Mein Auto beginnt mehr Aufmerksamkeit zu verlangen. Während sieben Jahren hat es mich absolut nie im Stich gelassen und war ein treuer Gefährte.
Das scheint jetzt
vorbei zu sein. Vor ein paar Wochen verlangte es Ersatz der Benzinpumpe,
entdeckt beim Autoservice.
Wenn’s beim
Blinken dunkel wird
Am Sonntag vor einer Woche musste ich den Blinkerschalter ersetzen lassen. Wenn ich bei Nacht und mit eingeschalteten Scheinwerfern rechts blinkte, gingen die Scheinwerfer aus. Zu gefährlich, so rumzufahren. Das Ding kostet so viel, wie ein einfacher Arbeiter monatlich verdient. Ich habe mir zuerst überlegt, ein gebrauchtes Teil zu kaufen, denn hier kann man alles Gebrauchte und Reparierte finden. Handkehrum kann man hier auch alles verkaufen. Ich habe mich für den Verkauf des Alten entschieden. Ist wohl sicherer. Ein Freund meinte, das sei ein bekanntes Problem der Renaults. Pech für mich.
Und dann brachte
ich meine Nachbarin zum Flughafen. Anschliessend hätte ich einen Termin für ein
Interview gehabt. Das steht schon lange auf meiner Pendenzenliste.
Wenn der Motor
schweigt
Doch mein Wagen
sprang nicht mehr an. Batterie mausetot. Am Flughafen. Was tun? Termin absagen.
Aber wie komme ich hier wieder weg? Normalerweise wimmelt es vor dem Eingang
der Abflughalle von Bussen und Taxis – jetzt herrscht gähnende Leere. Und
morgendliche Stille.
Frau! Mit einem leicht
verzweifelten Lächeln steige ich aus und wende mich an einen Polizisten in
weisser Uniform. Er sitzt auf dem Bänkchen und beobachtet das Nichts. Ob er mir
helfen könnte, mein Auto anzuschieben? Er ruft einer Gruppe von Männern etwas
zu, die jeden Reisenden mit den unnötigen Gepäckwagen bedrängen, dafür Geld
verlangen und sonst den ganzen Tag nichts tun. Zwei davon lösen sich von der
Gruppe und schieben netterweise mein Auto an.
Es dauert, bis
der Motor bereit ist, wieder anzuspringen und die Männer meckern schon. Doch
dann klappt es und ich bedanke mich.
Statt einen Geschäftsmann zu befragen, fahre ich zu dem Laden in der Schulstrasse, bei dem ich vor Jahren
schon eine Autobatterie bekommen habe. Der ist jetzt, um Viertel nach zehn,
noch zu. Ich rufe die angegebene Nummer an. Oh, es täte ihm sehr leid, er sei
noch unterwegs und komme in ca. einer Stunde.
Scheibe. Eine
Stunde. Mit dem Taxi heimfahren lohnt sich nicht. Mein Auto steht jetzt zwar im
Schatten, aber eine Stunde da drin warten – nein danke.
Ich steige aus
und spaziere abseits der Hauptstrasse zwischen den Häusern nach Sekalla. Obwohl
ich nicht zum ersten Mal da herum spaziere, wird mir wieder bewusst: Alles nur
Show. Die grossartige Touristenstadt mit ihren ewig gleichen Souvenirgeschäften,
T-Shirt- und Flipflopläden besteht nur aus den Häuserzeilen an der Strasse.
Dahinter liegt das ländliche Ägypten mit Lehmhäusern und gackernden Hühnern in Hinterhöfen,
ungeteerten Strassen, Baracken aus
wiederverwertetem Abfall, vernachlässigten Palmen und Sträuchern. Das
Fischerquartier sieht im Vergleich dazu viel adretter aus.
Der Bankomat öffnet
seinen Schlund und ich nehme die Geldnoten heraus, die ich nachher für die
Bezahlung der Autobatterie brauche.
Inzwischen ist
mein Auto von einer Gruppe Halbstarker verdeckt. Zwei lehnen sich an die
Motorhaube, einer hat seinen Rucksack darauf gelegt. Mit einer Handbewegung
verscheuche ich sie. Wie Krähen - saust
es mir durch den Kopf. Sie umstellen nun ein Motorrad, machen Selfies und
klopfen Sprüche. Müssen die nicht in die Schule? Auch Mädchen schlendern in
Gruppen vorbei, spornen die Jungs zu noch mehr Sprücheklopfen an. Zwischendurch
dröhnen aufgemotzte Autos heran, saugen Halbstarke ein oder spucken sie aus.
Ein Anblick wie überall auf der Welt – nur die Uhrzeit passt nicht so recht.
Der
Geschäftsinhaber ruft mich an, bzw. sein Sohn, weil der Englisch kann. Sie
kämen in zehn Minuten. Na dann.
Routiniert
wechselt Herr Sh. die Batterie aus, testet den Dynamo, stellt die Garantiekarte
aus. Sein Sohn übersetzt. Dabei hält er sich überall fest, als ob er sonst
umfallen würde: an den Autoscheiben, an der Autotüre, an der Motorhaube, an der
Karosserie. Und er redet ununterbrochen. Er arbeite als Rezeptionist beim
Mariott, komme soeben von der Nachtschicht, ist beinahe 30 und sollte heiraten,
hat aber Angst, weil das für ihn als Katholik ja ein Vertrag ohne
Kündigungsmöglichkeit sei. Und er sei jetzt nur wegen mir gekommen, um zu
übersetzen.
Dass es vor fünf
Jahren ohne ihn ging und ohne Fingertappen an Fenster und Auto denke ich mir
bloss. Stattdessen nehme ich ihn ein Stück mit, damit er schneller wieder nach
Hause kommt.
Mein Auto läuft
wieder wie geschmiert und ich hoffe, das bleibt noch eine Weile so. Es sind
nicht nur die Kosten, die belasten, sondern das Drumherum, das manchmal amüsiert, oft aber einfach nervt
und Zeit verschlingt.
Und mein
Interview? Der Mann antwortet nicht. Ruft auch nicht zurück. Ich weiss ja, dass
er viel zu tun hat.
Ein paar Tage
später ging ich in eines seiner Geschäfte und traf seine Frau an. Diese Woche
werde die neue Filiale eröffnet, aber sie werde ihn bitten, dass er sich bei
mir melde. Mal sehen. Ich werde es nach der Eröffnung nochmals probieren,
vielleicht habe ich dann mehr Glück.
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Hallo, um welchen Typ von Renault handelt es sich? In Ägypten gibt es andere Autotypen der verschiedenen Marken als in Europa. Auf dem Bild vom Auto vor dem Hotel ist es nicht ersichtlich. Ich tippe bei den Problemen auf einen Kurzschluss. Da sollte mal jemand suchen.
AntwortenLöschenHallo Falk, es handelt sich um einen Renault Stepway, in Europa läuft er unter dem Namen "Dacia". Ein Freunde sagte mir, dass das ein bekanntes Problem dieser Autos sei. Ein Nachbar hat seinen Renault Logan (gleiches Modell, nur normaler Kofferraum) verkauft, weil er wiederholt Probleme mit der Elektrik hatte. Ich hoffe, mein Auto gibt nun wieder einige Zeit Ruhe. Die Batterie hingegen war fünf Jahre alt.
LöschenDanke für den Hinweis!