Nicht wegen der Politik, auch nicht wegen den ach so
gefährlichen Terroristen, gegen die Ägypten „im Krieg“ ist. Nein, Teile
Ägyptens sind im Ausnahmezustand wegen dem Regen.
Vergangene Nacht hat es an der Nordküste gestürmt, gehagelt
und geregnet. Alexandria steht praktisch unter Wasser. Autos wurden von herabfallenden Mauerteilen zermalmt, in Unterführungen und Strassen schwimmen Autos und Unrat.
Die Menschen gehen beinahe hüfthoch im Wasser. Sieben Menschen wurden durch
Stromschläge getötet. Ein Tram brennt.
In Spitälern, Wohnungen, Büros und Geschäften steht das
Wasser einen Meter hoch. Ein Bekannter hat mir erzählt, dass seine Hose bis zu
den Schenkeln nass ist; Alexandria sei wie Venedig. Der Strom war stundenlang
abgestellt; die Telefonleitungen sind immer wieder unterbrochen.
Es gibt keine funktionierende Kanalisation, obwohl gerade
die Nordküste und mit ihr die zweitgrösste Stadt Ägyptens Winter für Winter im
Regen- und Meerwasser versaufen. Heuer hat der Winter dort schon zum zweiten
Mal zugeschlagen. Die Bevölkerung ertrinkt im eigenen Dreck wegen der
jahrzehntelangen Vernachlässigung und Korruption von Regierung und Beamten.
Witzbolde und Schlaumeier sind dann sofort zur Stelle: ein
Bild mit El Sisi mit Blick auf eine überschwemmte Strasse zirkuliert mit dem
Vermerk: Es wird El Sisi zur Eröffnung des neuen Kanals in Alexandria
gratuliert (ein Seitenhieb i.S. zweiten Arm des Suezkanal). Ein kräftiger
Ägypter verdient sich Geld, indem er Passanten durch das kniehohe Wasser trägt.
900km von Hurghada entfernt.
Heut hat es aber auch hier geregnet. Nicht nur getröpfelt,
wie es im Herbst und Winter hie und da vorkommt; nein: es hat richtig und
anhaltend geregnet. Stundenlang hingen dicke, dunkle Wolken über den Bergen, es
blitzte und donnert.
Vielerorts ist der Strom abgeschaltet, Restaurants und Cafés
sind zu, wer kann, bleibt daheim. Ich hätte zu Fuss nach Hause gehen sollen und
wollte dies auch – trotz oder wegen dem Regen. Die Luft ist so wunderbar frisch
und sauber. Vergessen habe ich aber, dass die durchlöcherten Sand-Holperpisten
sich mit Regen zu einem glitschigen Gemansche verwandeln. Das Wasser läuft ja
nirgends ab und sammelt sich an den tieferen Stellen. Deshalb sind auch viele
Strassen unpassierbar.
Einige Wohngegenden von Hurghada sind heute Abend vom Wasser eingeschlossen, manche haben keinen Strom. Ist vielleicht auch besser so.
Regen im Oktober in Hurghada, Regen im März und Mai in
Hurghada… die Natur ist aus dem Rhythmus gefallen. Der Regierung fällt darauf
nur ein: den Ausnahmezustand und Versprechungen für die Zukunft auszusprechen.
PS: Entschädigung oder Hilfe für Betroffene gibt es nicht.
Alexandria heute |
Alexandria - normalerweise ist vor dem Geländer ein breites Trottoir |
Alexandria
|
Unterführung beim Montazah Park |
Four Seasons Hotel in Alexandria |
Dahar / Hurghada heute Abend (Quelle Facebook-Gruppe Hurghada Residents) |
Quelle: alle Bilder aus Alexandria von der Facebook-Seite Alexandria Citizen
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