Montag, Juni 12, 2023

Mein vierrädriger Gefährte mit unerwünschten Überraschungen

Mein Auto beginnt mehr Aufmerksamkeit zu verlangen. Während sieben Jahren hat es mich absolut nie im Stich gelassen und war ein treuer Gefährte.

Das scheint jetzt vorbei zu sein. Vor ein paar Wochen verlangte es Ersatz der Benzinpumpe, entdeckt beim Autoservice.

Wenn’s beim Blinken dunkel wird

Am Sonntag vor einer Woche musste ich den Blinkerschalter ersetzen lassen. Wenn ich bei Nacht und mit eingeschalteten Scheinwerfern rechts blinkte, gingen die Scheinwerfer aus. Zu gefährlich, so rumzufahren. Das Ding kostet so viel, wie ein einfacher Arbeiter monatlich verdient. Ich habe mir zuerst überlegt, ein gebrauchtes Teil zu kaufen, denn hier kann man alles Gebrauchte und Reparierte finden. Handkehrum kann man hier auch alles verkaufen. Ich habe mich für den Verkauf des Alten entschieden. Ist wohl sicherer. Ein Freund meinte, das sei ein bekanntes Problem der Renaults. Pech für mich.

Und dann brachte ich meine Nachbarin zum Flughafen. Anschliessend hätte ich einen Termin für ein Interview gehabt. Das steht schon lange auf meiner Pendenzenliste.

Wenn der Motor schweigt

Doch mein Wagen sprang nicht mehr an. Batterie mausetot. Am Flughafen. Was tun? Termin absagen. Aber wie komme ich hier wieder weg? Normalerweise wimmelt es vor dem Eingang der Abflughalle von Bussen und Taxis – jetzt herrscht gähnende Leere. Und morgendliche Stille.

Frau! Mit einem leicht verzweifelten Lächeln steige ich aus und wende mich an einen Polizisten in weisser Uniform. Er sitzt auf dem Bänkchen und beobachtet das Nichts. Ob er mir helfen könnte, mein Auto anzuschieben? Er ruft einer Gruppe von Männern etwas zu, die jeden Reisenden mit den unnötigen Gepäckwagen bedrängen, dafür Geld verlangen und sonst den ganzen Tag nichts tun. Zwei davon lösen sich von der Gruppe und schieben netterweise mein Auto an.

Es dauert, bis der Motor bereit ist, wieder anzuspringen und die Männer meckern schon. Doch dann klappt es und ich bedanke mich.

Statt einen Geschäftsmann zu befragen, fahre ich zu dem Laden in der Schulstrasse, bei dem ich vor Jahren schon eine Autobatterie bekommen habe. Der ist jetzt, um Viertel nach zehn, noch zu. Ich rufe die angegebene Nummer an. Oh, es täte ihm sehr leid, er sei noch unterwegs und komme in ca. einer Stunde.

Scheibe. Eine Stunde. Mit dem Taxi heimfahren lohnt sich nicht. Mein Auto steht jetzt zwar im Schatten, aber eine Stunde da drin warten – nein danke.

Ich steige aus und spaziere abseits der Hauptstrasse zwischen den Häusern nach Sekalla. Obwohl ich nicht zum ersten Mal da herum spaziere, wird mir wieder bewusst: Alles nur Show. Die grossartige Touristenstadt mit ihren ewig gleichen Souvenirgeschäften, T-Shirt- und Flipflopläden besteht nur aus den Häuserzeilen an der Strasse. Dahinter liegt das ländliche Ägypten mit Lehmhäusern und gackernden Hühnern in Hinterhöfen,  ungeteerten Strassen, Baracken aus wiederverwertetem Abfall, vernachlässigten Palmen und Sträuchern. Das Fischerquartier sieht im Vergleich dazu viel adretter aus.

Der Bankomat öffnet seinen Schlund und ich nehme die Geldnoten heraus, die ich nachher für die Bezahlung der Autobatterie brauche.

Inzwischen ist mein Auto von einer Gruppe Halbstarker verdeckt. Zwei lehnen sich an die Motorhaube, einer hat seinen Rucksack darauf gelegt. Mit einer Handbewegung verscheuche ich sie. Wie Krähen -  saust es mir durch den Kopf. Sie umstellen nun ein Motorrad, machen Selfies und klopfen Sprüche. Müssen die nicht in die Schule? Auch Mädchen schlendern in Gruppen vorbei, spornen die Jungs zu noch mehr Sprücheklopfen an. Zwischendurch dröhnen aufgemotzte Autos heran, saugen Halbstarke ein oder spucken sie aus. Ein Anblick wie überall auf der Welt – nur die Uhrzeit passt nicht so recht.

Der Geschäftsinhaber ruft mich an, bzw. sein Sohn, weil der Englisch kann. Sie kämen in zehn Minuten. Na dann.

Routiniert wechselt Herr Sh. die Batterie aus, testet den Dynamo, stellt die Garantiekarte aus. Sein Sohn übersetzt. Dabei hält er sich überall fest, als ob er sonst umfallen würde: an den Autoscheiben, an der Autotüre, an der Motorhaube, an der Karosserie. Und er redet ununterbrochen. Er arbeite als Rezeptionist beim Mariott, komme soeben von der Nachtschicht, ist beinahe 30 und sollte heiraten, hat aber Angst, weil das für ihn als Katholik ja ein Vertrag ohne Kündigungsmöglichkeit sei. Und er sei jetzt nur wegen mir gekommen, um zu übersetzen.

Dass es vor fünf Jahren ohne ihn ging und ohne Fingertappen an Fenster und Auto denke ich mir bloss. Stattdessen nehme ich ihn ein Stück mit, damit er schneller wieder nach Hause kommt.

Mein Auto läuft wieder wie geschmiert und ich hoffe, das bleibt noch eine Weile so. Es sind nicht nur die Kosten, die belasten, sondern das Drumherum,  das manchmal amüsiert, oft aber einfach nervt und Zeit verschlingt.

Und mein Interview? Der Mann antwortet nicht. Ruft auch nicht zurück. Ich weiss ja, dass er viel zu tun hat.

Ein paar Tage später ging ich in eines seiner Geschäfte und traf seine Frau an. Diese Woche werde die neue Filiale eröffnet, aber sie werde ihn bitten, dass er sich bei mir melde. Mal sehen. Ich werde es nach der Eröffnung nochmals probieren, vielleicht habe ich dann mehr Glück.


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2 Kommentare:

  1. Hallo, um welchen Typ von Renault handelt es sich? In Ägypten gibt es andere Autotypen der verschiedenen Marken als in Europa. Auf dem Bild vom Auto vor dem Hotel ist es nicht ersichtlich. Ich tippe bei den Problemen auf einen Kurzschluss. Da sollte mal jemand suchen.

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    1. Hallo Falk, es handelt sich um einen Renault Stepway, in Europa läuft er unter dem Namen "Dacia". Ein Freunde sagte mir, dass das ein bekanntes Problem dieser Autos sei. Ein Nachbar hat seinen Renault Logan (gleiches Modell, nur normaler Kofferraum) verkauft, weil er wiederholt Probleme mit der Elektrik hatte. Ich hoffe, mein Auto gibt nun wieder einige Zeit Ruhe. Die Batterie hingegen war fünf Jahre alt.
      Danke für den Hinweis!

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