Sonntag, Mai 28, 2017

Zensur schlägt zu

Einmal mehr hat die Zensur in diesem Land ihre Macht gezeigt. Auf rund zwanzig Internet-Nachrichtenseiten kann nicht mehr zugegriffen werden. Betroffen sind die auch im Westen weitherum bekannte Al Jazeera, aber auch Daily News Egypt, Huffington Post Arabisch oder Mada Masr u.a.. Der Oberste Rat für Medienüberwachung ist der Meinung, dass alle Medien, die Terrorismus propagieren, gesperrt werden müssen.

Katars AlJazeera wird schon seit 2013 den Muslimbrüdern und somit den Terroristen zugeschrieben. Daily News Egypt scheint ein „technisches Problem“ zu haben – wurde die Seite vielleicht „versehentlich“ blockiert?

Samstag, Mai 27, 2017

Ramadan-Beginn in Stille

Seit Sonnenaufgang fasten Muslime heute: seit zehn vor fünf Uhr! Es ist ein ungewöhnlich heisser Tag, die Temperaturen liegen über 35° C. Kaum ein Lüftchen regt sich – ebenso ungewöhnlich. Das macht den ersten Fastentag zusätzlich hart.

Doch es ist nicht die bleierne Hitze, die heute über dem Land liegt, die mir besonder ausffällt. Nein, es ist was anderes…

Es ist still! Noch im Halbschlaf hatte ich das Gefühl, dass da etwas anders ist, als sonst. Kein Bohren, Klopfen und Hämmern. Keine Lastwagen und keine Autos. Kein Geschrei und Gejohle der Arbeiter der umliegenden Baustellen. Kein Telefongespräch von Passanten. Keine erzwungene Musikberieselung.

Das bleibt so während des ganzen Vormittags. Und Mittags. Und Nachmittags. Am Pool herrscht fast Geisterstille. Eine Bekannte hat auf Facebook geschrieben, sie sei alleine am Strand, es sei ganz still und friedlich. Ich bin mit meinem Eindruck also nicht alleine. Seit ich in diesem übervölkerten Land lebe, war es nur einmal so still wie heute: in den Monaten nach der Revolution 2011. Damals war Hurghada beinahe ausgestorben.

Mir ist es recht. Und klug ist, wer sich auf die Nacht einstellt: ich nehme mal an, dass dann alles nachgeholt wird, was tagsüber ausgeblieben ist. Nicht nur die Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme.



Donnerstag, Mai 25, 2017

Melonen-Wächter

Da und dort türmen sich am Strassendrand riesige grüne Wassermelonen. Sorgfältig aufgestapelt auf parkierten Pickups oder auf dem mit einer Decke belegten Sand. Manch ein Verkäufer hat eine der schweren Früchte aufgeschnitten: das Rot des Fruchtfleisches leuchtet in der Morgensonne und lockt Kunden an. Für sie ist es bequem, ihr Fahrzeug schnell am Strassenrand anzuhalten und diesen herrlichen Durstlöscher zu erstehen.

Tagsüber stellen die Verkäufer Sonnenschirme auf oder spannen ein Tuch über Ware und sich. Nachts sitzen und liegen sie in Decken gehüllt neben der Melonen-Pyramide.

Als ich früh morgens wegen bürokratischem Papierkram in den anderen Stadtteil fahren muss, gleiten die grünen Kugelberge an mir vorbei. Manch ein früher Kunde lässt sich schon eine Melone aufschlitzen und in eine Plastiktasche geben.

Jäh fällt mein Blick auf einen verwaisten Melonen-Stand. Tatsächlich niemand da? Das kann nicht sein! Fast bin ich vorbei, als ich eine Wolldecke am Boden erhasche, deren unregelmässige Form verrät, dass da einer schläft. Ich erhasche das Gesicht, erahne den kleinen Körper, der da friedlich im Sand, am Strassenrand, im Schatten der Melonen schläft.


