Sonntag, Januar 30, 2022

Kälte wie seit zehn Jahren nicht mehr

Das behaupten die hiesigen Meteorologen.

Ich widerspreche nicht. („Ich höre mich nicht Nein sagen“ – um einen bekannten deutschen Kabarettisten zu zitieren 😉). Die Kälte kam heuer viel früher, schon in den ersten Dezembertagen. Ich habe notiert: Das letzte Mal im Meer schwimmen am 1. Dezember.

Dann kam am 1. Januar dieser Hagelsturm und  versetzte die Ägypter hier in Hurghada in Entzücken - sie dachten, es wäre Schnee. Ich hatte nur die finsteren Wolken herankommen sehen, die sich rund um Hurghada aufbauschten, und Berge und Meer einhüllten. Rundherum war es schwarz: Ein gigantischer Anblick, der mich aber keine Sekunde an Hagel denken liess. Nur an schwere Regenfälle und die damit verbundenen Kurzschlüsse, Überschwemmungen, tödlichen Stromschläge und Schäden. Ich beeilte mich, von meinem Marsch in der Wüste nach Hause zu kommen.

Seither ist es schlicht und einfach: S A U K A L T.

Sonntag, Januar 16, 2022

Kraftort, Energieort oder Glücksort?

Eine Bekannte regte kürzlich auf Ihrem Psychologie-Blog zum Nachdenken an: Was macht dich glücklich? Plaudern mit einer Freundin, Tanzen, Natur, Lesen, Kreativität, Kunst – waren einige Nennungen, an die ich mich noch erinnere.

Für mich ist klar: Eine Freundin im Kaffee treffen und quatschen ist ok, ebenfalls ein, zwei Stunden Strand. Wirklich erfüllend ist es für mich nicht und nachhaltig wirkt es auch nicht. Leider scheine ich da in der Minderheit zu sein.

Viel mehr bedeuten mir Natur (und Bewegung dort) und Kreativität. Für beides bleibt mir leider nicht so viel Zeit, wie ich mir wünsche und wie mir wohl täte.

Doch heute nahm ich mir Zeit, um eine längere Wanderung zu unternehmen. Momentan ist es für hiesige Verhältnisse saukalt, jedenfalls friere ich fast rund um die Uhr bei meiner sitzenden Tätigkeit vor dem Guckloch in die grosse weite Welt. Schwimmen und ähnliches kann ich vergessen, aber eine Radtour oder eben eine Wanderung passen in diese Jahreszeit gut.

Zu meiner Freude begleitete mich noch eine Freundin, die erst gestern Abend aus dem Ausland angekommen war. Gerne lass ich euch durch die Bilder daran teilhaben:












Samstag, Januar 01, 2022

Gutes Neues Jahr

Guten Morgen und Willkommen im 2022

Ich wünsche euch, dass eure Wünsche in Erfüllung gehen, dass Ihr das tun könnt, was Ihr wollt und dass wir wieder ein bisschen mehr Menschlichkeit erfahren dürfen. Wenn jeder mitmacht, dann klappt das sicher!

Zuhören, miteinander reden, ein Lächeln schenken oder einfach nur da sein, wenn es gebraucht wird - es sind Kleinigkeiten mit grosser Wirkung 💗

Herzlichst,

El Qamar

Freitag, Dezember 24, 2021

Frohe Festtage

Zu Beginn der Adventszeit liest meine Mama jeweils eine Weihnachtsgeschichte im lokalen Fernsehen und hie und da fragt sie mich, ob ich eine für sie hätte. Meist bleibt mir nichts anderes übrig, als selbst eine zu schreiben.

Dieses Jahr möchte ich sie mit euch teilen. Ich wünsche ich euch allen Frohe Festtage, bleibt gesund und seid lieb zueinander!


Die kleine Schneeflocke

Jeden Abend beim Eindämmern standen die Kinder am Fenster. Sie starrten ins Dunkel hinaus und warteten auf Schnee.

Schliesslich war bald Weihnachten und in früheren Jahren hatte es schon lange vorher geschneit. Heuer aber nicht. Draussen war es zwar eiskalt, aber trocken und grau. Statt Schneeflocken glitzerten Sterne am Himmel. Nur die Bergspitzen in weiter Ferne waren weiss verzuckert. Ob dort oben auch jemand wohnte?

„Kinder, wollt ihr auch heute Abend eine Geschichte hören?“

Natürlich wollten sie!

„Also hört gut zu:

Es war einmal eine kleine Schneeflocke. Sie war ganz fein und zart und wunderschön. Ihre Kristalle glitzerten wie Juwelen und waren besonders kunstvoll ineinander verzahnt. Niemand wollte ihr nahe kommen, um sie nicht zu zerbrechen. Die kleine Schneeflocke merkte das irgendwann und wurde unheimlich stolz. Sie betrachtete sich stundenlang im Spiegel, drehte und wendete sich, um sich von allen Seiten zu bestaunen.

