Montag, Juni 26, 2023

Ich hab’s getan – eine Wohnung gekauft (Teil VIII einer langen Fortsetzungserzählung)

Als ich meine Wohnung gekauft habe, brauchte ich einen Anwalt für den Papierkram. Eine Freundin hat mir einen mit ihr befreundeten Anwalt empfohlen. Er versprach, alles zu tun, was nötig sei.

Wir vereinbarten € 500 für alle Dokumente, inklusive den sogenannten „Green Contract“. Dieser Vertrag beurkundet den Eintrag im Immobilienregister. Ich wusste, dass das von ihm geforderte Honorar etwas hoch war, dachte aber, wenn er der Freund einer Freundin ist und gut arbeitet, dann akzeptiere ich das. Die erste Teilzahlung würde ich bei Übergabe des Verkaufsvertrags leisten, die zweite bei Aushändigung des „Green Contracts“.

Den Auftrag dazu habe ich Anfang Februar 2022 gegeben. Eine Woche später haben wir die Vollmacht notariell beglaubigen lassen.

Im Sommer letzten Jahres wollten wir, d.h. die anderen Wohnungsbesitzer und ich, eine Eigentümergemeinschaft gründen. Geklappt hat es nicht, den wahren Grund kenne ich nicht wirklich. Damals muss etwas zwischen S., dem Besitzer der Wohnanlage, und K., meinem Anwalt, vorgefallen sein. Mein Anwalt sagte seither immer, er wolle nicht mehr mit dem Besitzer reden.

Wenn ich K. nach dem Stand der Dokumente fragte, meinte er: Es brauche Zeit, es dauere.

Mitte Januar dieses Jahres dann: Er wisse jetzt, warum es nicht vorwärts gehe, S. verweigere die Unterschrift. Er sei ein schlechter Mensch und nur auf Geld aus. Er räche sich, weil ich damals zum Recherchieren zur Wasserfirma ging.

Aber es gebe eine andere Möglichkeit: Via Gericht Dokumente zustellen lassen und da S. nicht hier wohne, würden die Dokumente als genehmigt gelten. Das sei zwar ein Umweg, gehe aber auch.

Vor knapp vierzehn Tagen meldet sich K. nach erneutem, mehrfachem Drängen meinerseits, besteht auf ein Treffen bei mir privat, und legt mir Dokumente vor: Ein Gerichtsentscheid, der gleichwertig wie der „Green Contract“ sei. Er zeigt mir die Namen in Arabisch, als Beweis. Die kann ich lesen, das andere würde ewig dauern und ich würde es trotzdem nicht verstehen.

Ich bezahle den Rest des Honorars.

Gleichzeitig macht er mir auffallend viele Komplimente und deutet sein Interesse an mir an. Er ist aber zum dritten Mal verheiratet. Das Bier bei mir zu Hause geht auf meine Kosten – es hätte quasi einen Toast auf den gelungenen Abschluss sein sollen. Ja, richtig: hätte!

Mein Bauchgefühl meldet sich lauthals, ich habe ein extrem komisches Gefühl. Es brüllt mich regelrecht an. Nicht nur, dass mich seine Anmache störte, sondern da war noch mehr.

Meinem Bauchgefühl muss ich folgen, das weiss ich mittlerweile.

Ich erkundige mich nach einem anderen Anwalt, lasse mir den Inhalt des Dokumentes erklären. Die Erklärung kommt in den frühen Morgenstunden: In meinem Namen hat mein Anwalt gegen die Vorbesitzerin geklagt und ich habe Recht bekommen. Wofür denn das? Keine Ahnung. Weitere detaillierte Auskünfte und Beratung gegen Bezahlung – verständlich.

Ich bin entsetzt, kann einen Tag lang fast nichts anderes mehr denken, als über diese Wende nachzustudieren. Irgendwann dann, nach abstauben und aufräumen und hin- und hergehen, nehmen die vielen Puzzleteile im Pool Formen an. Dorthin bin ich nämlich auch noch geflüchtet.

Am Abend treffe ich eine Freundin, das Gespräch hilft mir, die Gefühlslawine auf ihre ordentliche Grösse und ins richtige Verhältnis zurückzusetzen.

Ich nehme mir vor:

1. Anwalt zum Einhalten seines Versprechens zu bewegen, indem ich ihm Honig um den Mund schmiere.

2. Ich werde den Besitzer der Wohnanlage fragen, warum er seine Unterschrift verweigert.

Fall 1. kriege ich nicht hin, K. ist krank. Er ruft mich an, seine Stimme klingt wie bei allen Männern, die kurz vor dem Ende sind, obwohl sie nur an einer Erkältung leiden. Blöd für mich, denn drei Tage später fliege ich. Notizen für diesen Blogeintrag mache ich im Flugzeug.

Fall 2. Der Besitzer werde für die Feiertage kommen, erfahre ich von unserem Doorman, wahrscheinlich kommende Woche.

Doch das Schicksal ist mir diesmal gütig und ich sehe S. am folgenden Tag im Compound! Ich wiederhole die Sätze, die ich ihm sagen will. Sogar im Schlaf: Er sei Richter, ihm könne ich doch vertrauen. Er lächelt. Ich wolle wissen, warum...

