Donnerstag, Juli 12, 2018

Freiwillig unters Messer in Hurghada


Hurghada wimmelt von Privat-Krankenhäusern und Zahnärzten. Die tiefen Preise locken zahlreiche Ausländer und Ausländerinnen her, sich an ihrem Körper herumschnepfeln zu lassen.

Ich kann es nachvollziehen, wenn sich Frau oder Mann hier die Zähne richten lässt. Es kostet ein Bruchteil dessen, was in europäischen Ländern zu bezahlen ist – und sollte ein Pfuscher sein Handwerk nicht verstehen, dann ist nicht allzu viel kaputt: Künstliche Zähne können wieder ersetzt werden.

Was ich einfach nicht begreifen kann, ist, dass sich Frauen hier freiwillig unters Messer legen, um sich „verschönern“ zu lassen. Schönheitsoperationen boomen und allein bei der Vorstellung graut es mir. Ich hatte zwei Unfälle, musste operiert werden und möchte das niemals freiwillig über mich ergehen lassen. Kommen noch die hygienischen Verhältnisse dazu, die im seltensten Fall europäischem Standard entsprechen. Und die Ärzte? In Kairo gibt es gute Kliniken und Ärzte. Die bleiben aber dort, die kommen nicht hierher nach Hurghada. Hierher kommen die anderen, die Erfahrung brauchen. Oder Geld.


In meinem  Bekanntenkreis haben sich mehrere Frauen solchen Schnepfeleien hingegeben und das Ergebnis entsprach nicht den Erwartungen.

Eine Freundin hat sich den Bauch verkleinern lassen. Die Wunde eiterte zwei Monate lang und die Infektion wurde schliesslich in der Schweiz behandelt. Die Freundin ist seither nicht schlanker.

Eine andere Freundin fing mit Botox an. Dann liess sie sich die Oberschenkel verschmälern. Der Chirurg beantwortete währen der OP den Anruf von ihrem Freund! Am Folgetag wurde sie samt Drainage aus dem Krankenhaus entlassen, litt fürchterliche Schmerzen, futterte Antibiotika und Schmerzmittel in rauhen Mengen. Ich weiss nicht, ob sie den Eingriff bereut hat, aber ich weiss, dass sie übermässig lange Zeit Schmerzen hatte. Ich habe die Narbe nie gesehen – ihr Freund aber sagt, sie sei hässlich. Und schlanker ist sie auch nicht.

Vergangene Nacht hat sich genau die Freundin nochmals unters Messer gelegt. Ihr Wunsch: Tränensäcke sollen verschwinden und Augenlieder gestrafft werden. Das letzte, was ich von ihr sah, waren Fotos mit Markierungen auf ihrem Gesicht. Ihr Freund dreht fast durch. Er hat sie angefleht, den Eingriff abzusagen, Geld hin oder her. Sie solle – wenn es denn schon unbedingt sein müsse – den Eingriff in Europa oder wenigstens in Kairo machen lassen. Ohne Erfolg. Er verbrachte die Nacht im Krankenhaus. Sie wurde erst um 4 Uhr morgens operiert. Einer der Operationsassisten kam aus dem OP-Raum heraus um zu rauchen! Zwei Tage vor dem Eingriff wusste sie noch nicht mal, in welchem der vielen Krankenhäuser der Spass stattfinden solle. Sie liegt in einem Krankenhaus, wo ich nicht mal wegen einem Husten hineinginge.

Noch eine Bekannte hat sich Bauchfett entfernen und die Brüste verkleinern lassen. Sie sagt inzwischen von sich, sie sei dumm gewesen, hat sich überreden lassen. Meine Freundin hat erzählt, dass die Narben wie bei Frankenstein aussähen. Auch sie ist mit starken Medikamenten eingedeckt. Grauenhaft.

Was um Himmels Willen führt Frauen dazu, sich hier, in Hurghada, freiwillig verunstalten zu lassen? Alle, bis auf die erste hier erwähnte Freundin, leben schon viele Jahre hier und kennen das Land, die Verhältnisse, die Mängel an Hygiene, Sorgfalt, Erfahrung, Ausbildung und Nachbetreuung.

Wenn so eine Schönheitsoperation schon unbedingt das Ziel einer Frau ist, dann bitte! lasst das doch in Kairo oder in eurer Heimat machen. Holt euch Informationen über die Ärzte und Krankenhäuser, besorgt euch Erfahrungsberichte. Aber lasst euch nicht von einer Friseurin erzählen, dass der Arzt XY super Schönheitseingriffe macht – die kassiert nämlich nur Provision.

Ich mache mir Sorgen um meine Freundin. Diskutieren war sinnlos, das wusste ich schon vom letzten Mal. Was mir bleibt, ist die Hoffnung, dass sie alles ohne Komplikationen übersteht.

Erwähnen möchte ich aber noch: Die einzigen positive Erfahrungen von mehreren Bekannten waren Augenoperationen. Alle waren begeistert und zufrieden. Immerhin.


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