Auch die Römer haben sich dieser Schätze bedient und die Art
und Weise des Abbaus verfeinert. Im Wadi Hammamat, zwischen El Quesir und
Quena, liegt Mons Claudianus, angeblich die am besten erhaltene Römer-Siedlung inmitten
mehrerer Steinbrüche.
Es ist egal, ob man hoch über dem Fort steht oder mitten
drin, was der Besucher zu sehen bekommt, ist faszinierend: Mitten in den
Bergen, mitten in der Wüste, mitten im Nichts und unter der gnadenlos
brennenden Sonne liegt die verfallene Siedlung. Offenbar war Mons Claudianus
nicht nur eine schlichte, temporäre Behausung, sondern luxuriöses Heim für gut
bezahlte Arbeiter, denen an Nichts mangelte. Wer sich die Zeit nimmt und durch
die Häuserreihen geht, wird noch mehr staunen: Mauern aus perfekt
aufgeschichteten Steinplatten und bestens erhaltenen Lehmziegeln, Wasserbecken
und Stufen-Badewannen, Nischen und Wasserkanäle sind zu entdecken. Tausende von
Tonscherben liegen herum – was wohl darin aufbewahrt wurde?
Gut erkennbar sind auch die von den Wohnhäusern getrennten
Stallungen. Auf einer Anhöhe über der Siedlung thronte ein Tempel, zu dem weite
Säulen-Stufen hinaufführten.
Leider verfällt die Siedlung immer mehr und damit geht
wertvolles Material für archäologische Untersuchungen verloren. Obwohl seit
Anfang des 20. Jahrhunderts hin und wieder Wissenschaftler kamen und bei ihren
Untersuchungen viele Erkenntnisse gewonnen haben, bleiben doch viele Fragen
unbeantwortet. Man weiss inzwischen, wie sich die Bewohner ernährt haben, aber
es ist noch immer Spekulation, wie die mehrere Tonnen schweren Säulen aus dem
Steinbruch und durch die Wüste bis zum Nil gebracht wurden. Mons Claudianus
scheint für den ägyptischen Staat und für Archäologen leider nicht so
interessant zu sein, wie die pharaonischen Tempel und Grabstätten. Ist
irgendwie auch verständlich, denn erstens wimmelt es in Ägypten von
historischen Stätten und zweitens ist die Arabische Wüste trocken und
abgelegen. Vielleicht ist es auch besser so?
Als ich vor ein paar Jahren zum ersten Mal herkam, wanderten
wir von Nord-Westen ins Tal hinein, wo die riesige Säule liegen geblieben ist
und von dort direkt hinüber und hinab zur Siedlung. Der ganze Trip dauerte
einen halben Tag mit An- und Rückreise.
Tempel - Mons Claudianus |
Diesmal starteten wir bei der Siedlung und besuchten diese zuerst
ausgiebig. Anschliessend nahmen wir den zuerst steilen Weg unter die Füsse,
wobei wir immer wieder an Steinbrüchen, Lesehaufen und faszinierend schönen
Felsen vorbei kamen. Überall sind Spuren von Steinspaltung zu sehen. Während
wir gemütlich an Höhe gewannen, machte uns Robby auf Besonderheiten aufmerksam:
weiter entfernt liegende Steinbrüche und Pfade dorthin (wie um Himmels Willen
wurden von dort die Steine hinab transportiert?), Lehmziegel, Tonscherben, der
zugemauerte Eingang zu einer Goldmine… Er hat hier Tage und Wochen verbracht,
kennt jeden Winkel und jeden Steinbollen. Ich blieb öfter stehen und malte mir aus,
welch emsiges Treiben hier geherrscht haben mag: dunkelhäutige, muskelbepackte
Arbeiter, die in der Hitze Keile in vormarkierte Stellen trieben, Felsblöcke
spalteten, die gewonnen Stücke vor Ort zu Becken und Säulen verarbeiteten, diese
auf Rollen oder Brettern vorsichtig ins Tal schafften, die Rufe, der Durst, der
Schweiss… bis nach Rom wurden die Dinger transportiert – und das vor beinahe
2‘500 Jahren. Aufregend. Was die Römer alles unternahmen, um ihren Prunk
aufrecht zu erhalten!
Während wir überlegten und mutmassten, gelangten wir hinab
zur angeblich 200 Tonnen schweren Säule, die jeder fotografiert und auch im
Internet zu finden ist.
Später dann zeigten uns Robby und Scheich Abd El Saher eine
Quelle, wo normalerweise Kamele getränkt werden, momentan aber versiegt ist. Der
Scheich liess uns an Kräutern riechen, nennte deren Namen und erklärte uns ihre
Verwendung.
Wir fuhren ein Stück raus aus den Bergen und machten am
Rande eines weiten Tales an einer schattigen Felswand Rast. Der Scheich richtete
den Ofen ein: vertrocknete Dornbüsche zerkleinerte er zuerst mit einem Stein
und verwendete sie als Zunder für die Kohle. Im Nu prasselte ein Feuer, über
dem Robby wie immer eine leckere Mahlzeit zubereitete. Perfekt war’s und zwar
so sehr, dass ich mich vor und nach dem Essen faul auf dem Teppich lümmelte und
am liebsten liegen geblieben wäre.
Doch wir hatten noch einen weiten Weg und ein paar
Überraschungen vor uns: Einmal fuhren wir eine steile Sanddüne hinab – juhuiii
– ich wär am liebsten hinuntergerollt! Ein andermal, es war schon dunkel und
die Einlage passte mir so richtig: durch das Geholper beim Fahren über die unebenen
Sandpisten hatte sich eines der Reserveräder auf dem Dach gelöst und zwang uns
zum Anhalten. Während Robby das Ding wieder festzurrte, stieg ich aus und holte
mir eine Belohnung: ein Märchenhimmel aus Tausendundeiner Nacht, eine goldene
Mondsichel am halbdunklen Abendhimmel, daneben die leuchtende Venus, darunter
die dunkle Silhouette der Red Sea Mountains, davor die weite Sandebene. Wenn es
nicht Wirklichkeit wäre, wäre es einfach kitschig. Ehrlich gesagt: ich kann und
kann nicht genug kriegen von der Faszination der Wüste und ihren Geheimissen
und bin dankbar, in Robby einen fachkundigen Führer gefunden zu haben.
Die folgenden Fotos mögen euch einen Eindruck geben:
Anfahrt quer durch die Wüste |
Tempel - Mons Claudianus |
Rest eines Durchgangs - Mons Claudianus |
Innerhalb eines Hauses - Mons Claudianus |
Hauseingang - Mons Claudianus |
Hobby-Wissenschaftler - Mons Claudianus |
wäre auch toll zum Reibungsklettern ;) |
Transport-Trassee - Mons Claudianus |
Scheich Abd El Saher und Robby Schropp von iQ-onTours |
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