Sonntag, Februar 10, 2019

Da keimt zaghaft Hoffnung auf


Nach Jahren des Niedergangs (in jeder Hinsicht) scheint sich Ägypten doch etwas vorwärts und aufwärts zu bewegen. Damit meine ich jetzt nicht die Milliarden verschlingenden Grossprojekte in die Infrastruktur – die sieht man, wenn man in diesem riesigen Land unterwegs ist: Windparks, Städte,  Strassen und Brücken.

Es sind andere Veränderungen, die mir einen Hauch von Hoffnung auf Besserung und Modernisierung des trägen, in der Mitte der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts stehen gebliebenen Landes geben.

Gesundheit: Obdachlose werden eingesammelt und in Schutzeinrichtungen gebracht. Ob die gut sind oder nicht, ist eine andere Frage. Viele bleiben auf der Strecke. Aber immerhin: es bewegt sich.
Landesweit werden Einwohner auf Hepatitis C und Diabetes untersucht. Beide Krankheiten sind weit verbreitet.

Bürokratie: Der träge, sich selbst am Leben erhaltende und sich im Kreis drehende Koloss mit Millionen von Beamten, die in einem Kabäuschen sitzen und eine Marke auf ein Papier kleben oder einen Stempel auf ein Dokument knallen, um dann genüsslich Tee zu schlürfen, sich Witze zu erzählen und den nächsten Antragsteller wie Luft zu behandeln oder die Beamtinnen, die an einem wackeligen Holztisch Gemüse für die Grossfamilie daheim rüsten und die Antragstellerin zu einem Glas Tee einladen… Also eben jene Millionen von Beamten, die weder eine Auskunft geben (wollen), noch einen Computer bedienen (können) sieht man vielleicht bald nicht mehr.


Als ich meinen Fahrzeugausweis verlängerte – schön in Einklang mit meinem Visum – wurde ich zwar noch immer in einem Sternlauf von A nach B und zurück, dann nach C und zurück, dann nach D und zurück, dann nach E… u.s.w. geschickt. Und ich fragte erneut: weshalb krieg ich denn das Papiermäppchen, den Antrag zur Verlängerung des Fahrzeugausweise, die Marken, den Antrag zur Prüfung von Verkehrsbussen, die Versicherung, die Steuer und noch ein Papier und noch eine Marke… weshalb also krieg ich das nicht an ein und demselben Ort?

Eine Routinefrage, quasi, rein rhetorisch gemeint.

Aber trotzdem erlebte ich einige positive Überraschungen. Auf dem Gericht, wo ich hin musste, um eine allfällige Verkehrsbusse zu bezahlen, war der Angestellte grad im Begriff umzuziehen. Wohin des Weges, fragte ich ihn? Zum Verkehrsamt! Wow, dachte ich, da wird zentralisiert.

Als ich dann endlich meinte, alle Papierchen, Marken, Stempelchen und Quittungen zu haben, wurde mir verlautbart, ich solle die Autoschilder abschrauben lassen und bringen, ich erhalte neue.

Warum denn das? Vereinheitlichung! Oha! Tolle Idee. Momentan zirkulieren nämlich vier oder fünf verschiedene Varianten von Autoschildern für das Gouvernement Red Sea.
Und diesmal musste ich nicht in irgendeinen anderen Stadtteil fahren, um neue Autoschilder stanzen zu lassen, nein: ich erhielt beim Verkehrsamt neue gegen meine alten! Und schön der Reihe nach, wie im Computer abgespeichert.

Das nennt sich doch Fortschritt, wenn all diese Abläufe zentralisiert und effizienter gestaltet werden, nicht wahr?

Bleibt die Frage, wie die Beamten mit der längst überfälligen Modernisierung klar kommen und was mit jenen geschehen wird, die in ein solches System nicht reinpassen.


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