Regelmässig
wenden sich Frauen an mich, die „etwas fragen“ möchten. Selbstverständlich
antworte ich gerne, gebe gerne Erfahrungen und Eindrücke weiter. Auch wenn das
manchmal etwas zeitraubend ist und ich keine Rechnung als Beraterin stellen
kann.
„Wie haben
Sie das gemerkt?“ war eine Frage, die in meinem Kopf stecken geblieben ist. Ich
habe mich mit dem Mann getroffen, unter einem Vorwand, und nach einer halben
Stunde war der Fall klar. Ja, wie habe ich das gemerkt? Am besten fange ich mal
vorne an.
Ägypten
ist ein Drittweltland
Auch wenn
das aus dem Ferienresort mit 5 Sternen, traumhafter Garten- und Poolanlage,
üppig aufgetürmten Buffets und traumhaft inszenierten Abendunterhaltungen nicht
auf dem ersten Blick erkennbar ist. Das heisst: die Unterschiede zwischen Arm
und Reich sind – für uns Westeuropäer – beinahe unvorstellbar riesig. Die
sozialen Schichten vermischen sich nicht, sie begegnen sich nur im Alltag als
Arbeitgeber und Arbeitnehmer, als Untergebener und Gebieter. Von sozialer
Gerechtigkeit wird geträumt, Ausbeutung und Korruption sind stattdessen allgegenwärtig.
Anders ausgedrückt: wer Geld und Beziehungen hat, kommt zu mehr Geld, Ansehen
und Beziehungen. Wer weder das Eine noch das Andere hat, kämpft ums Überleben.
Mit zwei oder drei Jobs die einen. Mit Tricks und Betrug die anderen.
Das staatliche
Bildungssystem ist lausig; Privatschulen tummeln sich viele, eine teurer als
die andere und trotzdem manchmal auch nicht viel besser als öffentliche
Institute. Mit einem ägyptischen Diplom in der Tasche darf ein Ägypter im
Ausland (Ausnahmen gibt es) grad mal als Hilfsarbeiter arbeiten. D.h. aber
nicht, dass Ägypter dumm wären, im Gegenteil! Sie lernen von klein auf, sich zu
wehren, auf ihren eigenen Vorteil zu schauen, sich durchzuboxen und die Gunst
der Stunde zu nützen. Sie gehen durch eine Schule, die in Westeuropa mit dem
Wohlstand, dem Rechts- und Sozialstaat ausgestorben ist.
Die
Wirtschaft schlingert schon seit Jahren am Rande des Abgrunds, die Inflation
beträgt momentan – nach der Freigabe des Wechselkurses der ägyptischen Währung
– um die 30 %. Lebensmittel sind z.T. um 50% teurer geworden.
Raus aus
dem Elend
50% der
Bevölkerung sind unter 30 Jahre alt. Diese jungen Menschen möchten leben! Und
zwar so, wie sie es im Internet und Fernsehen täglich sehen. Und so, wie sie es
bei den Touristen beobachten. Mit Arbeit allein schaffen sie das (in der Regel)
nicht. Bleibt der illegale Weg: mit einem Menschenschmuggler nach Europa
abzuhauen, Betrug oder sich eine Europäerin anzulachen und sie zu heiraten.
Jene jungen Männer, die hier in Hurghada leben, unterstützen mit ihrem
kärglichen Lohn noch einen ganzen Rattenschwanz von Familienmitgliedern. Der
Druck auf sie ist enorm.
Wie soll
ich das erkennen, ob meiner …
Ich behaupte
nicht, dass alle Ägypter, die in einer Beziehung mit einer Europäerin stehen,
nur dieses Ziel vor Augen haben. Im Gegenteil, ich kenne viele gemischte Ehen und
Beziehungen, deren Basis ehrliche Gefühle füreinander sind.
Doch
besonders hier an einem Touristenort kommt eben die andere Variante gehäuft
vor: Geld und Sex oder besser noch: das begehrte Visum nach Europa sind das
Ziel, die Frau nur das Mittel dafür.
Doch wie
soll Frau das bei aller Verliebtheit, orientalischer Romantik und herzschmelzenden
Blicken aus dunklen Augen erkennen? Ägypter merken auf den ersten Blick, was
das jeweils für ein Typ ist, ob einer nur „Bezness“ macht, ein Gauner oder eine
ehrliche Seele ist. Die erkennen es an seiner Haltung, seinem Gang, seinem
Blick, seiner Sprache, seiner Kleidung… einfach an allem und zwar sofort.
