Montag, Januar 03, 2011

Ziel: Koptische Gotteshäuser

In der Silversternacht verfolgte ich entsetzt die Nachrichten im Internet, welche über den tödlichen Anschlag auf eine koptische Kirche in Alexandria berichteten. Die knallenden Feuerwerkskörper vor meinem Fenster interessierten mich nicht besonders - die reale Welt sah anders aus und zum Feiern war mir sowieso nicht zumute.

Da die meisten meiner ägyptischen Freunde Kopten sind, bin ich sehr sensibilisiert über das, was hier in Ägypten vorgeht; aber auch meine Schwäche für Minderheiten hat einen Einfluss.

In Hurghada gibt es keine öffentlich zugängliche katholische Kirche, deshalb gehe ich hie und da in die koptische Kirche. An Weihnachten nahm ich aus den Augenwinkeln war, wie ein Sicherheitsbeamter neben dem Eingang stand. Er lehnte gelangweilt an der Wand neben dem Treppenaufgang und unterhielt sich mit einem Bekannten. Ungehindert gingen Menschen ein und aus. So lassen sich die koptischen Gotteshäuser ganz bestimmt nicht vor Anschlägen schützen. Der Mann erschien mir schlichtweg lächerlich; er nahm seine Verantwortung überhaupt nicht war. Nicht viel anders sieht es an anderen Orten aus... gehandelt wird immer erst, wenn es schon zu spät ist, bzw. zuerst wird die Schuld auf andere geschoben und dann vertuscht. So geschah es auch in Naga Hammadi an den letzten koptischen Weihnachten.

Doch nun nehmen die Proteste im ganzen Land zu, die Kopten fordern mehr Schutz, mehr Rechte, Gleichheit... Das Fass ist übervoll.

Zu meinem Erstaunen wurde ich vor ein paar Tagen mit meinem Rennrad am Checkpoint ausserhalb Hurghadas erstmals angehalten und ausgefragt. Natürlich hatte ich weder einen Pass noch eine Identitätskarte in meinem verschwitzten Trikot. Ich ärgerte mich und konnte mich über die frechen Fragen fast nicht beherrschen - dem Offizier mir gegenüber ging es aber nicht anders, denn er liess sich zur Drohung verleiten "ich kann Sie auf den Polizeiposten bringen lassen" - was ich mit einem Schulterzucken quittierte. Wir bewahrten jedoch Haltung und ich wollte wissen, weshalb ich mich als Ausländerin innerhalb Hurghadas jederzeit ausweisen können muss. Die politischen Unruhen? Die gefürchteten Anschläge auf koptische Einrichtungen während dieser Jahreszeit? Er wich mit seiner Antwort aus - was mir aber genügte.

In den nächsten Tagen fahre ich nach Oberägypten, wo die Kopten zwar auch eine Minderheit, aber doch viel zahlreicher sind. Ich wollte an einer koptischen Weihnachtsmesse teilnehmen - diese sind jedoch im ganzen Land aufgrund der Ereignisse abgesagt. Man stelle sich das bei uns vor: keine Mitternachtsmesse an Weihnachten?

Sicher werde ich auch in Oberägypten Klöster und Kirchen besuchen - ich habe ein grosses Bedürfnis danach. Und ich hoffe, dass sie nun besser bewacht und gesichert sind. Nicht für mich - sondern für dieses Land, das zum Spielball anderer Mächte wird.

Ach ja, die ID vergesse ich meist ... heute hatte ich sie aber dabei.

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