Montag, Dezember 21, 2015

Geburt zweier Propheten

Am 23. Dezember feiern die sunnitischen Muslime die Geburt des Propheten Mohamed. Am 25. Dezember feiern die Christen die Geburt Jesu – die Sunniten feiern das gleiche Ereignis als Geburt des Propheten Jesu. Während die Geburt Jesu jedes Jahr auf das gleiche Datum fällt, ist das beim Geburtstag des Propheten Mohamed heuer eine Ausnahme, weil der Kalender der Muslime dem Lauf des Mondes folgt.

Für viele meiner muslimischen Bekannten ist der Zusammenfall beider Feste ein besonderes spirituelles Ereignis, das mit grosser Hoffnung, Friede und Liebe verbunden ist.

Auf jeden Fall wird doppelt gefeiert: muslimisch mit traditionell arabischen Süssigkeiten, die schon seit Wochen in extra dafür aufgestellten Ständen angeboten werden und traditionell weihnachtlich mit geschmücktem Tannenbaum, Geschenken und Weihnachtskeksen. Und ja, auch Muslime feiern Weihnachten. Immer wieder erhielt ich zur Antwort „Ja, natürlich!“ auf meine Frage, ob sie auch Weihnachten feierten. Quer über Religionen hinweg wird „Frohe Weihnachten“ gewünscht. Im Januar, zu den Koptischen Weihnachten, wird das Ritual wiederholt.

Ich liebe das! Ich liebe dieses Gemisch, dieses Miteinander, den Respekt des Anderen über (von Menschen künstlich errichtete) Grenzen hinweg. In Europa kann sich das niemand vorstellen; ja, niemand kommt auf die Idee, dass Muslime „unsere“ Weihnachten feiern könnten. Wir in Europa fasten ja auch nicht im Ramadan, schlachten ein Schaf zum Opferfest und teilen es mit den Bedürftigen. Diese Momente gehören zu jenen, die mich sehr berühren und mich tiefe Dankbarkeit spüren lassen; Dankbarkeit, dass ich meinen „Horizont“ auf solche Art erweitern darf.

Es zeigt aber auch, wie schizophren wir uns eingerichtet haben: jede Religion folgt ihrem eigenen Kalender – dabei wird das gleiche Ereignis gefeiert! Ist da nicht doch etwas schief gelaufen?


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Danke für Ihren Kommentar. Ich freue mich über jede aktive Teilnahme an meinem Blog. Meinungsfreiheit gilt auch hier. Ich behalte mir jedoch vor, freche und beleidigende Kommentare zu löschen.