Ich liebe Sprachen. Ich habe schon als Fünftklässlerin einen
Abendkurs in Englisch belegt. Ich erinnere mich, dass ich mich – schüchtern wie
ich war - unter den erwachsenen Kursteilnehmern zwar verloren fühlte, aber
innerlich unheimlich stolz auf mich und sehr entschlossen war!
Mit fünfzehn verkündete ich, ich würde mal Arabisch lernen.
Ich wusste damals nur, dass Arabisch die Sprache der Märchen aus 1001 Nacht und
Karl Mays Kara Ben Nemsi war. Das habe ich dann wieder vergessen. Zum
Glück. Für einige Jahre musste ich mich auf die Schule konzentrieren. Danach
ging es aber wieder los mit den Sprachen. Meine Liebe dazu hat bunte Blüten
getrieben und mich sogar dazu verführt, Ladin auszuprobieren.
Fremdsprachen verkörpern für mich Exotik und Faszination.
Sie öffnen Türen zu einer sonst verborgenen Welt. Sprachen widerspiegeln
Denkweise und Kultur eines Volkes. Dieses Wissen, das sich mir dabei auftut,
verschlinge ich regelrecht, verarbeite es und vergleiche es mit meiner/unserer
Denkweise und Kultur. Es hilft mir, die andere Welt doch annähernd zu verstehen
oder eben, die Grenzen des Nicht-Verstehens zu entdecken.
Beim Arabischen (ägyptisch Arabisch – das Hocharabisch hat
mich überfordert) ist mir das ganz besonders bewusst geworden. So, wie die
Menschen sprechen, denken sie auch. Sätze werden ganz anders aufgebaut, als bei
den europäischen Sprachen, die ich kenne. Sie sind auch viel länger, weil die
Ägypter viel mehr Einzelheiten in einen Satz packen als unsereiner. Einzelheiten,
die für uns nicht nenneswert sind. Dabei werden auch viele Relativpronomen
verwendet, was zu fürchterlich komplizierten Konstruktionen führt. Finde ich.
Bewusst mag das Jemandem werden, der eine deutsche Übersetzung eines
ägyptischen Autoren liest.
Etwas jedoch berührt mich am Arabischen ganz besonders.
Während meine Landsleute (und nicht nur die) im Dialekt die direkte Anrede mit dem
Pronomen „du“ fallen lassen und nur das konjugierte Verb verwenden, wird im
Arabischen sogar unterschieden, ob man eine weibliche oder männliche Person
anspricht. Dieser Unterschied erfolgt beim Pronomen, beim Verb und beim
Adjektiv. Bin ich es von meiner Kultur her gar nicht gewöhnt, direkt
angesprochen zu werden, fühle ich mich umso mehr persönlich berührt, wenn sich Jemand
auf Arabisch an mich wendet.
Je nach Situation irritiert es mich, verwirrt mich beim
Verstehen und Antworten (denn so gut beherrsche ich diese wundersame Sprache
leider nicht) und fasziniert mich. Ich empfinde es als einfühlsam, wenn sich der
Sprechende via Grammatik auf sein Gegenüber einstellt. Vielleicht geschieht das
für Muttersprachler nicht mehr bewusst, doch für mich widerspiegelt auch das
ein Teil der Kultur: die Werthaltung weiblichen Personen gegenüber.
Ebenso unterscheiden sie, ob sie sich mit einer älteren
Person unterhalten, mit Jemandem, der die Pilgerreise nach Mekka absolviert hat
oder besonders gebildet ist. Im Verhalten im Alltag, der für viele zu einem blanken
Überlebenskampf geworden ist, mag dies verständlicherweise nicht mehr so zum
Ausdruck kommen. In der Sprache lebt diese Werthaltung aber noch weiter.
Fremdsprachen öffnen Türen zu fernen Horizonten. Und dadurch
auch wieder zu sich selbst. Wer ist anderer Meinung?
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