Immer wieder werde ich von Freunden und Bekannten gefragt,
was ich denn so mache. Heute war mal wieder so ein richtig typischer
Hurghada-Tag und ich erzähle:
Zum Frühstück lese ich die Nachrichten online – andere habe
ich ja nicht. Doch heute musste ich zuerst das Guthaben für die
Internetverbindung aufladen; dafür habe ich gestern Abend extra noch Kärtchen
gekauft. Nach dem Aufladen bekam ich aber noch immer keine Internetverbindung
und ich versuchte, den Kundenservice über eine gebührenpflichtige Kurznummer
anzurufen und … fand mich nach mehreren Versuchen jeweils in einer arabischen
Werbe-Endlos-Schlaufe.
Gleichzeitig nahm der Sandsturm an Intensität zu und die Bohrmaschine
im Haus setzte noch einen oben drauf. Der
Lärm war Ohren betäubend, die Atmosphäre zum davon Laufen.
Der Tag war wirklich toll gestartet. Ich setzte mich ins
Auto, um ins Stadtzentrum zum Mobilfunkanbieter zu fahren. Welch ein Glück, bei
dem Sturm nicht am Strassenrand auf einen Bus warten zu müssen! [sic!] Im
Mobilfunk-Geschäft wurde mir nach ein paar Klicks auf dem Bildschirm erklärt
(wusste sie das nicht sofort?), dass der Provider allgemein nicht funktioniere –
nicht nur bei mir. Die Dame würde mich anrufen, wenn Internetverbindungen
wieder aufgebaut werden könnten. Schön.
Da ich sowieso grad in der Stimmung für Unannehmlichkeiten,
Wartereien und Bürokratie war, fuhr ich zu meiner Bank. Die wollte Unterlagen
von mir, um das Dossier über mich auf den neuesten Stand zu bringen. Die
Sichtweite auf der Strasse war teilweise wegen den Sandverwehungen stark
eingeschränkt und herumwirbelnde Plastiksäcke und Kartone kämpften im Wind. In
der Bank dann bekam ich meine Dummheit zu spüren: erstens war es da drin eisig
kalt – gefühlte 18 Grad; im Sommer nehme ich meist einen Schal mit, um mich zu
schützen, was ich völlig vergessen habe, weil ja noch gar nicht Sommer ist –
und es war der letzte Arbeitstag vor einem langen Wochenende (Wochenende, koptische
Ostern und das Frühlingsfest). Zerknirscht setzte ich mich zu den Wartenden und
tat dasselbe wie sie: warten. Zwischendurch studierte ich die anderen Wartenden
und stellte Hypothesen bezüglich Physiognomie und Anteil von Fettleibigkeit der
ägyptischen Bevölkerung auf. Sofort verurteilte ich meine Gedanken wieder und
versuchte mich anderweitig zu beschäftigen. Da kam ein Araber – damit meine ich
einen vom Golf oder einen Saudi – mit Gefolgschaft herein. Der musste nicht
warten, sondern durfte schnurstracks an den Schalter und zog kurz darauf mit
mehreren Plastiksäcken (voller Geld?) mitsamt seinem Gefolge wieder von dannen.
Also ich wartete weiter in meiner Ecke, die mich aber nicht
von der eisigen Klimaanlage verschonte.
Nach genau 55 Minuten war ich endlich
dran. Die Dame vom Kundenservice bat mich aber… was wohl?... erneut zu warten und verschwand wieder. Nach
weiteren fünf Minuten kam ein anderer Banker und bat mich, bei ihm Platz zu
nehmen. Der widmete sich meinem Mietvertrag und meiner Quittung für Wasser und
Strom; ersterer ist mit vielen Stempelchen und Unterschriften übersät und
inzwischen ein imposantes Dokument geworden. Beides sind Beweise, dass ich hier
lebe. Das dauerte insgesamt eine weitere Stunde. Danach war ich erlöst und
entlassen. Unglaublich!
Was tun? Wasser und Milch kaufen und heimfahren, dann kann
ich danach noch etwas arbeiten. Da kam aber ein Anruf meines Bekannten, den ich
heute zu einer Besprechung treffen wollte. Er war früher frei als geplant. Also
schnell heim, die Milch in den Kühlschrank legen und wieder zurück in die
Stadt. In einem Gartencafé am Meer haben wir uns üppig mit Sand berieseln
lassen und diskutiert. Auf meiner Haut lag ein Sandfilm… auf unserem Tischchen
einiges mehr. Meine Handtasche wischte ich alle paar Minuten ab…. Okay, ja, ich
weiss, es ist sinnlos. Der Sandsturm dauert noch bis übermorgen Mittag…
Endlich fuhr ich heim, um meine kleine Schülerin zu
unterrichten. Schliesslich kam auch der Anruf aus dem Mobilfunk-Geschäft –
einige Stunden verzögert zwar, aber immerhin. Danach in den
Arabisch-Unterricht, der ausnahmsweise wieder zwei Stunden dauerte, weil wir
über die Politik im Mittleren Osten im Allgemeinen und die Einmischung Ägyptens
in Jemen im Speziellen diskutierten. Heimgefahren bin ich dann mit frischer
Erdbeermarmelade und einer Einladung für das Frühlingsfest am kommenden Montag.
Um halb Zehn hatte ich den ganzen Sand des Tages abgespült
und mir ein kleines Abendbrot gerichtet.
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