Dienstag, August 08, 2017

Belästigung ohne Ende

Da habe ich auf einem Online-Marktplatz Inserate geschaltet. Wie auch schon in der Schweiz. Doch hier – kaum ist das Inserat online – erhalte ich eine Nachricht.

„Telefonnummer.“

Mehr nicht. Keine Bitte. Meine Telefonnummer habe ich nicht veröffentlicht, logo. Den Braten riech ich schon, spiel aber mal vorläufig mit.

„Guten Tag. Wie kann ich Ihnen helfen?“ und denke mir, vielleicht kann er nicht (ja, ich war sicher, dass es keine „sie“ war) Englisch schreiben. Und ich füge hinzu „Ich kann auch Arabisch lesen.“

Höflich bleiben – so lange ich kann. Kann ich, wenn ich gut gelaunt bin.


Als Antwort erhalte ich seine Telefonnummer. Kommentarlos.

Meine Reaktion: „Tut mir leid, ich rufe Sie nicht an, bevor ich nicht weiss, worum es geht. Zu viele doofe Typen versuchen Frauen zu belästigen. Ich hoffe, Sie verstehen das. Also, wie kann ich Ihnen helfen?“

Und dann kommt es endlich in perfektem Englisch: „Ich möchte Sie kennen lernen. Ich wohne in Hurghada und bin alleine. Sind Sie einverstanden, dass wir uns treffen? Ich würde mich freuen, wenn Sie meine Einladung akzeptieren würden. Sie haben etwas Magisches [woher weiss er das?] an sich. Ich bin ein guter Mann [tja…]. Sie haben meine Telefonnummer, falls Sie mich anrufen möchten. Und sonst bin ich da, wenn Sie Hilfe brauchen.“

In mir steigen Mitleid, Ekel und Ärger hoch und vermischen sich in Abscheu. Doch dann obsiegt wieder jene Erkenntnis, die sich in all den Jahren hier in mir angesammelt hat… Die einschränkende Religion, die ebenfalls eingrenzenden Traditionen, die Einstellung, dass sich der (ägyptische) Mann nicht beherrschen kann, und die Konfrontation mit dem Tourismus, der plötzlich all das Erträumte leicht erhältlich zu machen scheint. Und mehr noch.

Arme Kerle, irgendwie. Ich erinnere mich, wie ich mit dem Rennrad unterwegs war, und Typen am Strassenrand an ihrem Teil herumhantierten. Ich erinnere mich an jene, die besonders während den Sommerferien und den ach so heiligen Feiertagen, dann wenn sie vom Rest des Landes in die Touristenhochburg einfallen… an jene, die nachts anrufen und mich heiraten oder wenigstens kennen lernen möchten. Oder Nichts sagen und sich nur mit meinem „Hallo?“ befriedigen… bis ich das Telefon auf stumm schalte, damit ich die Anrufe nicht mehr hören muss. Oder jene, die einen am Strassenrand anquatschen, man soll doch einsteigen, sie hätten noch nie so eine hübsche... blablabla gesehen.

Arme Gesellschaft. Aber fünfmal Beten, Fasten und in jedem Satz von Gott reden. Den fürsorglichen Familienvater und liebenden Ehemann zur Schau stellen.

Kommentiert Frau oder postet sie in einer Gruppe auf Facebook kann sie sich kaum vor Freundschaftsanfragen retten. Die einfältigsten beginnen mit „Hi“; kreativere bemühen sich noch zu schreiben, man hätte ein schönes Profilfoto und sie möchten befreundet sein.

Arme Kerle, wirklich. Würde sich einer etwas Gescheites, Aufregendes oder Unterhaltsames einfallen lassen, hätte er vielleicht eine Chance.

Zurück zu dem Quaggli, der mir auf dem Online-Marktplatz geschrieben hat. Meine Antwort fiel ziemlich nüchtern aus: „Das ist genau der Grund, weshalb ich meine Telefonnummer nicht veröffentliche. An mir gibt es nichts Magisches, ich bin ein Monster.“ Er soll von weiteren Nachrichten abstand nehmen.

Und dann habe ich ihn geblockt und gemeldet.

Und ich habe ihn auf True Caller und Facebook verfolgt: Frisch verheiratet! 😜😠



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