Während fünf Monaten habe ich versucht, mich mit den
unsozialen Öffnungszeiten von Supermärkten, Bäckereien, Hallenbädern und
Fitnesszentren zurechtzufinden und dabei von Ägypten geschwärmt. In dieser Zeit
habe ich mich wieder an Sauberkeit, Pünktlichkeit, Recht und Ordnung gewöhnt
und mich über perfekte Strassenbeläge, aufgefüllte Regale und unbeschädigte
Warenverpackungen in den Geschäften gefreut.
Jetzt bin ich wieder zurück in Hurghada und stehe vor
grossen Herausforderungen, denn mein Kopf denkt 100%ig europäisch und mein
Verständnis für Unzulänglichkeiten hat sich tief im Nirgendwo vergraben. Dass
hier alles nur mit Inscha’Allah geht, habe ich doch glatt verlernt. Mein
Fehler.
Die neu bezogene Wohnung ist so neu, dass noch Baustaub an
den Kacheln klebt, Holzspäne in den Schubladen liegen und abgeblätterte Farbe,
Fugen- und Silikonreste den Fussboden zur Baustelle degradieren. Geschirr und
Töpfe sind in Schachteln verpackt, das Blechbesteck im Plastiksack. Auf dem
Balkon steht noch der Karton des Kühlschranks. Letzterer wiederum ist in ein so
enges Fach gezwängt worden, dass ich die Türe nur mit Kraft öffnen kann und
dies nicht weit genug, damit ich die Tablare herausnehmen kann.
Das wunderschöne taubenblaue Sofa hat Flecken vom Transport.
Die Qualität und Stabilität der Möbel ist so schlecht, dass früher oder später
etwas kaputt geht – auch bei sorgsamem Gebrauch. In den Küchenmöbeln ragen Schrauben
zwei Zentimeter weit heraus. Sie sollen heute Abend noch abgesägt werden.
Heute, wo ich endlich alle Schränke und Schubladen gereinigt und den Boden
mehrmals aufgewischt habe. Ich fange also morgen von vorne an.
Eine Moskitotüre fehlt, der Abzug am Klo verhängt ständig,
über dem Fernsehbildschirm klebt noch eine Folie. Batterien für die
Fernbedienung habe ich selbst gekauft. Irgendwann kommt dann irgendjemand, um
mir die Fernsehkanäle und den Satellitenempfang einzustellen. Ich brauche
einfach noch Geduld – dabei fehlt mir die schon seit Tagen.
Die Wohnung ist neu, deshalb ist schon vieles kaputt oder
funktioniert nicht. So hat mir ein Angestellter erklärt. Es hat Schäden von den
Möbeln an den Wänden, an den Türen, zerbrochene Kacheln im Bad und Verputz- und
Farbflecken. Seit ich eingezogen bin, kommt jeden Abend jemand, um etwas zu
reparieren Inscha‘Allah – was danach doch nicht funktioniert. Jeden Tag wird
mir auch die Waschmaschine versprochen. Die Duschwand fehlt auch noch und der gemauerte
Duschboden ist so wacklig, dass kleine Pfützen stehen bleiben.
Nein, es ist keine Billigabsteige und ich habe die Wohnung schon
vor zwei Monaten reserviert. Es ist einfach nur Ägypten und ich bin nicht mehr
daran gewöhnt. Mindestens einen von den zwei Faktoren werde ich schnellstens
ändern müssen!
Während meiner Abwesenheit habe ich auch meine eisernen
Einkaufsregeln vergessen: 1) jedes Paket schütteln, um zu prüfen, ob es ungeöffnet
ist, 2) Ablaufdatum prüfen, 3) Farbe der Ware prüfen und 4) Konsistenz prüfen (Ware
betatschen sozusagen). Prompt bin ich mit einem Blauschimmelkäse nach Hause
gekommen, der weder blau noch schimmlig hätte sein sollen. Ich habe ihn zurückgegeben,
das war kein Problem – aber bei 41°C im Schatten überlegt man sich jeden
Aufwand doppelt; ohne Auto und mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist Einkaufen
ein grosser Aufwand. Aber auch das ist einfach nur Ägypten und ich bin nicht
mehr daran gewöhnt.
Heute, vier Tage nach meiner Ankunft, ärgere ich mich schon
nicht mehr (dafür habe ich schon keine Energie mehr) und in ein paar Tagen
lache ich darüber – oder nehme es zumindest wieder völlig gelassen, Inscha’Allah.
Ich bewundere dich ein wenig. Ich liebe Ägypten und ich bin gerne da. Aber ich bin auch immer wieder froh, wenn ich nach Deutschland komme. Auf ewig in Ägypten leben, ich denke das könnte ich nicht.
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