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Sonntag, Mai 01, 2011

Professionelle Arbeit

„Wir arbeiten sehr professionell. Unsere Mieter sind alles Europäer.“ So prustete sich mein derzeitiger Vermieter, als er mir seine in ganz Magawish verstreuten Wohnungen zeigte.

Mustafa ist nett und freundlich. Er sieht aus wie ein übergrosses, aufgeblasenes Baby: pausbäckig und mit einem so grossen Bauch, dass er hinter dem Lenkrad seines Jeeps kaum Platz hat. Für jeden hat er ein freundliches Wort, doch das täuscht: er ist durch und durch Geschäftsmann.

Kürzlich kam er vorbei, um meine Fahrradpumpe auszuleihen: er war zu faul, Kinderspielzeuge für sein vier Monate altes Baby selber aufzublasen – dabei hätte ihm etwas Anstrengung gut getan.

Professionelle Arbeit sieht in Ägypten zum Beispiel so aus: eine Türglocke ist zwar vorhanden, aber sie funktioniert nicht. An zahlreichen Stellen an Wänden, in Ecken und bei den Fensterabschlüssen sind Faustgrosse, hässliche Flecken, die schon längst verputzt gehörten. Die Stuckaturen in den Ecken sind abgebrochen oder nie sauber abgeschlossen worden. Eine Moskitoschutz-Türe springt immer aus der Schiene. Die Fussplatten sind an den Balkontüren nicht sauber verkittet – Sand sammelt sich darin. Die Marmorabdeckung in der Küche hat einen Zentimeter grossen Spalt. Einige Lampen flackern immer, was besonders nachts stört. Andere Glühbirnen funktionieren überhaupt nicht. Neben der Toilette ist eine hübsche Brause befestigt – sie rinnt aber, also verwende ich sie nicht. Das Silikon der Duschtüre fällt heraus.

Das Bügelbrett ist von so billigem Material (eine hauchdünne Spanplatte), sodass es mir heute beim Bügeln abgebrochen ist! Selbstverständlich muss ich das selber ersetzen, denn die Wohnung ist ja komplett eingerichtet. Von Qualität spricht man nicht.

Das Scharnier einer Klappe über dem Kühlschrank ist ausgerissen. Es wurde so schlecht repariert, dass es beim dritten Öffnen wieder ausriss. Der Schreiner liess auf sich warten, inzwischen steht die Klappe am Fussboden und der Schreiner lässt weiter auf sich warten.

Soll ich noch weiter aufzählen? Lieber nicht! Trotzdem habe ich Glück mit meinem Vermieter, denn es gibt noch viel schlimmere Typen und ich habe auch schon noch schlimmere Erfahrungen gemacht. Es gilt auch hier: abwägen, Prioritäten setzen, das wirklich Wichtige herauspicken.

Also ärgere ich mich zwischendurch und übe mich dann wieder in Gelassenheit. Ohne die ist ein Überleben hier unmöglich!

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