So beschloss sie, niemals vom Himmel auf die Erde zu fallen, denn dann würde ihre ganze Pracht zerstört werden. Vielleicht nicht gleich, aber bald. Das hatte sie von den anderen Schneeflocken erfahren, auch wenn keine es offen erzählte.

Als sie wiedermal so vor dem Spiegel stand, gesellte sich ihre Lieblingstante zu ihr. Als sie jung war, war sie einst auch so wunderschön. Doch jetzt, im Alter, waren einige ihrer zarten Kristalle abgebrochen, andere waren stumpf. Sie glitzerten nur noch blass. Die Lieblingstante nahm die kleine Schneeflocke in den Arm und streichelte ihre Kristalle. Während sie das tat, flüsterte sie ihr ins Ohr: ´Weisst du, Liebes, warum du so wunderschön bist?´

Die kleine Schneeflocke blickte ihre Lieblingstante im Spiegel fragend an.

´Damit du den Kindern eine Freude machen kannst! Damit du die Landschaft in eine Märchenlandschaft verzaubern kannst! Du gehörst zu Weihnachten – die Kinder warten genauso sehnsüchtig auf dich wie auf das Christkind!´

Die kleine Schneeflocke senkte den Blick und erwiderte mit trauriger Stimme: ´Aber dann zerbreche ich ja und all meine Schönheit ist dahin!´

´Liebes,´ lächelte die Tante und berührte die kleine Schneeflocke an einem besonders kunstvollen Kristall, ´wenn du hier vor dem Spiegel stehen bleibst, geht deine Schönheit auch dahin und niemand hat etwas davon. Das siehst du an mir. Unsere Schönheit wurde uns verliehen, um anderen damit eine Freude zu machen, und nicht, um uns selbst im Spiegel zu bewundern.´

Die kleine Schneeflocke schaute ihre Lieblingstante nun direkt an: ´Du hast recht. Wenn wir da hinunter schweben, dann machen wir viele Menschen mit unserem Tanz, unserem Glitzern und unserer Schönheit glücklich. So lass uns denn hinunter tanzen.´“

Mama schloss sanft das Buch, aus dem sie gelesen hatte und blickte zum Fenster. „Kinder, seht mal zum Fenster! Es schneit!“

Und tatsächlich: Dichte Schneeflocken tanzten jetzt vor dem Fenster, das die Kinder eilig aufgerissen hatten. Das Weiss deckte schon die Landschaft zu und hüllte sie in feierliche Stille. Einige Flocken fielen ins Wohnzimmer und endeten als kleiner Wassertropf. Die Kinderaugen versuchten, jede einzelne Schneeflocke zu betrachten. Sie wollten ihre kunstvollen Kristalle erkennen und herausfinden, ob die kleine Schneeflocke auch mittanzte. Manch eine Schneeflocke fingen sie ein, doch in den warmen Kinderhänden schmolz sie sofort weg.

Ausser einer, die liess sich nicht einfangen: Sie tanzte und wirbelte in der kalten Luft und strahlte und glitzerte. Das war bestimmt die kleine Schneeflocke! Die Kinder glaubten, sie juchzen zu hören. Oder war es das Christkind, das nun kommen würde?

Sonntag, November 14, 2021

Sandburgen – Sinnbild für Luftschlösser

Wenn ich den Strand entlang laufe, bestaune ich immer wieder, mit welcher Ernsthaftigkeit und Hingabe Kinder und ihre Väter Kunstwerke in den Sand, gleich hinter die auslaufenden Wellen bauen.

Kürzlich sah ich ein perfektes Abbild der Pyramiden von Gizeh, die Stufen präzise in den Sand eingeritzt. Anderswo entstehen Burgen mit Gräben, verschachtelten Gängen und Wehrtürmen. Erstaunlich!

In diese Sandburgen fliesst viel Liebe, Zeit, Technik und Wissen, obwohl jeder Sandkünstler um die Flüchtigkeit seines Kunstwerks weiss: Im Nu, spätestens nach der nächsten Flut, ist alles hin, einfach von den Wellen verschluckt, vom Wasser mit einem Wisch weggefegt. Oder übel: durch Missgunst und Böswilligkeit vom kleinen Bruder, der nicht mitspielen durfte 😀.

Während ich mich durch spielende Kinder und posierende Nymphen schlängle, hänge ich meinen Gedanken über diese Luftschlösser nach. Sind sie nicht ein bisschen Abbild unserer Pläne und Träume, die wir im Leben hegen, pflegen, in unseren Gedanken formen, vor uns herschieben und manchmal – wohl selten genug - in die Tat umsetzen?

Oder vielleicht doch nie umsetzen, weil wir nicht dieselbe Hingabe aufbringen können wie für die flüchtigen Sandburgen? Oder weil der Weg dorthin zu umständlich ist? Oder weil die Flut kommt? Oder noch schlimmer: Weil ein Sturm kommt, der uns nicht nur Schaufel und Eimer aus den Händen reisst, sondern uns mit sich zerrt und uns ganz woanders wieder auswirft, wo wir dann zuerst wieder zu Atem kommen und unsere Sinne ordnen müssen?

