Montag, Januar 16, 2017

Was Frauen wissen möchten

Regelmässig wenden sich Frauen an mich, die „etwas fragen“ möchten. Selbstverständlich antworte ich gerne, gebe gerne Erfahrungen und Eindrücke weiter. Auch wenn das manchmal etwas zeitraubend ist und ich keine Rechnung als Beraterin stellen kann.

„Wie haben Sie das gemerkt?“ war eine Frage, die in meinem Kopf stecken geblieben ist. Ich habe mich mit dem Mann getroffen, unter einem Vorwand, und nach einer halben Stunde war der Fall klar. Ja, wie habe ich das gemerkt? Am besten fange ich mal vorne an.

Ägypten ist ein Drittweltland
Auch wenn das aus dem Ferienresort mit 5 Sternen, traumhafter Garten- und Poolanlage, üppig aufgetürmten Buffets und traumhaft inszenierten Abendunterhaltungen nicht auf dem ersten Blick erkennbar ist. Das heisst: die Unterschiede zwischen Arm und Reich sind – für uns Westeuropäer – beinahe unvorstellbar riesig. Die sozialen Schichten vermischen sich nicht, sie begegnen sich nur im Alltag als Arbeitgeber und Arbeitnehmer, als Untergebener und Gebieter. Von sozialer Gerechtigkeit wird geträumt, Ausbeutung und Korruption sind stattdessen allgegenwärtig. Anders ausgedrückt: wer Geld und Beziehungen hat, kommt zu mehr Geld, Ansehen und Beziehungen. Wer weder das Eine noch das Andere hat, kämpft ums Überleben. Mit zwei oder drei Jobs die einen. Mit Tricks und Betrug die anderen.


Das staatliche Bildungssystem ist lausig; Privatschulen tummeln sich viele, eine teurer als die andere und trotzdem manchmal auch nicht viel besser als öffentliche Institute. Mit einem ägyptischen Diplom in der Tasche darf ein Ägypter im Ausland (Ausnahmen gibt es) grad mal als Hilfsarbeiter arbeiten. D.h. aber nicht, dass Ägypter dumm wären, im Gegenteil! Sie lernen von klein auf, sich zu wehren, auf ihren eigenen Vorteil zu schauen, sich durchzuboxen und die Gunst der Stunde zu nützen. Sie gehen durch eine Schule, die in Westeuropa mit dem Wohlstand, dem Rechts- und Sozialstaat ausgestorben ist.

Die Wirtschaft schlingert schon seit Jahren am Rande des Abgrunds, die Inflation beträgt momentan – nach der Freigabe des Wechselkurses der ägyptischen Währung – um die 30 %. Lebensmittel sind z.T. um 50% teurer geworden.

Raus aus dem Elend
50% der Bevölkerung sind unter 30 Jahre alt. Diese jungen Menschen möchten leben! Und zwar so, wie sie es im Internet und Fernsehen täglich sehen. Und so, wie sie es bei den Touristen beobachten. Mit Arbeit allein schaffen sie das (in der Regel) nicht. Bleibt der illegale Weg: mit einem Menschenschmuggler nach Europa abzuhauen, Betrug oder sich eine Europäerin anzulachen und sie zu heiraten. Jene jungen Männer, die hier in Hurghada leben, unterstützen mit ihrem kärglichen Lohn noch einen ganzen Rattenschwanz von Familienmitgliedern. Der Druck auf sie ist enorm.

Wie soll ich das erkennen, ob meiner …
Ich behaupte nicht, dass alle Ägypter, die in einer Beziehung mit einer Europäerin stehen, nur dieses Ziel vor Augen haben. Im Gegenteil, ich kenne viele gemischte Ehen und Beziehungen, deren Basis ehrliche Gefühle füreinander sind.

Doch besonders hier an einem Touristenort kommt eben die andere Variante gehäuft vor: Geld und Sex oder besser noch: das begehrte Visum nach Europa sind das Ziel, die Frau nur das Mittel dafür.

Doch wie soll Frau das bei aller Verliebtheit, orientalischer Romantik und herzschmelzenden Blicken aus dunklen Augen erkennen? Ägypter merken auf den ersten Blick, was das jeweils für ein Typ ist, ob einer nur „Bezness“ macht, ein Gauner oder eine ehrliche Seele ist. Die erkennen es an seiner Haltung, seinem Gang, seinem Blick, seiner Sprache, seiner Kleidung… einfach an allem und zwar sofort.

