Sonntag, Januar 22, 2017

Ehrenwerte Nachbarn

Heute wurde es endlich eröffnet: das Russische Konsulat. Die Russen fliegen zwar noch immer nicht nach Hurghada – seit dem Flugzeugabsturz über dem Sinai Ende Oktober 2015 – aber wenigstens haben sie jetzt eine diplomatische Vertretung hier.

Ich war grad im Stadtzentrum, als fünf Motorräder mit jeweils zwei schwarz gekleideten Polizisten langsam durch die Sheraton Strasse fuhren. Dahinter folgte ein geschlossener Pickup, danach ein Panzerwagen, auf dem einer – auch völlig in schwarz gekleidet – mit dem Maschinengewehr thronte. Das sah gefährlich aus oder wenigstens beeindruckend.

In all den Jahren habe ich mich aber an den komischen – für unseren Geschmack reichlich übertriebenen – Auftritt gewöhnt. Wenn der Gouverneur vom Roten Meer durch die Stadt fährt, dann nur in gepanzerter Limousine und in Polizeibegleitung, mit Sirenen, Maschinengewehren und allem Tamtam. Heute aber sah es noch eindrücklicher aus, als sonst. Komisch war nur, dass dahinter niemand folgte. Neben mir wurde spekuliert: wegen dem nahenden 25. Januar? Nein, zu weit weg. Das russische Konsulat? Ok – was tun die dann hier in der Sheraton Street? Gleichzeitig brausten weitere schwerstbewachte und –bewaffnete Polizeifahrzeuge mit Sirenengeheul durch die Strasse.


Das Spektakel wiederholte sich drei oder viermal… Vielleicht wussten sie nicht, wo das neue Konsulat hingekommen ist? Die Jungs auf den Motorrädern schauten etwas verloren drein; blutjunge Kerle. Kanonenfutter. Wenn eine Bombe hochgeht, fliegen die ungeschützt mit.

Eine dreiviertel Stunde später war ich daheim – da kamen die Jungs grad über unsere Sandpisten gefahren. Nein, die Strassen hier sind noch nicht geteert. Aber dank dem neuen Nachbarn werden unsere Zufahrtsstrassen wenigstens planiert – täglich mehrmals, seit mehreren Tagen. Asphalt soll dann später kommen. Also gehört die mühsame Holperei über Löcher und Gräben vorerst mal der Vergangenheit an. Sogar einen Kreisel mit einer Strassenlampe und ein Trottoir vom Konsulat zu uns her, mit ganz vielen Strassenlampen wurde innert wenigen Tagen auf den Sand gezaubert. Angeblich zahlen die Russen das.

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Als ich erfuhr, dass das Konsulat nur zweihundert Meter von meinem Wohnort einziehen werde, staunte ich. Anfangs durfte unsereiner dort noch vorbeifahren – deshalb konnte ich die Arbeiter dort fragen, was das denn werde. Zu Fuss geht es immer noch. Jetzt stehen da rund um die Uhr schwerbewaffnete Polizisten, vor dem Gebäude, an jeder Ecke, daneben und vor dem Nachbargebäude sitzen in der Kälte zwei Typen mit Ohrenstöpseln auf Plastikstühlen und bewachen das Konsulat oder die Polizisten oder ich weiss nicht was. Anfangs dachte ich, man könnte nun meinen, dass das Quartier nun super geschützt und sicher ist. So wie Zamalek in Kairo, wo es nur so von Konsulaten und Polizisten und Wachmännern wimmelt.

Jetzt dürfen wir nicht mehr vorbeifahren. Einerseits blöd, denn es war die am einfachsten zu erklärende Zufahrt. Andererseits ist es mir auch recht. Ich hab mir nämlich überlegt, dass so ein Konsulat Gefahr statt Sicherheit bringt. Die Typen, die da rund um die Uhr an jedem Eck und davor und dahinter und danebenstehen, sind trotz ihren Helmen, Schildern und Waffen ein einfaches Ziel. Und eine Provokation für Idioten. Eine Bombe, wie wir es in den vergangenen Monaten an zahlreichen Orten auch in Europa gesehen haben, hätte verheerende Folgen. Bis zu mir.

Auch wenn ich keine Angst habe und das auch nicht befürchte. Das sind einfach so Gedankenfetzen.
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(Und wenn ein Teil meiner Schreibe etwas ironisch oder sarkastisch klingt, dann ist das völlig beabsichtigt.)


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