Samstag, Dezember 21, 2019

Blick über den Tellerrand


In den deutschsprachigen sozialen Medien liest sich momentan viel über Ausländerfeindlichkeit, Rechtsdruck und in den letzten paar Tagen (Oktober 2019) sogar über tödliche Anschläge auf religiöse Einrichtungen und Ausländer.

Diese Entwicklungen beobachte ich schon lange mit grosser Sorge. Ich kenne die Geschichte und mir graut vor dem, was Menschen mit ihrem Hass auf Fremde anrichten können.

Dabei lebe ich ja auch als Fremde in einem Land, das eine völlig andere Kultur und Mentalität zelebriert. Sie ist mir nach wie vor fremd, ich arrangiere mich. Sie wird mir immer fremd bleiben, auch wenn ich vieles verstehe und nachvollziehen kann.

Manchmal spüre auch ich, wie ich mit gewissen Umständen nicht klar komme, wie z.B. die in voller Lautstärke geplärrten Gebetsaufrufe fünfmal am Tag. „Jetzt jodeln sie wieder“, denke ich oder ich stelle fest, wie spät es schon wieder ist… Manchmal sehe ich auch dabei zu, wie Männer zu den Moscheen strömen, um sich von einem vom Staat indoktrinieren Imam vollquatschen zu lassen, und dann zu beten. Nur, um danach wieder ihrem Geschäft nachzugehen: Betrügen, übers Ohr hauen, aussereheliche Beziehungen. Nicht alle natürlich, aber in Hurghada häufig. Um klarzustellen: Hurghada ist eine Touristenstadt, wo sich alles Mögliche tummelt, anständige wie miese Typen, Hochgebildete wie Analphabeten, Ehrliche wie Kriminelle.

Sonntag, Dezember 08, 2019

Sinai – ein bisschen am Rande der Welt


Reisenotizen und Gedankensplitter

Von Sharm nach Dahab

Hinter mir liegt Sharm, die schicke Touristenstadt, die sich über 30 km die Küste entlang zieht, und eigentlich nur aus Hotelanlagen besteht. Sharm (und damit der ganze südliche Sinai) hat die vergangenen Jahre sehr gelitten, die Touristen blieben aus. Seit kurzem geht es wieder langsam aufwärts. Die meisten Gäste kommen aus dem Golf und Israel, einige aus der Ukraine sowie aus Weissrussland und auch die Italiener kehren vorsichtig zurück. Die anderen Europäer machen sich noch rar. Zu Unrecht, finde ich. Es ist genauso sicher wie in Hurghada drüben und, das ist meine persönliche Meinung, die Hotels bieten mehr Klasse.

Ein Freund, der den grössten Teil seines Lebens in Dahab verbracht hat, schwärmt von der Kraft, welche der Sinai in sich hat. Er, der Freund, hat zu Fuss in 14 Tagen die Östliche Wüste vom Roten Meer bis zum Nil durchquert. „Ich mag sie aber nicht“, meint er. Erstens sei es eine sehr trockene Wüste, es gebe sehr wenig Wasser dort. Für mich ist es eigentlich logisch, dass es in einer Wüste trocken ist und wenig Wasser hat. Doch er fährt weiter: „Dort ist keine Energie. Ich habe nichts gespürt. Hier, im Sinai, ist das komplett anders. Hier spüre ich eine enorme Kraft.“

Sonntag, Februar 10, 2019

Da keimt zaghaft Hoffnung auf


Nach Jahren des Niedergangs (in jeder Hinsicht) scheint sich Ägypten doch etwas vorwärts und aufwärts zu bewegen. Damit meine ich jetzt nicht die Milliarden verschlingenden Grossprojekte in die Infrastruktur – die sieht man, wenn man in diesem riesigen Land unterwegs ist: Windparks, Städte,  Strassen und Brücken.

Es sind andere Veränderungen, die mir einen Hauch von Hoffnung auf Besserung und Modernisierung des trägen, in der Mitte der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts stehen gebliebenen Landes geben.

Gesundheit: Obdachlose werden eingesammelt und in Schutzeinrichtungen gebracht. Ob die gut sind oder nicht, ist eine andere Frage. Viele bleiben auf der Strecke. Aber immerhin: es bewegt sich.
Landesweit werden Einwohner auf Hepatitis C und Diabetes untersucht. Beide Krankheiten sind weit verbreitet.

Bürokratie: Der träge, sich selbst am Leben erhaltende und sich im Kreis drehende Koloss mit Millionen von Beamten, die in einem Kabäuschen sitzen und eine Marke auf ein Papier kleben oder einen Stempel auf ein Dokument knallen, um dann genüsslich Tee zu schlürfen, sich Witze zu erzählen und den nächsten Antragsteller wie Luft zu behandeln oder die Beamtinnen, die an einem wackeligen Holztisch Gemüse für die Grossfamilie daheim rüsten und die Antragstellerin zu einem Glas Tee einladen… Also eben jene Millionen von Beamten, die weder eine Auskunft geben (wollen), noch einen Computer bedienen (können) sieht man vielleicht bald nicht mehr.