Etwas zupft mich am Arm, zieht energisch an mir. Ich dreh mich um:
ach, die kleine, alte Bettlerin, die tagaus- tagein am Markt ist und beharrlich
um Almosen bittet. Beim Umdrehen ist mein Blick an einem hageren, lang
gewachsenen Mann hängen geblieben. Er ist in einen dieser HEPCA-Overalls
gekleidet, welche die Strassenfeger tragen.
Tomaten brauch ich noch. Dann geh ich hinüber zum Obst, kauf
noch Aprikosen. Dazwischen bleib ich wieder stehen, weil mir der Mann nicht
mehr aus dem Kopf geht. Zuerst denke ich, er bettle auch, er sieht so elend und
armselig aus. Er wischt sich den Schweiss mit einem Zipfel seines Kragens von
der Stirn. Er steht da und wartet und wartet und wartet, bis sich niemand mehr
vor ihn drängt und auch niemand mehr kommt. Ist es Respekt oder Unterwürfigkeit
oder Scham? Dann verlangt er Gemüse.
Irgendetwas stimmt mit seinen Augen nicht, er schielt oder
ist einseitig blind. Unendlich dürr ist er. Die Rückseite seines Overalls ist
nass.
Ich geh weiter, will hinaus aus dem Souq. Nochmals dreh ich
mich um: der Mann trägt diese grässlichen weissen Gummistiefel, die zur
HEPCA-Uniform gehören. Gummistiefel bei 40 Grad Celsius! Er bückt sich schwer
und mühsam, nimmt seine Plastiktüten mit seinen Einkäufen in die Arme. Aus
einer Stofftasche rinnt eine Flüssigkeit über seinen Rücken – drum ist der
Overall nass. Seine Bewegungen sind langsam, wie die eines Erschöpften.
*****
Die Ampel vor dem riesigen Kreisel steht auf Rot. Dreispurig
stehen die Fahrzeuge ungeduldig dahinter. Von rechts fährt ein dickes Motorrad heran.
Der Fahrer: ein Polizist in makellos weisser Uniform, Glatze, ohne Helm, das
Mobiltelefon zwischen Ohr und Schulter geklemmt. So schlängelt er sich durch
die wartenden Fahrzeuge hindurch, ganz links an der Ampel vorbei. Er fährt quer
über die Kreuzung, links um den Kreisel herum.
In Ägypten gilt Rechtsverkehr –
aber nicht für alle.
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