Anderes

Donnerstag, Mai 03, 2012

Abtauchen – Eintauchen

Hurghada - Luxor
Ich fahre nach Assuan. In die Stadt, in die ich mich verliebte, die als die sauberste in Ägypten galt.
Vier Stunden im Bus bis Luxor. Sandsturm im Gebirge, in der Wüste. Sicht 200 m.
Erleichterung in Luxor.
Nur für einen Moment.
Schon im Buseingang drängen sich Taxifahrer „Taxi Madam?“. Einen Schritt weiter erdrücken mich fast Hitze und Sturm.
Kämpfe mich durch Taxifahrer zum Kofferraum, erbeute mein Gepäck und schiebe mich durch „Taxi Madam?“-Männer zum Bahnhof hin.
150 Meter nur. Wie Fliegen kleben sie an mir, wie von einem Magnet angezogen stürzen sie aus Hauseingängen, hüpfen wie Sprungfedern von Stühlen und Treppen hoch, zwischen Autos und Kutschen hervor. „Taxi Madam?“

In der Bahnhofshalle ist es kühl. „Where do you go?“-Rufe ignorierend gehe ich zielstrebig zur Gepäckaufbewahrung. Der Bahnsteig quillt über von Wartenden, dränge mich auch hier hindurch. Zwei Pfund fünfzig zahle ich, damit mein Koffer in einem siebzigjährigen Holzkästchen ruhen darf. Auf dem Weg zurück zum Ausgang höre ich noch mehrmals, wann der Zug nach Assuan fährt, bzw. fahren soll, verbunden mit der Hoffnung auf ein Bakschisch für diese ach so hilfreiche, ungebetene Auskunft. Auf dem Bahnhofplatz und beim Überqueren der Strasse bin ich erneut der Magnet für Zimmervermieter, Taxi- und Limousinenfahrer, Ausflugsanbieter und Kutscher. Wer nicht will, wird bestraft: „f* you!“ darf ich hören.





Kaffee trinkend sitze ich wenige Meter vor dem Luxor Tempel, der im Sandsturm unscharf zu erkennen ist. Was für ein trauriger Anblick. Der Sandsturm ist Sinnbild für den desolaten Zustand dieses Landes. Wie weiter?
Wie weiter nach Assuan? Der Zug fährt nicht, denn in Sohag wird demonstriert. Einmal Mehr fällt die einzige Zuglinie Kairo – Assuan dem Unmut der Bevölkerung zu Opfer. Hab Verständnis – dem Tourismus und dem Land bringt das aber nichts.

In einem einfachen Restaurant esse ich und unterhalte mich mit einem Gast und dem Besitzer. Wegen dem Treibstoff-Problem verlangen Fahrer nun Horrorpreise nach Assuan – insgeheim hoffte ich, einen willigen Fahrer zu finden. Der Inhaber erklärt mir, wo der „Mauqif“ – der Sammelplatz für Minibusse nach Assuan – ist.

Luxor – Assuan
Da stehe ich nun und warte.
Warte, dass sich der Bus füllt. Kaufe zwei Plätze, der Bus ist neu, genügend Beinfreiheit. Wie eine einzelne brennende Wunderkerze am Weihnachtsbaum ziehe ich die Aufmerksamkeit der wartenden Fahrer auf mich. Sie sitzen vor ihren Bussen, rauchen Schischa, trinken Tee, schwatzen, schäkern und rufen ihr Reiseziel singend aus. Kom Ombo wird zu „Mombo“.
Mauqif Luxor
Wir fahren.
Und fahren und fahren.
Es ist heiss. Es stürmt.
Fünf Minuten Pause, weiter fahren.
Kaufe Nüsse. Fahren weiter.
Es stürmt und wir fahren weiter.
Dörfer, Landschaft, die vor tausend Jahren stehen geblieben sind, mit dem einzigen Unterschied, dass sich heute Eselskarren gegen Tok-Toks, Autos, Busse und Lastwagen behaupten müssen, auf den Dächern Satellitenschüsseln stehen und jeder ein Mobiltelefon ans Ohr drückt. Männer am Strassenrand, Männer in Cafés, Männer auf Pferden, Männer auf Eseln. Frauen sind nicht zu sehen, nur schwarze Gewänder, Schleier und in der Mitte ein Gesicht.

Nach drei Stunden meine ich, wir seien in Assuan.
Nach vier Stunden meine ich das wieder, doch jedes Mal machen wir nur fünf Minuten Pause.
Der Chauffeur fordert die Fahrgäste auf, den Fahrpreis von 17 Pfund zu zahlen. Ein Mann nervt sich und fragt, weshalb nicht 15 oder 20 Pfund? Kein Mensch würde 17 Pfund verlangen. Der Chauffeur erklärt, das sei wegen dem Treibstoff-Problem. Was? Wieso siebzehn? Eine Diskussion entbrannt, der Chauffeur hält das Auto an, die Streithähne steigen aus. Andere Busse werden angehalten, alle sagen: 17 Pfund. Mir stinkt‘s. Ich bin todmüde, überlege, ob ich mich einmischen soll.
Nein.
Geduld. Orient. Männerwelt.
Die älteren Männer sagen auch nichts. Ich erzähle ihnen, dass ich als Ausländerin immer mehr bezahle, hier z.B. 20 Pfund. Sie glauben es kaum und meinen, ich soll doch nur das zahlen, was alle Leute zahlen! Ehrliche Seelen.

Endlich fahren wir weiter und erreichen nach fünf Stunden spät nachts Assuan.
Taxifahrt in einem 32jährigen blitzblank geputzten weissen Peugeot. Umweg und Stau, weil grad eine Demonstration stattfindet. Eine von Hunderten täglich in Ägypten.
Zehn Minuten Fahrt mit dem Motorboot und ich bin endlich auf meiner Insel im Nil.

Schwarz ist das Wasser, das in den Abfluss der Dusche rinnt und die äusseren Strapazen eines langen, staubigen, mühsamen Reisetages von mir spült.

Hier sind einige kurze Eindrücke der Strecke Luxor - Assuan auf Video:







1 Kommentar:

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