Was ich an
den Ägyptern bewundere und liebe, ist ihr Humor. Sie schaffen es, über die
schlimmsten Zustände in ihrem Land einen, nein: unzählige Witze zu reissen.
Der
Schiefe Turm von Alexandra
Man stelle
sich vor: man liegt im 10. Stock im Bett oder guckt Fernsehen und plötzlich
nähert sich die Fassade des Nachbarhauses. Sie nähert sich nicht nur, der
Wohnblock drückt sich in die Wohnung rein, zerstört Wände und Möbel. Eine
unglaubliche Katastrophe, möglich nur, weil das Land von Korruption wie von
Krebs zerfressen ist. Der Besitzer des Hauses hatte die Bewilligung zum Bau von
drei oder vier Stockwerken (je nach Quelle). Gebaut hat er 14 Etagen (soweit
ich mich nicht irre). Irgendwann hat der Grund hat unter dem Gewicht nachgegeben
und das Ding ist gekippt.
Der
Wohnblock, der sich da überraschend geneigt hat (überraschend, denn illegal in
die Höhe bauen ist in Ägypten nicht die Ausnahme, sondern die Regel), wurde
schwupp-die-wupp zum „schiefen Turm“ von Alexandria. Die ägyptische
Ingenieurskunst wurde mit jener der Italiener von anno dazumal verglichen.
Quelle: Facebook/Yassin Bahgat |
Die
Stadtverwaltung hat dann rasch begonnen, den „schiefen Turm“ von oben
abzutragen.
Quelle: Facebook-Gruppe Alexandria |
Quallenplage
im östlichen Mittelmeer
Ramadan ist
vorüber und zum anschliessenden Zuckerfest und zum Sommerferienbeginn strömen
alle – Betonung auf ALLE – Ägypter an die Meeresküsten. Sie kommen aus
Oberägypten und den überbevölkerten Städten aus dem Delta, quetschen sich zu
zehnt in einen PW, chartern einen Minibus oder rollen gediegen und in
übersetzter Geschwindigkeit im Mercedes Kompressor an.
Also das
mit der übersetzten Geschwindigkeit gilt eigentlich für alle, nur müssen die
einen keine Konsequenzen fürchten, nicht mal bei einem tödlichen Unfall. Egal
wie, aber alle drängen ans Meer.
Jeder nach
seiner Fasson: an den öffentlichen Strand am Roten Meer oder am Mittelmeer, in
eine billige Absteige oder in eines der Top-Hotels in den Schicki-Micki-Ressorts
mit Fantasiepreisen an der Nordküste. Alleine deshalb kursieren jeden Sommer
Witze herum, denn die Ureinwohner der Meeresküsten ersticken im Gewusel und
Getue der Besucher.
Und
ausgerechnet jetzt hat eine gefährliche Quallenplage die Strände des
Mittelmeers erreicht. Die im Indischen Ozean und Pazifik heimische
Nomadenqualle treibt ihr Unwesen in der Levante (und wandert jedes Jahr etwas
weiter westwärts). Zahlreiche Strände wurden geschlossen. Eine Katastrophe,
würde unsereiner denken und über Einkommensausfälle und verdorbene Ferien
jammern. Ägypter machen das anders, wie der Comic zeigt:
Die kleine Qualle beklagt sich: "Papa, jemand in Alexandria macht Pipi auf mich!", worauf der Papa Verstärkung ruft. Quelle: Facebook by Serag Eldin Kame |
Ausgelacht?
Heute habe
ich aber den Eindruck, für einen Moment ist den Ägyptern das Lachen im Hals
stecken geblieben. Um Mitternacht wurden die Treibstoffpreise um rund 40-50%
angehoben (nach einer ähnlichen Erhöhung Anfang November, inkl.
Währungsabwertung, Mehrwertsteuereinführung und noch mehr). Das Entsetzen
steckt in den Knochen, die Ratlosigkeit, wie mit der erneuten Preiserhöhung – bei einer
momentanen Inflation von 30% - der Alltag bewältigt werden soll, ist gross. Und als ob damit
nicht genug wäre, soll der Strom Anfang August grad auch noch erhöht werden. Das
wird die Inflation weiter in die Höhe treiben. Die Löhne von den „Normalsterblichen“
haben sich seit Jahren (!) nicht verändert!
Ein Freund meinte
zu der jüngsten Erhöhung, „die“ (Ministerien) seien völlig unorganisiert und
unkoordiniert. Mag stimmen. Ich hab da etwas andere Gedanken, die ich aus
Sicherheitsgründen nicht in Worte fassen darf.
Was er auch
noch sagte: „Ich weiss nicht mehr, wie ich meine Kinder in nächster Zeit
ernähren soll“.
Das ist jetzt
definitiv kein Witz mehr.
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