Ägyptische
Baumwolle war zu Zeiten der britischen Kolonialzeit und unter König Farouk der
Exportschlager. Die Baumwolle wurde von den Plantagen im Delta mit Zügen an die
Mittelmeerhäfen transportiert und von dort nach England verschifft, um feines
Tuch für die noch feineren Herrschaften zu weben.
Das ist
vorbei. Die ägyptische Baumwolle ist zwar noch immer eine der besten der Welt, jedoch
sind die Produktionsmengen stark geschrumpft. Falsche ökonomische Anreize,
schrumpfende Anbaugebiete und günstigere ausländische Konkurrenz zählen zu den
Gründen. Schade für die Arbeiter und das Land.
Dass aus
dem kostbaren Grundstoff trotzdem erschwingliche Dinge hergestellt werden
können, beweist einer meiner Freunde.
Web-Tradition
in Oberägypten
Barsum
Halaby kommt aus Naqada in Qena, unweit von Luxor. Dort stehen heute noch in
vielen Häusern Webstühle, welche feine Baumwollstoffe herstellen. Bis vor
ungefähr 20 Jahren, so erzählt mir mein Freund, wurden gewobene Baumwoll-/Seiden-Tücher
in den Sudan exportiert. Das änderte sich mit den politischen und
wirtschaftlichen Problemen Sudans. Die Weber in Naqada mussten neue Abnehmer
finden und richteten ihre Produktion auf den Tourismus aus.
Edle Stoffe
haben auch einige Kilometer Nil abwärts uralte Tradition, in Akhmim bei Sohag.
Die Region war einst ein Zentrum für Textilherstellung, vor allem aus Leinen.
Mit den edlen Stoffen bekleideten sich Pharaonen, Griechen und Römer.
Selbständigkeit
mit Hürden
Doch zurück
zu Barsum: Ursprünglich hat er Kunst studiert, doch wie viele junge Ägypter
fand er zuerst in der Tourismusbranche eine Anstellung, und zwar als Verkäufer:
T-Shirts waren es. Bald kam jedoch ein interessanteres Angebot: in seiner
Heimat hergestellte Schals und andere Handarbeiten zu verkaufen. In jener Zeit
habe ich ihn kennen gelernt.
Im Dezember
2010 verliess er die Stelle, da er sich mit einem eigenen Geschäft selbständig
machen wollte. Da kam die Revolution im Januar 2011 dazwischen. Die
Touristen blieben weg und er während eines dreiviertel Jahres arbeitslos. Eine
Anstellung zu finden war unmöglich, also wagte er die Selbständigkeit: Ein
Hotel in Makadi ermöglichte ihm im Herbst 2011, handgewobene Schals anzubieten;
nichts Anderes – gemäss den Vorgaben des Hotels.