Ich warne euch, bevor
ihr weiter lest: Ich lasse hier etwas Frust ab. Aber ich muss ja nicht immer „gut
drauf“ sein, oder? Schliesslich bin ich auch nur ein Mensch.
Gestern schon
hatte ich miese Laune. Leider habe ich es nicht geschafft, sie heute zu
vertreiben und durch etwas Positiveres zu ersetzen. Wir sitzen zwar unter
wunderschön blauem Himmel und in der Wärme, teilweise mit Blick aufs Meer, da
wo andere Ferien machen (wollen würden, wenn). Aber auch wir sitzen fest.
Die Medien
publizieren Hiobsmeldungen, nicht unanders als in Europa. Darüber, dass sich
auch die Anzahl der Genesenen erhöht, wird oft
geschwiegen. Das verkauft sich ja nicht so toll.
Unsere
Bewegungsfreiheit wurde noch weiter eingeschränkt. Es sind koptische Ostern und
am Montag ist das Frühlingsfest. Das zieht normalerweise geschätzte 95% der 100
Millionen Einwohner hinaus an den Nil, in Parks und ans Meer, je nach Budget
bewaffnet mit gesalzenem Fisch, frischen Zwiebeln, laut plärrender Musik oder in
dick bereiften SUVs an die Ferienorte am Roten Meer. Dieses Jahr fällt das weg,
denn ab heute Sonntagabend bis Dienstagfrüh sind alle Fernstrassen abgeriegelt. Schlimmer noch: Strände und Parks sind geschlossen, Wohnanlagen und Ressorts
dürfen nur von den Bewohnern betreten werden. Also darf mich keine Freundin besuchen
und ich darf nicht nach Sahl Hasheesh hinein. Nicht mal spazieren am Strand ist
erlaubt. Nur einkaufen darf man noch. Allerdings weiss ich nicht mal, ob das
morgen noch erlaubt ist. Milch und Joghurt habe ich jedenfalls da.
Die Kopten
mussten Ostern zu Hause feiern und dort beten. Den Muslimen ergeht es bald noch
schlimmer: In wenigen Tagen beginnt Ramadan, doch die Moscheen bleiben zu und
die traditionellen Tafeln, die auf Plätzen und Strassen für das Fastenbrechen
errichtet werden, sind dieses Jahr verboten. Stattdessen sollen Geld- und
Essensspenden gemacht werden.
Das habe ich auch
schon gemacht, bzw. zuerst versucht, mir dabei noch einen platten Autoreifen
mit einem riesigen Nagel eingehandelt und dann einer Bekannten meine Spenden
zum Verteilen übergeben.
Obendrein ist
Internet ab 20 Uhr so langsam, dass es praktisch unbrauchbar ist. Heute fiel es
auch noch während fünf Stunden aus. Dabei ist Internet für mich (ja, ich weiss,
ich bin nicht die Einzige) der Nabel zur Welt, zu Information, zu Familie und
Freunden, und jetzt auch noch zu Arbeit. Ich kann mir nicht leisten, mich wie
Boccaccios Damen und Herren während der gesamten Zeit der Pandemie in eine
Villa zurückziehen und mich dem Geschichtenerzählen widmen.
Ich bin neulich –
wohl in der NZZ – über „Das Dekameron“ von Boccaccio gestolpert und habe es mir
heruntergeladen, um mich den Novellen zu widmen. Die Protagonisten zogen sich
zurück, um geistig und physisch gesund zu bleiben, sprich: nicht verrückt zu
werden oder an der Pest umzukommen.
Um meinem Frust
ein Schnippchen zu schlagen, werde ich mich zumindest heute Abend dem
Geschichtenerzählen widmen. In aktiver und passiver Form. Schwimmen im Pool hat
nämlich auch nichts gebracht.
Bis bald, in
besserer Laune! 😏
Oh so schlimm klingt die Laune doch gar nicht, oder man merkt es nicht, da es vielen Menschen in der Welt genauso geht.
AntwortenLöschenUnsere Regierung predigt nur Geduld und Angst, dabei ist Angst ein schlechter Ratgeber. Nur die Mutigen erreichen etwas.
In Deutschland wird von der Politik entschieden, wer arbeiten darf und seine Kinder zur Betreuung abgeben kann und wer nicht so wichtig ist und zu Hause bleiben muss. Ich habe 4 Enkel, sie finden es furchtbar nur zu Hause zu sein.
Viele Politiker und Rechtsanwälte schlagen Alarm, da diese Einschränkungen verfassungswidrig sind.
Vor allem ist unser aller Leben so aufgebaut, dass wir uns diese Einschränkungen gar nicht leisten können.
Samih Sawiris hat wohl schon ein Kaufangebot für FTI abgegeben, sollte der Konzern in Schwierigkeiten kommen.
Hoffen wir, dass dies alles schnell vorbei ist und wir wieder "leben" können.
LG Falk