Sonntag, März 22, 2015

Handwerkskunst von Frauen

Als ich im Januar in Luxor war, habe ich auch das Zentrum für Handwerkskunst von Frauen besucht. Das „Urban Center for Women“ liegt etwa zehn Minuten zu Fuss vom Karnak-Tempel entfernt. Das Zentrum ist in einem freundlichen, lichtdurchfluteten Gebäude mit Innenhof untergebracht. Rund um den Innenhof liegen auf drei Stockwerken verteilt die Handwerks-Abteilungen. In insgesamt elf Abteilungen werden wunderschöne Kunstwerke liebevoll und mit viel Geduld hergestellt. Produkte sind gewobene und geknüpfte Teppiche aus Wolle oder Seide, Fleckenteppiche, Schals, Quilts und Stickereien, Sonnenhüte und Taschen aus geflochtenen Palmblättern, ziselierte Kupferteller, Lederwaren und Töpferwaren.

Die 95 meist jungen Frauen arbeiten hier für einen Hungerlohn von 200 ägyptischen Pfund pro Monat (!) (umgerechnet ca. 22 Euro). Der Manager, Herr Mansour, führt Besucher gerne durch die Arbeits- und Ausstellungsräume. Er hat mir erklärt, dass er versucht, bei internationalen Anlässen mit den Kunstwerken präsent zu sein. Genau so bin ich nämlich auf das Zentrum aufmerksam geworden: am Luxor Egyptian & European Filmfestival waren einige Arbeiten ausgestellt. Das im März stattfindende Luxor African Filmfestival hat z.B. Stofftaschen mit Stickereien bestellt. Auch an grossen internationalen Konferenzen stellt das Zentrum aus. Doch all das reicht noch nicht aus, um den Frauen einen besseren Lohn bezahlen zu können.

Trotzdem fand ich nur gut gelaunte Frauen bei der Arbeit. Sie liessen mich gerne beim Flechten von Palmwedeln oder beim Teppich knüpfen zusehen und gaben bereitwillig Auskunft. Die Teppichknüpferin, ein junges Mädchen, arbeitet sechs Stunden täglich an ihrem Teppich. Eine andere erklärte mir, dass sie das Design selbst wählt und ein Webbild aufgrund eines Bildes oder Fotos erschafft.

Leider werden solche Projekte nicht ins Programm für Massentourismus genommen. Deshalb bitte ich jeden Individual-Touristen, dieses Zentrum zu besuchen. Es lohnt sich bestimmt!

Nachfolgend sind einige Bilder dieser eindrücklichen Arbeiten:

El Markaz el handary el emra - Firmenlogo aus Quilt

Palmblätter werden geflochten

Die Frauen arbeiten immer in Gruppen

Taschen aus Palmblättern

Sonnenhüte aus Palmblättern

Arbeit am Kupferteller

Teppich knüpfen

Das Zentrum von Innen

Ton in Bearbeitung

Töpferwaren

Webteppich

Webbild


ziselierter Kupferteller
die Inschrift lautet "25. Januar - Brot - Freiheit - Gerechtigkeit"

Nubische Tracht

typische Landschaftsszene am Nil in Oberägypten - gewoben

Szene aus Zeiten der Pharaonen - ein Bild aus Quilt

Bild aus Quilt

Donnerstag, März 05, 2015

Ein Fünkchen Hoffnung

Es geht hier wieder um Politik – nach langer Enthaltsamkeit. 
Heute hat Präsident El Sisi überraschend acht neue Minister eingeschworen. Es betrifft jene des Innenministeriums, Tourismus, Bildung, Ackerbau und Landwirtschaft, Kultur, Kommunikation und Information, Bevölkerung sowie Technische Bildung und Ausbildung. Die letzten beiden sind neu gebildete Ministerien.

Was aber überrascht und Hoffnung macht, ist die Tatsache, dass der Innenminister Ibrahim wegbefördert wurde (zum Berater des Premierministers). Der Mann ist verhasst, er ist für das eiserne Vorgehen gegenüber Demonstranten und Aktivisten und die überbordende Brutalität seitens der Polizei verantwortlich. Er wird auch für die angeblichen Morde an friedlichen Aktivisten – das letzte Opfer war Shaimaa Sabbagh, welche einen Trauerkranz ablegen wollte - beschuldigt. Mag auch sein, dass er in der momentanen Situation, wo ständig irgendwo Bomben gelegt werden, überfordert ist. Mag auch sein, dass es sich um ein „öffentliches Sesselrücken“ handelt, um ein Zeichen kurz vor dem Investitions-Gipfel kommende Woche zu setzen. An dem Anlass in Sharm El-Sheik sollen um die 60 Länder teilnehmen.

Ich habe ein Fünkchen Hoffnung, weil dieser Mann Schuld an unsinniger Brutalität gegen Menschen hat. Weil er offenbar nicht fähig war, das oft stümperhafte Vorgehen der Polizei im Umgang mit den Bomben, Bombenlegern und Bombenbastlern durch fachmännisches Training zu eliminieren; stattdessen wurden wahllos Unbeteiligte festgenommen. Jetzt ist der Typ weg. Sein Nachfolger kann es gar nicht mehr schlechter machen.

Und ich habe noch ein Fünkchen Hoffnung, weil auch der Tourismusminister ausgewechselt wird. Offenbar hatte der keine Ahnung von seinem Glück, denn seine heutigen Termine an der ITB in Berlin wurden kurzfristig abgesagt. Hoffentlich nimmt der neue Minister die wahren Probleme der Touristendestination in die Hand: Korruption, Abfall, Belästigungen, schlechter Service, fehlende Fremdsprachenkenntnisse, fehlendes Verständnis für das Verhalten und die Bedürfnisse der Ausländer, Qualität statt Quantität und die Liste lässt sich erweitern. Ägypten hat unendlich viele Schönheiten zu bieten – aber die lassen sich ob den vielen negativen Punkten gar nicht in Ruhe geniessen.

Heute habe ich erstmals seit langer Zeit wieder ein Fünkchen Hoffnung für Ägypten.

Nachtrag:
Also die Hoffnung auf eine menschlichere Polizei hat sich inzwischen in Luft aufgelöst. Der neu ernannte Minister Magdy Abd El Ghafar ist ein altes Gesicht der Staatssicherheitspolizei. Die Respektieren der Menschenrechte werden weiterhin ein Papiertieger bleiben; Gerechtigkeit ein Wunschtraum.