Wie viele Träume hatte ich als junges Ding! Mit meiner blühenden Fantasie  habe ich wohl Dutzende Luftschlösser erbaut, bzw. Szenarien für die Zukunft entworfen. Wie viele habe ich verwirklicht?

Ich möchte nicht nachrechnen, wahrscheinlich würde ich enttäuscht werden. Aber da waren doch einige Träume, die ich realisiert habe. Solche, die nicht jedermann umsetzt, aber auch nicht jedermann hat. „Unkonventionell“ hat mal ein Personalprofi meinen Lebenslauf genannt. So etwa war das auch mit der Umsetzung meiner Träume.

Es bleiben noch einige, die ich gerne verwirklichen würde. Eingie lasse ich notgedrungen fürs nächste Leben übrig. Die Frage ist nur: Welche soll ich noch mit der verbleibenden Zeit umsetzen?

Wie geht es euch damit? Das würde mich wirklich interessieren. Hinterlasst doch bitte einen Kommentar oder – wenn ihr habt – einen Tipp.

Sonntag, November 07, 2021

Verzweiflung am Strassenrand

Mein Kopf ist noch voll von den wunderschönen Momenten im Roten Meer: Zuerst war ich schwimmen. Das fühlt sich für mich an wie schwereloses Gleiten, vorwärts, rückwärts, ein Arm nach dem andern, Beinschlag, in den Wellen, unter mir der schneeweisse Meeresgrund, über mir der blaue Himmel. Fortbewegung ohne Anstrengung, lautlos, heilend und energetisierend. Danach war ich mit einer Freundin am Riff schnorcheln. Ich fühlte mich in dem riesigen Aquarium von den sanften, aber bestimmenden Wellen getragen und vom Anblick der majestätischen Korallen und bunten Fischschwärmen in eine andere Welt versetzt. Es war schlichtweg hinreissend. Atemberaubend. Eindrücklich.

Während ich nach Hause fahre, bin ich in Gedanken noch dort, mitten im Meer. Ein bisschen überlege ich schon, was ich kochen soll. Doch schon biege ich ins ausgetrocknete Flussbett ab, das unsere Strasse ist, und werde jäh aus meinen Tagträumen gerissen: Ich erblicke einen am Bordstein kauernden Mann. Am Strassenrand. Seine Arme hängen hilflos in die Leere, sein Kopf liegt auf den Arm gesenkt, sein schmaler Körper steckt in einem dieser typischen Kaftane der Bewohner Oberägyptens. Neben ihm liegt eine kleine Plastiktasche vom Duty Free der Egypt Airlines. Während ich mich umsehe und in Zeitlupentempo meine Umgebung wahrnehme – da gehen Leute – da sitzt einer und guckt nur auf sein Smartphone – da vorne ist meine Wohnanlage – da geht K., einer der Angestellten unserer Wohnanlage - da ist ein Obstgeschäft – dahinten ist der Supermarkt – da guckt keiner – halte ich meinen Wagen an, löse den Sicherheitsgurt, schalte den Motor ab, ziehe die Handbremse an und steige aus.

Wie ferngesteuert frage ich den Mann, „Malak eh?“ (was hast du?). Erst als ich ihn sanft mit der Hand berühre, hebt er den Kopf und sieht mich an.

Sonntag, September 19, 2021

„So ist unser System“

Diese Aussage – im Original natürlich in Arabisch, unzählige Male auch in Englisch – habe ich wahrscheinlich schon tausend Mal gehört, seit ich mich in dieser Weltgegend herum treibe. Klar komme ich damit aber trotzdem nicht. Das ist beschönigend ausgedrückt, denn ich müsste eigentlich festhalten: Ich drehe fast durch, wenn ich das höre. Das wahnwitzigste daran ist wohl, wie sich die Leute in einem der chaotischsten Länder an „Das ist unserem System“ festklammern.

Dieses unsägliche Zitat wird immer in Situationen gebetsmühlenartig wiederholt, wo Angestellte Vorgaben und Bestimmungen einhalten (müssen), obwohl sie dem gesunden Menschenverstand widersprechen. Ich verstehe selbstverständlich, dass Angestellte von ihren Vorgesetzten erlassene Vorgaben einhalten müssen – logisch oder nicht – sonst werden sie gefeuert. Mein Verstand verzweifelt aber jeweils einen Moment bei dem Versuch zu kapieren, dass diese einerseits erlassen worden sind, ohne weitere Optionen und mögliche Folgen durchdacht zu haben, und andererseits stur umgesetzt werden.

Wenn ich mir das etwas genauer überlege, geht es wohl eher darum, dass da einer oben mit dem Erlassen einer Regel zeigt, dass er da ist und arbeitet und somit seine Anwesenheit rechtfertigt. Die da unten führen das dann folgsam aus (wo nötig) oder nicht (wo möglich, z.B. im Strassenverkehr, beim Anstehen) und entschuldigen sich dann mit der oben erwähnten Aussage.

Ein paar Beispiele gefällig?