Ich habe
mir einen Teil davon mühsam angeeignet, wobei einiges an Intuition mitspielt
und ich trotzdem noch immer nicht ganz sicher bin. Sicher ist aber, dass etwas
nicht stimmt,
wenn einer:
- sein Telefon oft abgeschaltet hat und/oder nicht regelmässig erreichbar ist
- ein Geschäft eröffnen will, und Geld von Ihnen als „künftige“ Mitinhaberin oder nur als Darlehensgeberin verlangt
- erzählt, es sei ein Unfall passiert, ein Familienmitglied sei krank u.ä. und er um Geld bittet
- er darauf drängt, eine Wohnung zu kaufen und Sie die Besitzerin werden sollen, Sie also zuerst mal Geld überweisen sollen
- ein Handy, einen Laptop oder andere teure Gegenstände aus dem Ausland verlangt
- launisch und/oder aggressiv ist
- nicht täglich schreibt oder anruft, um sich nach Ihrem Wohlbefinden zu erkundigen
- nicht liebevoll und aufmerksam ist
- aus der unteren Sozialschicht und wenig gebildet ist (die anderen haben es ja nicht nötig!)
- Sie zu etwas drängt, das Ihnen gar nicht so passt
Genauso
wichtig ist aber, dass Sie lernen, seine Körpersprache zu „lesen“: Wohin
blicken seine Augen, wenn er Ihnen etwas erzählt? Sind seine Körperhaltung und
seine Bewegungen im Einklang mit dem, was er Ihnen vorsäuselt? Wie reagiert er
(nicht mit Worten, sondern mit seinem Körper und seinem Blick) darauf, wenn Sie
mit etwas nicht einverstanden sind oder etwas von ihm verlangen? Achten Sie auf
die Augen – die können nicht lügen, sie sind der Blick ins Herz, in die Seele
eines Menschen. Das ist vielleicht nicht so einfach, es lohnt sich aber, dies
zu üben. Möglichkeiten dazu gibt es jeden Tag, auch im Alltag in Europa!
Übrigens
ist das Internet voller „Erfahrungsberichte“, die Interessierte muss nur mal
das Wort „Bezness“ eintippen.
Und was die
meisten Frauen ausser Acht lassen: Wenn Sie ein „komisches“ Gefühl haben, dann
hören Sie ganz laut auf dieses Gefühl! Es ist richtig! Wir in Westeuropa haben
schlichtweg verlernt, auf unser Bauchgefühl zu achten. Unser Gefühl täuscht uns
nicht!
Wenn wir ein „seltsames“ Gefühl haben, dann ist i.d.R. etwas nicht okay.
Was es dann ist, müssen Sie natürlich herausfinden – doch das Gefühl ist ein
Alarmsignal und das dürfen Sie nicht einfach wegschieben.
In den
Jahren hier habe ich zum Glück wieder gelernt, auf dieses innere Signal zu
horchen – auch wenn ich es nicht sofort einordnen kann. Ich gehe ganz bewusst
damit um – und es ist jedes Mal wichtig und richtig.
Nicht
alle sind so
Beileibe
nicht. Inzwischen kenne ich viele äusserst liebenswürdige, ehrliche,
aufrichtige Ägypter. Zum Glück, denn die vielen Betrügereien und das Leid gehen
mir sehr nah. Ich möchte auch nicht Verunsicherung verbreiten. Wer sich sicher
ist, hat allen Grund, das zu sein. Aber die andern, die sollen bitte aufwachen.
Wenn ich nur eine erreiche, die ich davon abhalten kann, sich ins Unglück zu
stürzen, dann ist schon viel erreicht. Das Herz zu verlieren ist eines – das
Geld zu verlieren ein anderes, und danach mitunter noch mit einem Kind dazustehen
ist noch mal eine andere Geschichte.
Bei
Zweifeln… gerne schreiben.
Vielen Dank für diesen Artikel, er öffnet nicht nur Frauen die Augen. Die kulturellen Unterschiede sollten nicht unterschätzt werden, wäre interessant ob es dazu ein gutes Buch gibt. Das beste was ich mal hörte war, dass (für ein anderes Land) es ein Buch für Paare gibt, bei dem im Buch links auf deutsch über die Kultur des Partners geschrieben wird und rechts in der Sprache der Partnerin analog über die deutsche Kultur, den deutschen Partner. Es gibt Dinge die einfach kollidieren können und die Enttäuschungen sind groß, weil man garnicht darauf kommt was es sein könnte.
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