Ich erkundige mich beim Doorman, wann S. aufstehe und seine Schischa rauche. Ausführlich bekomme ich alle Informationen J.

Gegen Mittag gehe ich runter und treffe S. paffend an. Er begrüsst mich erfreut. Letztes Jahr sei vorbei, meinte er, und ich stimmte zu. Er lächelt mich erfreut und gut gelaunt an. Passt ja!

Ich trage ihm meine Sätze vor.

Verwirrt erwidert er, niemand habe ihn um eine Unterschrift gebeten, das sei auch nicht nötig. Sein Sohn übersetzt freundlicherweise. Wer mein Anwalt sei. Der, der letztes Jahr hier gewesen sei? Der habe ihn nie angerufen. Er sei eine Pfeiffe!

Er wolle ihn anrufen. Aber K. nimmt nicht ab.

Ich rufe an, K. nimmt nicht ab.

Zwei Minuten später ruft er zurück und ich reiche S. das Handy. Die Beiden werden laut und wortreich.

S.s Sohn übersetzt mir dann: K. wisse nicht, wie vorgehen. S. erklärt es ihm und verlange, dass K. die Papiere mache oder mir mein Geld zurückgebe. Sonst werde S. ihn vor die Anwaltskammer zitieren. Er habe ausserdem seltsame Wege eingeschlagen, die keinen Sinn machen würden. S. erklärt mir das Prozedere, das ziemlich einfach und sogar logisch klingt.

Wow!!! Ich kann's nicht glauben, was ich da höre! Vierzehn Jahre Geschichten von Hurghada und es gibt immer neue Sauereien.

Der Sohn ist noch nicht fertig mit Übersetzen, ruft K. wieder an und sagt mir, S. sei wütend, weil er nun 2.5% Steuern zahlen müsse. Wofür? Interessiert mich nicht mal mehr.

Und er habe nicht mit S. geredet, weil er ihm im Vorjahr gesagt habe, er solle ihn nie wieder anrufen. Er könne mir das Geld zurückgeben, sei kein Problem. Ich möchte ihm eine Chance geben, er soll die Unterlagen fertig stellen. Er bejahte, aber er würde S. nicht bitten zu unterschreiben, ich müsse mit ihm kommen.

S. unterbrach, das brauche es nicht. Er habe seine Rechte mittels Vollmacht an die Erstkäuferin übertragen und diese mittels weiterer Vollmacht an mich. Das reicht, sagt S., aber K. kapiere das (noch) nicht.

Vor lauter Erleichterung möchte ich S. und seinem Sohn um den Hals fallen, belasse es aber bei vielen Dankeschöns. S. bietet mir an, ich solle mich an ihn wenden, wann immer ich rechtliche Fragen habe.

Noch gleichentags, vor meinem Abflug am darauffolgenden Morgen, gebe ich meine Unterlagen im Büro ab, damit K. während Abwesenheit vorwärts machen kann.

Über ein Jahr lang hat K. mich hingehalten und angelogen, den Sachverhalt falsch dargestellt, S. mehrfach schlecht gemacht, sich als Freund aufgedrängt und noch ein Auge auf mich geworfen. Alles nur um seine eigene Unfähigkeit zu vertuschen.

Am vergangenen Donnerstag fühlte ich mich unendlich erleichtert und stolz, weil ich aufgeklärt habe, selbst aktiv wurde und die Wahrheit herausgefunden habe.

Jetzt aber, während ich über den Wolken diese Notizen mache, fühle ich mich betrogen. Ich glaube nicht, dass das K.s Absicht ist. Er ist nur unfähig, feig und ein Lügner. Keine gute Mischung für einen Anwalt. Aber das ist jetzt nicht mehr mein Problem: Sobald ich dieses wichtige Dokument in Händen halte, verlange ich meine Vollmacht an ihn zurück.

Und S. ist gar kein so fieser Kerl, wie von K. dargestellt.


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4 Kommentare:

  1. Zunächt: vielen Dank für den informativen Text. Klar, solche Menschen gibt es in jedem Land. Du glaubst, dass K keine Absicht hat zu betrügen, sondern nur unfähig ist. Hmmmm, er verlangt utopische Preise, tut aber nichts bis wenig dafür, lügt dann dreist rum (ist das Gleiche wie ein grüner Vertrag) und hätte noch gern schnellen Sex umsonst (ich sags jetzt mal so unverblühmt). Er mag ein unfähiger Anwalt sein, aber seine Interessen hat er ganz gut im Auge. Hoffentlich läuft der Rest glatt für dich.

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    1. Das hast du jetzt krass ausgedrückt - danke für die Wünsche!

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  2. Hallo, ich will jetzt nicht provozieren, aber woher soll man wissen, wer es ehrlich meint. Ich bin da vorsichtig. Das Problem ist,wer ist für solche lebenswichtigen Entscheidungen der richtige Rechtsanwalt in diesem Land ? Dürfen auch ausländische Rechtsanwälte in Ägypten tätig sein ? Dennoch alles gute, dass die Unterlagen okay sind !

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    1. Nun, ich ging davon aus, wenn der Anwalt ein Freund einer Freundin ist, ist er ehrlich. Inzwischen ist meine Freundin wütend und stocksauer auf ihn.
      Ich bleibe aber zuversichtlich! Auch Ihnen danke für die guten Wünsche :)

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