Ich habe mir einen Teil davon mühsam angeeignet, wobei einiges an Intuition mitspielt und ich trotzdem noch immer nicht ganz sicher bin. Sicher ist aber, dass etwas nicht stimmt,

wenn einer:
  • sein Telefon oft abgeschaltet hat und/oder nicht regelmässig erreichbar ist
  • ein Geschäft eröffnen will, und Geld von Ihnen als „künftige“ Mitinhaberin oder nur als Darlehensgeberin verlangt
  • erzählt, es sei ein Unfall passiert, ein Familienmitglied sei krank u.ä. und er um Geld bittet
  • er darauf drängt, eine Wohnung zu kaufen und Sie die Besitzerin werden sollen, Sie also zuerst mal Geld überweisen sollen
  • ein Handy, einen Laptop oder andere teure Gegenstände aus dem Ausland verlangt
  • launisch und/oder aggressiv ist
  • nicht täglich schreibt oder anruft, um sich nach Ihrem Wohlbefinden zu erkundigen
  • nicht liebevoll und aufmerksam ist
  • aus der unteren Sozialschicht und wenig gebildet ist (die anderen haben es ja nicht nötig!)
  • Sie zu etwas drängt, das Ihnen gar nicht so passt

Genauso wichtig ist aber, dass Sie lernen, seine Körpersprache zu „lesen“: Wohin blicken seine Augen, wenn er Ihnen etwas erzählt? Sind seine Körperhaltung und seine Bewegungen im Einklang mit dem, was er Ihnen vorsäuselt? Wie reagiert er (nicht mit Worten, sondern mit seinem Körper und seinem Blick) darauf, wenn Sie mit etwas nicht einverstanden sind oder etwas von ihm verlangen? Achten Sie auf die Augen – die können nicht lügen, sie sind der Blick ins Herz, in die Seele eines Menschen. Das ist vielleicht nicht so einfach, es lohnt sich aber, dies zu üben. Möglichkeiten dazu gibt es jeden Tag, auch im Alltag in Europa!

Übrigens ist das Internet voller „Erfahrungsberichte“, die Interessierte muss nur mal das Wort „Bezness“ eintippen.

Und was die meisten Frauen ausser Acht lassen: Wenn Sie ein „komisches“ Gefühl haben, dann hören Sie ganz laut auf dieses Gefühl! Es ist richtig! Wir in Westeuropa haben schlichtweg verlernt, auf unser Bauchgefühl zu achten. Unser Gefühl täuscht uns nicht! 
Wenn wir ein „seltsames“ Gefühl haben, dann ist i.d.R. etwas nicht okay. Was es dann ist, müssen Sie natürlich herausfinden – doch das Gefühl ist ein Alarmsignal und das dürfen Sie nicht einfach wegschieben.

In den Jahren hier habe ich zum Glück wieder gelernt, auf dieses innere Signal zu horchen – auch wenn ich es nicht sofort einordnen kann. Ich gehe ganz bewusst damit um – und es ist jedes Mal wichtig und richtig.

Nicht alle sind so
Beileibe nicht. Inzwischen kenne ich viele äusserst liebenswürdige, ehrliche, aufrichtige Ägypter. Zum Glück, denn die vielen Betrügereien und das Leid gehen mir sehr nah. Ich möchte auch nicht Verunsicherung verbreiten. Wer sich sicher ist, hat allen Grund, das zu sein. Aber die andern, die sollen bitte aufwachen. Wenn ich nur eine erreiche, die ich davon abhalten kann, sich ins Unglück zu stürzen, dann ist schon viel erreicht. Das Herz zu verlieren ist eines – das Geld zu verlieren ein anderes, und danach mitunter noch mit einem Kind dazustehen ist noch mal eine andere Geschichte.

Bei Zweifeln… gerne schreiben.



1 Kommentar:

  1. Vielen Dank für diesen Artikel, er öffnet nicht nur Frauen die Augen. Die kulturellen Unterschiede sollten nicht unterschätzt werden, wäre interessant ob es dazu ein gutes Buch gibt. Das beste was ich mal hörte war, dass (für ein anderes Land) es ein Buch für Paare gibt, bei dem im Buch links auf deutsch über die Kultur des Partners geschrieben wird und rechts in der Sprache der Partnerin analog über die deutsche Kultur, den deutschen Partner. Es gibt Dinge die einfach kollidieren können und die Enttäuschungen sind groß, weil man garnicht darauf kommt was es sein könnte.

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