Ich sass auf einem Betonbänkchen und ass ein Hawauschi (eine Art Pfannkuchen, gefüllt mit gut gewürztem Hackfleisch). Ein
Ladenbesitzer schimpfte einen Jungen, der etwas auf den Boden geworfen hatte.
Er forderte den Jungen auf, den Abfall aufzuheben. Tatsächlich: alles war
sauber. Kein Papier, keine Zigarettenkippen, keine Plastikflaschen.
Das war im Januar 2011 im Souk. Knapp drei Wochen vor dem
Ausbruch der berühmten Revolution am 25. Januar 2011.
“Assuan, ia
gamila, hassal eh?“ Assuan, du Schöne, was ist aus dir geworden?
16 Monate später sieht Assuan aus, wie jeder Ort in Ägypten.
Ihr Attribut als sauberste Stadt Ägyptens hat sie verloren. Im Souk wurden
Pflastersteine entfernt und nicht wieder ersetzt, Löcher nicht wieder
zugemacht, Abfall liegt achtlos herum. Viele Geschäfte sind zu. Der fingerdicke
Staub vom vortägigen Sturm lässt alles noch trostloser aussehen. Vorgestern
demonstrierten die Bazaar-Inhaber und –Angestellte: die Reiseführer bringen die
Touristen lieber in die grossen Souvenirgeschäfte Richtung Flughafen, weil sie
dort mehr Kommission bekommen.
Die riesigen Kreuzfahrtschiffe liegen gespenstisch dunkel am
Ufer vor Anker. Kutscher warten vergeblich auf Gäste. Eine Handvoll Feluken
fährt über den Nil. Mein Hotel in einem prachtvollen Garten ist praktisch leer
– 15 Gäste sind da. Kaum ein Tourist verirrt sich nach Assuan. Tristesse pur.
Dabei lockt die Landschaft noch immer grosszügig mit ihren
Reizen, ist ihre Lage ein Juwel. Sehenswürdigkeiten werden nicht herdenweise
belagert, sondern können in Ruhe und Stille bestaunt werden. Goldgelbe Hügel, blau
schimmernder Nil und grüne Inseln bilden eine uralte Einheit, vermitteln Ruhe
und Gelassenheit. Unablässig, zuverlässig, den Verlauf der Ereignisse
ignorierend. Schicksalsergeben, wie sein Volk?
Assuan, du Schöne, was ist aus dir geworden? Ägypten, mit
deiner tausendjährigen Geschichte, wie tief fällst du noch?
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