dienstag, März 29, 2016

Ägypten immer gut für Schlagzeilen

War es vor drei Tagen die Nachricht, dass in der Nähe von Safaga in der Wüste eine Landmine explodierte, knallt heute früh die Schlagzeile wie ein Hammer: „Flugzeug der Egypt Air entführt“.
„Hört denn das überhaupt nicht mehr auf?“ und „Dem Land wird momentan aber grad gar nichts erspart!“ waren meine Gedanken.

Rasch mal war klar, dass die Gefahr nicht so gross war, wie sie anfangs schien. Doch: wie konnte jemand bewaffnet durch die Sicherheitskontrollen? Jetzt, wo sich die Flughäfen in Unkosten gestürzt haben, um ihr Sicherheitsdispositiv auf internationalen, d.h. der Gefahr von Terroristen gewappneten Standard gebracht haben?

Offenbar hatte der Mann gar keine Waffe, keinen Sprengstoff, nur eine selbst gebastelte Attrappe. Armer Kerl.

Zehn Stunden später sieht die Lage sehr entspannt aus und die sozialen Medien verbreiten Witze, dass einem die Tränen kommen. Das Motiv für die Flugzeugentführung scheint zwar traurig: Der arme Kerl scheint von grenzenlosem Liebeskummer geplagt worden zu sein. Mitgefühl hat bei der von Katastrophen und Problemen nach Normalität ringenden ägyptischen Bevölkerung keinen Platz. Humor ist ihre Waffe, Humor ist ihre Therapie für und gegen alles Übel.

Da singt einer „Love is in the air…“, der andere schreibt, dass Egypt Air seit einer Dekade für einmal nicht wegen ihrem lausigen Service in den Medien genannt werde; die entführten Passagiere klatschen und johlen in einem Video, als sie erfahren, dass sie statt in Kairo, in Larnaca auf Zypern gelandet sind. Ein anderer Twitterer meinte, manche mögen sich wundern, weshalb der Entführer seiner Ex nicht einfach ein Email geschrieben habe; jene wüssten nicht, wie schlecht Ägyptens Internetverbindung sei. Recht hat er damit. Und schliesslich steht die Latte für den ultimativen Liebesbeweis hoch: nichts weniger als eine Flugzeugenführung beweist wahre Liebe. Wohl zu lesen war der Kommentar, zur Abwechslung kein wegen einer Bombe explodierendes Flugzeug, sondern „nur“ eine einfache Flugzeugentführung aus Liebeskummer.

Bleibt zu sehen, wie die Geschichte weiter geht….. Beruhigend, erleichternd und toll finde ich, wie Egypt Air die Situation gehandhabt hat und dass auch am Flughafen in Alexandria keine Fehler passiert sind!

Ägypten hört nicht auf, mich zu erstaunen. In allen Richtungen. Gott sei Dank ist diesmal niemand zu Schaden gekommen.


PS: Die Landmine war übrigens eine von jenen, die bei den Kriegen mit Israel gepflanzt worden ist. 

Donnerstag, März 24, 2016

Es läuft doch was in Hurghada – auch ohne Touristen

Normalerweise dreht sich hier alles um die Touristen. Und wenn die wegbleiben, dann dreht sich nichts mehr. Es sei denn, beherzte Einwohner krempeln die Ärmel hoch und stellen etwas auf die Beine.

Läuferszene
Er joggt gern und hat per Facebook Gleichgesinnte gesucht. Ein junger Ägypter hat angefangen, wöchentliche Läufe auszuschreiben, 4km, 6km und 100m Rennen. Gesellten sich zuerst nur 2 oder 3 Läufer zu ihm, laufen nun jedes Wochenende ein Dutzend oder mehr Läufer mit. Klever hat er es angestellt: nach dem dümmlichen „Angriff“ im Hotel Bella Vista im Januar packte er den Anlass in den Slogan „Unterstützt Ägypten“, das andere Mal fand er Sponsoren, die Preise spendeten; neulich liefen Mitglieder der Schwimmschule „Frogs Swim Academy“ mit – gute Eigenwerbung und gleichzeitig motivierend für andere. Hut ab!

Ein unvergesslicher Tag #Unterstützt Ägypten#
Unter demselben Motto (Support Egypt) findet am Samstag vor Ostern in der Neuen Marina ein Musik-Anlass statt. Die Neue Marina ist ideal für regelmässige Veranstaltungen mit Musik, Shows, Tanz und anderem, doch die Manager dort unternehmen leider wenig. Die Gruppe „Support Egypt“, hinter der zwei Ägypter und eine seit langem hier lebende Italienerin stehen, arbeitet seit Wochen daran, den Grossanlass zu organisieren. Es soll eine Veranstaltung für die hiesige Gemeinschaft werden und ein Zeichen für die Zukunft setzen: Hurghada ist ruhig, sicher und friedlich und widerspricht damit dem Bild, das die internationalen Medien malen und Touristen vom Herkommen abhalten.

Freitag, März 11, 2016

Die Lage ist ernst

In Hurghada genauso wie in Ägypten allgemein.

Zuerst zum Tourismus
Seit dem Absturz der russischen Maschine Ende Oktober letzten Jahres über dem Sinai haben Fluggesellschaften und Reiseanbieter ihre Rückkehr in die ägyptischen Feriengebiete immer wieder hinausgeschoben. Nur noch wenige Fluggesellschaften fliegen nach Sharm El Sheikh, Marsa Alam und Hurghada. Die Flughäfen sind gähnend leer. Dabei sind die Sicherheitskontrollen jetzt wirklich seriös. Doch das allein reicht nicht aus, denn es geht um Geo-Politik, die mir über den Kopf wachst, die lass ich lieber beiseite.

Während die top-Ferienorte Sharm und Dahab am Sinai quasi verwaist sind, sind in Hurghada und Marsa Alam doch noch einige Hotels offen; sie schlängeln sich aber mit einer Belegungsrate von durchschnittlich 10-20% durch. Das kann nicht mehr lange gutgehen und viele haben dichtgemacht. Geschäfte sind geschlossen, Restaurants und Bars dunkel. Am meisten schmerzt das Ausbleiben der russischen Gäste.

Die von mir ungeliebte Sheratonstrasse – die Hauptgeschäftsstrasse und Bummelmeile in Hurghada – ist auch abends erschreckend ruhig. Ein Hotelmanager meinte neulich, er sei schon froh, wenn er nicht jeden Monat Verlust mache; im Januar waren es 600‘000 EGP Verlust, Februar eine schwarze Null. Er hat immer wieder Seminare in seinem Hotel – ein Glück. Andere Resorts versuchen, Europäer für € 220.00 inkl. Flug und all-inclusive anzuwerben – irgendwas bleibt da aber auf der Strecke.