Manchmal
reicht’s. Einfach genug, Schnauze voll. Und dann wieder muss ich mir sagen,
dass die Willkür, die wir Ausländer auf dem Passbüro erleben, ja nur ein
Bruchteil dessen ist, was Ägypter von den Beamten erdulden müssen.
Doch zuerst
mal von vorne. Letztes Jahr wurde die Nachricht verbreitet, dass Ausländer nur
noch ein sechs-Monate-Visum erhalten. Oder nur noch drei, oder vielleicht doch
12, je nachdem wie und was. So klar wie unsichtbar.
Jedenfalls
erhielten wir Ausländer, die bisher mit einem einjährigen Touristenvisum hier
lebten, plötzlich nur noch einen sogenannten Wartestempel. Nach zwei Monaten sollten
wir wieder vortraben. Während diesen zwei Monaten würden Informationen durch
den Staatssicherheitsdienst eingeholt. Dann verlieren sich die Fäden und die
Logik geht mit.
Denn: manch
einer musste nach den zwei Monaten innert fünf Tagen das Land verlassen (die
meisten flogen schnell nach Istanbul), andere sollten nach einem weiteren Monat
und dann vielleicht nochmals nach einem weiteren Monat wieder vortraben;
nochmals andere erhielten ein Visum für drei, fünf, sechs oder mehr Monate,
jeweils ab letztem Einreisedatum. Im dümmsten Fall lag das drei Monate zurück,
womit der ganze Papierkram und die Schikane gleich wieder von vorne gestartet
werden durfte.
Vermutet
wird, dass Ägypten auf die 25 US Dollar scharf sind, die wir bei der
Wieder-Einreise am Flughafen für ein Visum hinblättern müssen. Dass dem Land
durch die zusätzlich erzwungen Flüge Geld verloren geht, das wir sonst im
Inland ausgeben würden, scheint keine Rolle zu spielen.
In einer
Facebook-Gruppe konnten wir unsere Erfahrungen austauschen und Tipps von
Mitleidenden einholen. Einzelne Geschichten entsprechen einem Trauerspiel und
manch ein Ausländer hat Ägypten wegen diesem elenden Theater ganz verlassen.
Letztes
Jahr bin ich den Zirkus dank «Vitamin B» umgangen.
Das wollte
ich dieses Jahr nicht. Ich war ja im Frühling ausser Landes und dachte, ich
würde gleich ein Visum für sechs oder zwölf Monate erhalten. Irrtum: ich
erhielt einen Wartestempel. Das war mir soweit egal, weil ich im Herbst wieder
ausser Landes flog.
Doch: um bei
der Ausreise keine Busse für ein abgelaufenes Visum zu erhalten, musste ich mir
eine „Genehmigung“ holen und dabei mein Flugticket „zeigen“. Flugtickets bestehen
heut meist nur noch „elektronisch“ und nicht mehr auf Papier. Genauso zeigte
ich es auch. Zeigen heisst für mich eben nur zeigen. Doch die wollten das in
Papierform haben. Bekamen sie von mir. Mit dem Abholen der Ausreisebewilligung
ergab das zwei Mal drei Fahrten von jeweils 20km und Wartezeiten.
Bei meiner
Rückkehr kaufte ich brav ein Touristenvisum für 25 US Dollar, das 30 Tage
gültig ist. Die hab ich nicht abgewartet, da die Verlängerung ja immer ab
Einreisedatum erteilt wird, und bin nach 10 Tagen erneut ins Passbüro gefahren.
Am folgenden Tag holte ich meinen Pass ab und: sehe einen Wartestempel!!!
Einen
Wartestempel, der mir mein 30-Tage-Touristenvisum annulliert. Der Boss vom Büro
meinte, das sei die Regel für mein Land! Widerspruch war zwecklos, die hocken
ja am längeren Hebel. Ausserdem hatte er eine weinende Ost-Europäerin vor sich
und offenbar eine miese Laune.
Mit einer
Stinkwut im Bauch fuhr ich heim und überlegte, was ich denn jetzt wieder machen
könnte. Nochmals zurück und diskutieren? Vergebliche Mühe. Runterschlucken und
ein Dahinschleppen (kommen Sie in einer Woche/zwei Wochen/einem Monat)
akzeptieren wollte ich nicht. Ausserdem will ich meine Fahrzeugpapiere in
Ordnung bringen, die ich aufgrund des abgelaufenen Visums nur bis Ende Jahr
verlängern konnte.
Das hängt ja alles zusammen, ohne gültiges Visum ist man im
Ausland ja praktisch handlungsunfähig.
Also was
tun?
Ich hab
mich durchgerungen und wieder «Vitamin B» eingesetzt, denn ganz offenbar haben
die Kerle im Passbüro einen Fehler gemacht. Und tatsächlich, mein Kontakt hat
das bestätigt.
Kurz bevor
die 30 Tage-Frist abläuft, kümmert er sich darum, dass mich ein Angestellter
vom Staatssicherheitsdienst ins Passbüro begleitet und ich dort ein sechs- oder
zwölf-Monate Visum erhalte.
Ich fühl
mich erleichtert und trotzdem bin ich verärgert. Hunderte von anderen
Ausländern haben nicht die Chance, mit „Vitamin B“ zu ihrem Recht zu kommen.
Hunderte
von anderen Ausländern haben letztes Jahr mehrere Hundert Euro für einen
sinnlosen Flug ins Ausland ausgegeben. Dabei ist ja das Problem, dass man nicht
selbst entscheiden kann, wann man fliegt, sondern man muss dann sofort raus –
auch wenn man sogar für ein paar Tage später bereits einen Flug gebucht hat.
Willkür und Schikane.
Mein
Kontakt, der sich immer sehr höflich und zurückhaltend ausdrückt, meinte: „Die
sind dort ein bisschen unorganisiert und auch ein bisschen dumm.“ So schön
würde ich es nicht formulieren!
Einheitliche
Regeln bestehen nach wie vor nicht, obwohl schon länger ein neues Visa-Gesetzt
angekündigt wurde.
Aber eben:
ein Visum zu erhalten ist noch immer eine der einfacheren Handlungen in der
hiesigen Bürokratie.
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