Begonnen hat alles im September letzten Jahres. Mein Laptop
lief heiss und ich brachte ihn in ein Computergeschäft, um den Ventilator zu
reinigen. Das war schon Mal nötig und danach lief der Laptop weiterhin… heiss.
Damals zerkratzten die Fachleute das Gehäuse und die „Delete“-Taste war etwas
eingesunken. Aber alles funktionierte.
Also, eines Abends, auf dem Rückweg von einer
Unterrichtsstunde ausser Haus, so um 19 Uhr, ging ich in das Geschäft und
erklärte mein Anliegen. Der junge Mann starrte mich an, als ob er kein Wort
verstehen würde. Also fragte ich, ob er Englisch spreche. Ja natürlich, war
seine Antwort, aber ich solle doch mein Anliegen dem Chef sagen. Wieso sagte er
mir das nicht sofort? Also trug ich mein Anliegen dem Chef vor. Dieser kannte
mich von früher.
Zwei Stunden solle ich warten. Kein Problem, ich sagte, dass
ich nach 21 Uhr zurück käme, das Gerät aber dringend brauche. Ich arbeitete damals
an einer mühsamen Übersetzung und seit ich in Ägypten lebe, kann ich ohne
Internet nicht mehr sein.
Ich genoss im Fischrestaurant ein paar Häuser weiter einen
herrlichen Fisch, Tahina und Fladenbrot. Erneut stieg ich die Treppen über der
ortstypischen Metzgerei (beim Vorbeigehen senke ich den Blick, um das
aufgehängte, rohe Fleisch nicht ansehen zu müssen) zum Computergeschäft hoch,
hoffend, dass mein Laptop fertig war.
War er nicht. Ich setzte mich hin und wartete. Ich hörte den
vielen Gesprächen zwischen dem Besitzer und seinen Kunden zu, beobachtete die
Mitarbeiter und wartete. Das Angebot eines Bekannten, mich mit nach Hause zu
nehmen, musste ich ablehnen. Nach einer Stunde kam der Boss mit meinem Gerät
und probierte es aus. Es funktionierte zuerst… dann nicht mehr. Irgendetwas sei
mit der Tastatur. Nun war mir mulmig. Drei Stunden, um den Ventilator zu
reinigen? Da war etwas nicht mehr ganz koscher. Eine kleine Ewigkeit und viele
zugehörte Gespräche später kam der gute Mann erneut. Die Tastatur sei beim Ein-
und Ausbauen kaputt gegangen; ich hätte zu sehr zur Eile gedrängt! Nun hätten
sie eine englische Tastatur eingebaut. Das war nicht in meinem Sinne, brauche
ich doch nicht nur die deutschen Umlaute ä, ö und ü, sondern auch die
französischen Accents!
Zähne zusammenbeissen und hoffen, eine andere Lösung zu
finden... war in dem Moment angebracht. Die angebotenen Buchstaben zum
Aufkleben nützten nichts, denn die deutsch-schweizerische Tastatur hat mehr
Tasten als die englische.
Nach 23 Uhr verliess ich ziemlich unglücklich das Geschäft
und fuhr nach Hause. Dort wollte ich Internet starten – und das ging nicht. Ich
probierte alles aus, was man mir je dazu gesagt hat – ohne Erfolg. Verzweifelt
rief ich kurz vor Mitternacht im Geschäft an. Wir versuchten per Telefon gewisse
Einstellungen vorzunehmen, um wieder eine Internetverbindung herzustellen.
Vergeblich. Der Herr bot mir an, nach Ladenschluss vorbei zu kommen, das sei so
gegen 1 Uhr früh. Ich willigte ein, obwohl mir elend war. Zur verabredeten Zeit
wartete ich im Halbschatten eines Hauses (um nicht als „leichtes Mädchen“ zu
gelten) an der Strasse. Beschreibungen auf Englisch am Telefon, wie man zu mir
gelangt, sind i.d.R. wenig hilfreich, deshalb warte ich oft an der Hauptstrasse
auf meine Besucher.
Während Herr K. sich an meinem Küchentisch abmühte, kämpfte
ich mit Verzweiflung, Ärger und Schlaf. Um halb drei Uhr früh bat ich ihn zu
gehen, denn ich fiel vor Müdigkeit fast vom Stuhl. So marschierte er mit meinem
Laptop unter dem Arm wieder davon.
Anderntags rief ich Mitte Nachmittag an, um mich vorsichtig
nach dem Befinden meines Gerätes zu erkundigen. Wir arbeiten daran, hiess es.
Kurz vor 19 Uhr hiess es, sie fänden keine Lösung, eine Neu-Installation sei
nötig. Meine Übersetzung!!!! Natürlich habe ich keine Sicherung gemacht. Herr
K. meinte jedoch, er rufe mich gleich zurück. Und mehr als 24 Stunden nach
meinem Gang ins Geschäft erhielt ich die Nachricht, dass der Internetzugang
wieder funktioniere. Ich fuhr sofort nach Sekalla und holte mein Gerät ab.
Blieb noch immer die englische Tastatur.
Per Email kontaktierte ich den Grosshändler in der Schweiz,
wo ich mein Gerät gekauft hatte. Die Antwort lautete, ich solle mich an ein
Geschäft wenden. Ich rief an und erfuhr, sie verkauften keine Tastaturen, ich
müsse mein Gerät einschicken. Von Ägypten aus? Ich kontaktierte den
Kundendienst des Geräteherstellers und damit startete ich eine Odyssee. Ich
habe keine Ahnung mehr, wie viele Emails hin und her gingen… es waren sehr,
sehr viele und ich ärgerte mich über den miserablen Kundenservice. Aus dem
Grund werde ich nie wieder ein Gerät dieses Herstellers kaufen.
Im Dezember erhielt ich ein Email von der Swisscom. Von der
Swisscom? Ja, von der Swisscom. Sie verschicken Ersatzteile für den Hersteller.
Ich bestellte meine Tastatur und erhielt sie nach mehreren Wochen tatsächlich:
im Februar! Was für ein Gefühl! Endlich hielt ich wieder eine deutsch-schweizer
Tastatur für meinen Laptop in Händen – ich war inzwischen ja in meiner Heimat.
Ein Arbeitskollege wollte die Tastatur einbauen, scheiterte
jedoch. Ein Computergeschäft erledigte das dann bestens. Doch noch ist die
Geschichte nicht zu Ende. Denn ich versprach Herrn K. in Hurghada, dass ich ihm
die englische Tastatur zurück bringen würde, sobald ich eine andere hätte.
Das habe ich vor einigen Tagen tatsächlich gemacht. Herr K.
war sprachlos, als er die Tastatur vor sich liegen sah – nach acht Monaten! Ich
klärte ihn auch über meine Zusatz-Kosten auf, worauf er erwiderte, er fühle
sich schuldig. Genau, das war er auch. Wir verabschiedeten uns und während ich
die Treppe hinunter ging, rief er mir nach und fragte, was ich denn arbeitete.
Ich gab ihm meine Karte.
Und heute endet diese langwierige Unannehmlichkeit mit einem
Email von Herrn K., das mich berührt hat. Er bedankte sich höflichst für das
Zurückbringen, für das Einhalten meines Versprechens, einer Eigenschaft, die er
nicht mehr oft beobachte. Er bat mich um Freundschaft und bot mir an, mir jeder
Zeit zu helfen, wann immer ich Hilfe brauche – auch wenn es nicht um Computer
gehe.
Auch das ist Ägypten…
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