Auch Muslime feiern Weihnachten, so unglaublich sich das
anhören mag. Es war und ist in Ägypten Tradition – vor allem in gebildeten Schichten
– alle Feste über Religionen hinweg gemeinsam zu feiern. Christen feiern das
Ende des Ramadans, nehmen am Fastenbrechen teil, und Muslime ihrerseits feiern
Weihnachten.
Am 25. Dezember war ich zu (muslimischen) Freunden zum
Weihnachtsessen eingeladen. Ein hübsch dekorierter Christbaum leuchtete im
Wohnzimmer; darunter lagen Geschenke für die Freunde. Zwei Tische waren
festlich gedeckt und auf der Küchentheke präsentierten die Gastgeber das
Ergebnis mehrstündigen Kochens: ein Festmenü mit Truthahn, Koschari (ein
Gericht aus Reis, Nudeln, Linsen und Kichererbsen – darüber werden Tomatensauce
und geröstete Zwiebeln gegeben), Bami (ein orientalisches Gemüse), Mahschi (bitte
das „H“ stark aussprechen; mit Reis gefülltes Gemüse), Reis mit Nüssen und
Leber, Fleischkuchen, Yoghurt-Sauce, Sambusa (Teigtaschen mit Käse gefüllt) und
weitere ägyptische Köstlichkeiten. Ein wahres Festmenü!
Die Gastgeberin strahlte vor Glück und Freude, denn Weihnachten
bedeutet für sie Wiedergeburt und Neuanfang, und damit Vertrauen und Hoffnung
auf bessere Zeiten. Gar nicht so viel anders, wie es die gläubigen Christen
sehen. Einzig Alkohol fehlte – aber auch das kann vorkommen.
Und gleich nebenan hat der Nachbar für zwei Tage seine
Villa vermietet. Schwarz verschleierte Frauen – mein Gastgeber vermutete Salafisten – und
ihre Ehemänner und Familien feierten eine Hochzeit. Riesige Lautsprecher versorgten
das Quartier mit dröhnender Popmusik - nonstop. Salafisten und Musik – das sollte
eigentlich auch nicht sein, aber es war so. Ägypten eben.