Montag, April 13, 2015

Sham El Nessim

So heisst in Ägypten das Fest, an dem der Frühling gefeiert wird. Traditionell strömen die Menschen morgens aus dem Haus, sitzen an den Nil oder ans Meer, lassen sich in Parks und auf Plätzen nieder und geniessen die frische Brise mit gekochten und bemalten Eiern, Frühlingszwiebeln und gesalzenem Fisch.

Ich zieh mir ein hübsches Kleid an, wähl dazu passende Ohrringe und Halskette sowie ein leichtes Jäckchen… am Morgen habe ich schon den Balkon gewischt und die Möbel abgestaubt. Nach der kurzen Hitzewelle und dem darauffolgenden Kälteeinbruch mit Sandsturm ist es endlich wieder mild und angenehm. Herrlich mild mit kühlen Nächten und warmen Tagen, warm genug auch im Schatten zu sitzen. Ich würd am liebsten die ganze Wohnung auf den Kopf stellen, umstellen und putzen, den Staub und Sand hinaus befördern. Deutliches Zeichen für den Frühling.

Mit einem frisch gebackenen Kuchen setz ich mich ins Auto und fahre zu einer Freundin. Sie hat zu Sham El Nessim eingeladen. Kinder springen quirlig im schattigen Garten herum; sie sind aufgeregt: sie dürfen Eier anmalen und das schönste Ei soll mit 20 Pfund prämiert werden. Die Erwachsenen sitzen und plaudern, geniessen die laue Brise. Fröhliches Sprachengewirr aus einem halben Dutzend Länder. Unsere Gastgeber haben typisch ägyptische Gerichte zubereitet: Ta’ameya (in Fett gebratene Klösschen aus Bohnen und Hummus), Fatira (lecker, aber furchtbar fettig), frisches, selbst gebackenes Fladenbrot, Frischkäse und Oliven, Ruccola, Joghurtsauce mit Gurken und Zwiebeln und vielerlei Kuchen. Ein Festschmaus.

Mir ist festlich zumute, wie schon lange nicht mehr. Es ist, als ob etwas Spezielles in der Luft läge. Hurghada wimmelt von Menschen aus dem ganzen Land, sie werden in fahruntüchtigen Bussen und in klapprigen Peugeots herangekarrt, sausen in funkelnden Mercedes und BMWs herbei und wollen alle dasselbe: den Frühling geniessen, weg von Lärm und Hektik der Städte und fern der Alltagssorgen – und bringen dabei einen Teil davon mit. An Tagen wie diesen meide ich mir zuliebe die Stadt und die Geschäfte.


Frühling ist meine liebste Jahreszeit und dieses Jahr vermisse ich das Erwachen der Natur mit all ihrer Blütenpracht, dem Zwitschern der Vögel und dem Geruch der Wiesen an einem sonnigen Tag. Wohl deshalb habe ich mir neulich ein paar Pflanzen gekauft und heute ein Frühlingskleid angezogen. Ich spür den Frühling, es ist Sham El Nessim.



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