Kälte wie seit zehn Jahren nicht mehr

Das behaupten die hiesigen Meteorologen.

Ich widerspreche nicht. („Ich höre mich nicht Nein sagen“ – um einen bekannten deutschen Kabarettisten zu zitieren 😉). Die Kälte kam heuer viel früher, schon in den ersten Dezembertagen. Ich habe notiert: Das letzte Mal im Meer schwimmen am 1. Dezember.

Dann kam am 1. Januar dieser Hagelsturm und  versetzte die Ägypter hier in Hurghada in Entzücken - sie dachten, es wäre Schnee. Ich hatte nur die finsteren Wolken herankommen sehen, die sich rund um Hurghada aufbauschten, und Berge und Meer einhüllten. Rundherum war es schwarz: Ein gigantischer Anblick, der mich aber keine Sekunde an Hagel denken liess. Nur an schwere Regenfälle und die damit verbundenen Kurzschlüsse, Überschwemmungen, tödlichen Stromschläge und Schäden. Ich beeilte mich, von meinem Marsch in der Wüste nach Hause zu kommen.

Seither ist es schlicht und einfach: S A U K A L T.

Ihr lacht vielleicht, aber Ihr hockt ja in geheizten, isolierten Häusern. Beides gibt es hier nicht. Bei mir fällt die Temperatur in der Wohnung nachts auf 15° C, tagsüber klettert sie durch Kochen, Tee brauen und Bewegung auf 17° C. Draussen war es die letzten Wochen auch nicht viel mehr. Erst heute gab es mal knapp 20° C.

Normal wären im Januar  +/- 22° C. Soweit ich mich zurück erinnern kann, waren die ersten zwei oder drei Januar-Wochen oft ungemütlich kalt, mit starken Winden. Darauf folgte eine milde Phase, die dann im Februar nochmals für 8-10 Tage einen Rückschlag erlitt. Danach kam der Frühling mit Vollgas. 

Nicht so dieses Jahr. Es ist zu lang zu kalt.

Heizen bringt natürlich nicht viel, weil die Wärme durch die dünnen Wände, hohen Räume und undichten Fenster verpufft. Was hilft, ist warme Kleidung. Ich trage durchschnittlich neben der Unterwäsche: eine Wollstrumpfhose, eine Winterlegging und zusätzlich Wollsocken, einen Rollkragenpulli, ein Wollkleid, eine lange Wolljacke und darüber einen Wollponcho. Die letzten Tage sass ich tagsüber im Wintermantel und Schal vor dem Laptop, über den Beinen eine Wolldecke und die Füsse in Filzpantoffeln. So friere ich wenigstens nicht! Nur: Was machen die Armen? Jene, die können, machen ein Feuer und wärmen sich daran.

Manchmal denke ich, ich spinne. In dreieinhalb Monaten werden wir wieder eine dieser über-40°C-Hitzewellen durchmachen. Da guck ich dann meine Wollsachen im Schrank an und denke, ich bin im falschen Film. Die Extreme nehmen eindeutig zu. Wohin das führen wird? Werden wir hier bald im Winter auch Schnee haben und im Sommer 50°???

Unterhaltsam finde ich, wie andere mit den derzeitigen Temperaturen umgehen. Da flanieren Touristen mit entblösstem Oberkörper die Strasse entlang, sonnen sich im Bikini am Strand, während Ägypter mit Wollmütze und Wollschal und dicker Jacke, aber ohne Socken in Sandalen vorbei eilen. Diese unterschiedlichen Anblicke lassen mich immer wieder schmunzeln und erwärmen mein Herz und mein Gemüt.

Ich blange auf einen (Deutsch: sehne mich nach einem) windfreien Tag, um endlich mal wieder im Meer zu schwimmen – es ist nämlich immer noch schön warm. Bald haben wir den Winter durchgestanden, zwei, drei Wochen noch…

Ach, und fast hätte ich vergessen zu erwähnen: Der blaue Himmel, die Sonne - sie sind auch da.  Hübsche Wolken zieren das Blau und lassen mich träumen. Manchmal erlaubt mein Terminkalender, dass ich auf dem Balkon in der Sonne frühstücke oder wenigstens meinen Kaffee trinke. Und die Vögel zwitschern aufgeregt – der Frühling ist unterwegs!

Seid lieb gegrüsst.