Donnerstag, Mai 11, 2017

Verspätete Reisende

In die Wüste hat es mich heute gezogen, weg von Häusern und Menschen und Autos und allem Drum und Dran, das mir meine Energie raubt.

Ich marschierte über Hügel, überquerte Sandebenen, blieb hie und da mal stehen, um einen seltsamen Stein näher zu betrachten: smaragdgrün, Schneckenhausmuster… Ich guckte in den Himmel, der milchigtrüb schien. Es stürmte.

Aus der Ferne sah ich in fast regelmässigen Abständen etwas aufgereiht, fast wie Tontauben zum Abknallen. Das macht natürlich keinen Sinn dort, wo ich war, aber im ersten Moment sahen die Dinger so aus. Schwarzweiss. Je näher ich kam, umso seltsamer muteten die Gebilde an: wie grosse Eier. Auf roten Stängeln… bis mir einfiel: das müssen Vögel sein!

Freitag, Mai 05, 2017

Auto-Service

Zwanzigtausend Kilometer zeigt der Zähler an und so ist ein Service fällig. Ein grosses Unterfangen in dieser Region.

Die Preise in Kairo sind anders. Zwei Garagen rufe ich vorher an, zwei unterschiedliche Auskünfte bekomme ich. In Hurghada erhalte ich nochmas eine andere Auskunft, teurer auf jeden Fall. Aber die Aussicht, mich in Kairo durch den Verkehr zu wühlen und die Garage nicht zur vereinbarten Zeit zu erreichen, bereitet mir Kummer und so lass ich die Idee fallen, obwohl ich grad nach Kairo muss.

Also Hurghada. Während ich vom Warteraum mit Fensterscheibe (wie auf dem Flughafen!) dem Treiben in der Halle zugucke, unterhalte ich mich mit den anderen Kunden. Einer schimpft mit Zornesröte im Gesicht, er warte schon seit einer Woche auf eine neue Batterie. Unglaublich. Kairo liegt auf dem Mond. Dort liegen auch die Ersatzteile. So etwas wie ein Ersatzteillager scheint hier unbekannt zu sein.

Ein anderer Kunde erzählt mir, dass er den Service hier nur wegen der Garantie machen lässt und alles nochmals bei einem Mechaniker seines Vertrauens überprüfen lässt. Mich schaudert. Er empfiehlt mir auch, Ersatzteile in Kairo zu kaufen und wenn möglich, dort den Service machen zu lassen. Preis und Qualität seien nicht mit jenen in Hurghada zu vergleichen. Mich schaudert noch mehr. Das ist ein Ägypter, der mir diesen Rat gibt. Umso schlimmer.

Mittwoch, Mai 03, 2017

Von meiner Liebe zu Sprachen

Ich liebe Sprachen. Ich habe schon als Fünftklässlerin einen Abendkurs in Englisch belegt. Ich erinnere mich, dass ich mich – schüchtern wie ich war - unter den erwachsenen Kursteilnehmern zwar verloren fühlte, aber innerlich unheimlich stolz auf mich und sehr entschlossen war!

Mit fünfzehn verkündete ich, ich würde mal Arabisch lernen. Ich wusste damals nur, dass Arabisch die Sprache der Märchen aus 1001 Nacht und Karl Mays Kara Ben Nemsi war. Das habe ich dann wieder vergessen. Zum Glück. Für einige Jahre musste ich mich auf die Schule konzentrieren. Danach ging es aber wieder los mit den Sprachen. Meine Liebe dazu hat bunte Blüten getrieben und mich sogar dazu verführt, Ladin auszuprobieren.

Fremdsprachen verkörpern für mich Exotik und Faszination. Sie öffnen Türen zu einer sonst verborgenen Welt. Sprachen widerspiegeln Denkweise und Kultur eines Volkes. Dieses Wissen, das sich mir dabei auftut, verschlinge ich regelrecht, verarbeite es und vergleiche es mit meiner/unserer Denkweise und Kultur. Es hilft mir, die andere Welt doch annähernd zu verstehen oder eben, die Grenzen des Nicht-Verstehens zu entdecken.