Der
Küstenstrich 30 km nördlich und südlich von Hurghada, inklusive der Stadt,
bietet zwar alles Mögliche an Unterhaltung – aber kaum Kultur. Hie und da
organisieren das Saqawy Cultural Wheel, die Deutsche Botschaft oder das
Kulturzentrum der Deutschen Schule Konzerte. Die Anlässe kann man fast an einer
Hand abzählen.
Eine Oper
oder ein Theater sucht man vergeblich. In El Gouna werden manchmal internationale
Filme vorgeführt und während den Wintermonaten gab es auch schon Live-Übertragungen
der Metropolitan Opera New York. Auch Sahl Hasheesh hat Operetten und Konzerte
organisiert, aber leider auch nicht regelmässig.
Der
Kulturinteressierte muss sich nach Kairo begeben. Oder nach Luxor, wie ich das
in den vergangenen Jahren gemacht habe. Dort gab es jährlich zwei
Filmfestivals; eines ist jetzt nach Sharm El-Sheikh verlegt worden, leider.
El Gouna
Filmfestival
Doch künftig
muss ich nicht mehr so weit pilgern: Am vergangenen Freitag hat das 1.Internationale Filmfestival in El Gouna mit viel Pomp angefangen. Unter der
Bezeichnung „Cinema for Humanity“ (Kino für Menschlichkeit) werden vor allem
Filme aus der arabischen Welt im Wettbewerb gezeigt; aber auch internationale Leckerbissen
sind dabei. Zudem werden Talenten aus dem arabischen Raum zahlreiche Workshops
und Begegnungen mit Geschäftsleuten geboten.
Triebfeder
des Festivals ist Naguib Sawiris. Das Festival möchte sich neben den Festivals
in Cannes und Venedig etablieren. Mir soll’s recht sein.
Geld ist da
und somit auch das Knowhow. Jedenfalls wurde der Anlass professionell
angekündigt und scheint auch so abzulaufen. Nächstes Jahr gibt es vielleicht
auch einen Plan, wo die Aufführungsorte zu finden sind und vielleicht gibt es
an den Verkaufsstellen sogar ein Programm.
Am
Samstagabend habe ich mir den Film „The Silence of Music“ angesehen, eine
Dokumentation über das Leben von Andrea Bocelli. Die Filmvorführung fand in der
Marina statt, wo ein riesiges Open-Air-Kino mit roten Teppichen und schwarzen
Vorhängen aufgebaut worden ist. Den berührenden Film mit viel klassischer Musik
unter dem Sternenhimmel Ägyptens zu sehen, war für mich sehr bewegend.
Gestern
Abend dann habe ich mir „The Insult“ des libanesischen Regisseurs Ziad Doueiri
angesehen. Der Film handelt davon, wie aus der kleinen Streiterei zwischen
einem Libanesen und einem palästinensischen Flüchtling in dem Land in
der Levante beinahe ein Bürgerkrieg ausbricht. Nach dem Film hat der Regisseur erzählt,
dass ihm die Idee für die Geschichte kam, nachdem er selbst in eine Streiterei
geraten war. Wirklichkeit. Im arabischen Raum sind so viel Wut, Ärger und Frust
vorhanden, die sich innert Momenten wie eine Lunte entzünden und zu einem
riesigen, kaum kontrollierbaren Flächenbrand entwickeln kann. Erschreckend,
aber wahr.
Die
Vorführung war sehr gut besucht, denn Ziad Doueiri wurde als arabisches Talent
ausgezeichnet. Mir hat nicht nur dieser Film super gefallen, sondern auch das
Publikum: Filmliebhaber aus der Oberschicht, Schauspieler, Schauspielerinnen…
wäre die Sprache nicht, hätte man den Anlass an der Côte d’Azur vermuten
können. Ehrlich gesagt, eine Wohltat, mal keine Galabeyas, Turbane und Schleier
zu sehen, sondern gut gekleidete Menschen mit guten Manieren.
Und dann
habe ich mir noch „Volubilis“ des marokkanischen Regisseurs Faouzi Bensaïdi
angeguckt. Auch dieser Film zeigt eine der hässlichen Seiten arabischer Länder: Die Reichen können sich alles erlauben, die Armen sind immer die
Verlierer.
Ich bin so
glücklich über das Filmfestival in Reichweite, dass ich am liebsten in El Gouna
campieren würde… Bis kommenden Freitag dauert es noch.
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