Ich hatte zwanzig Minuten Zeit, bevor ich bei meinem jüngsten Schüler sein sollte und wollte etwas trinken. Momentan sind die Temperaturen hier so richtig wohlig: die Sonne ist zwar schon kräftig, aber es ist noch nicht zu heiss, nicht mehr zu kalt, ein angenehmes Lüftchen weht, der Himmel ist klar, die Sicht auf Inseln und Berge gut. Einfach herrlich!
In El Memsha setzte ich mich auf der Schattenseite in ein Strassencafé mit Blick aufs Meer und bestellte einen frischen Orangensaft. Als der Kellner endlich damit kam, begrüsste ich ihn erfreut: ich erkannte Refaat, der vorletzten Winter in Mubarak 2 gearbeitet hatte. Ich fragte nach seinem Befinden.
Und ich fragte nach Salah. Der alte Mann, der so erschüttert war über den Zustand seines Landes. Während den Aufständen in Ägypten und nach Mubarak’s Rücktritt hatte ich mich oft gefragt, wie er wohl diese Ereignisse beurteilen würde. Ob er wieder nach Katar zurückgekehrt sei oder in Alexandria lebte. Den Kontakt zu ihm hatte ich aus persönlichen Gründen abgebrochen.
Doch Refaat’s Miene wurde ernst: „hoa matet“ – er ist gestorben. Offenbar einen Monat nach seinem letztjährigen Geburtstag, zu dem er mich eingeladen hatte.
Ich war schockiert. Er, der mir so oft voller Stolz von dem Ägypten der fünfziger und sechziger Jahre erzählte und voller Enttäuschung von dem Land, in dem er jetzt seinen Ruhestand verbrachte. Er durfte die Aufstände und die damit verbundene Hoffnung auf Demokratie nicht mehr erleben. Ich hatte letztes Jahr immer wieder voller Überzeugung gesagt, dass es im 2011 Änderungen geben würde, dass ich zuversichtlich sei. Er durfte nichts mehr davon erfahren. Wie schade.
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