Mittwoch, September 21, 2016

Krankentransport in der Dritten Welt

Da liegt einer…. Ich fahr näher ran, gucke auf die Ladefläche des motorisierten Dreirades: ja, tatsächlich, da liegt ein Mann. Der hat den Kopf auf den Arm aufgestützt, bleiches Gesicht, die Augen geschlossen. Keine weiche Decke, nicht mal ein Karton schützt seinen knochigen Körper vom rauen Blech. Ausgestreckt liegt er auf dem wackeligen Ding, ein Gips am Bein, blutverschmiert. Ein vielleicht achtjähriger Junge sitzt neben dem Mann, ein nur wenig älterer Junge steuert das Gefährt vorsichtig.

Ich fahr vorbei, mit einem dicken Kloss im Hals und dem Gedanken: anhalten! Helfen!

Wollen die das?

Zögernd fahr ich weiter, beobachte die Drei im Rückspiegel. Die fahren so langsam, der Mann muss Schmerzen haben. Sicher fahren sie ins Krankenhaus.

Ich fahr an den Strassenrand, vielleicht kann ich helfen? Wenigstens anbieten kann ich es.
Die Kinder gucken mich ratlos an, als ich ihnen bedeute anzuhalten. Welche Europäerin macht das schon? Ich frage, wohin sie fahren? Ins Krankenhaus? Ja, sagen sie. Der Mann dreht sich halb zu mir, erstaunt.

Dahinter steht schon ein Taxi, riecht wohl, worum es hier geht. „Nehmt ein Taxi ins Krankenhaus! Ich komme für die Kosten auf!“

Nein, nein, danke. Ich kann nicht. Doch, da steht schon ein Taxi! Ich bezahle das! Nein, nein, ich kann nicht. Ich kann nicht in ein Taxi einsteigen, meine Beine sind kaputt. 

Er zeigt auf seine schäbigen Hosen, die kaum Beine erkennen lassen, so dünn sind sie. 

Was kann ich tun? Wie kann ich helfen? Mir schiessen die Tränen in die Augen. 

Nein, nein, danke vielmal, aber es geht schon… Kinderaugen gucken mich arglos und verständnislos an. Welch Elend! Ein Film spielt sich in meinem Kopf ab, zusammen gesetzt aus all dem Wissen, all den Erfahrungen, all den Erzählungen, die ich da über diese Seite der Welt gespeichert habe.

Der ältere Junge lässt den Motor an, ich spreche einen der Situation angemessenen Spruch aus und schau zu, wie das Gefährt davon knattert.

Die Tränen rinnen mir runter. Manchmal wünschte ich, ich könnte das Elend dieser Welt aufhalten.


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