Donnerstag, April 02, 2015

Visa-Regelung auf ägyptisch

Mitte März ging ein Aufschrei durch Ägypten, ausgestossen von den Vertretern der Tourismus-Branche und von Touristen gleichermassen. Ägypten wollte den Erhalt des Einreisevisums neu regeln: nur noch Gruppenreisende sollten ab Mitte Mai ein Visum bei Ankunft am Flughafen erhalten. Einzelreisende sollten ihr Visum vor Abreise PERSÖNLICH bei der Ägyptischen Botschaft im Land ihres Wohnsitzes einholen.

Reisewillige hätten also stundenlange Fahrten auf sich nehmen, möglicherweise sogar einen freien Tag einsetzen und teurere Gebühren bezahlen sollen, um mit einem schon Wochen im Voraus gebuchten Flug nach Ägypten zu fliegen. Kurzfristige Flüge wären somit Vergangenheit gewesen. Wer macht das schon? Richtig: niemand – dann lieber woanders hinfliegen.

Ägypten braucht Touristen, um die vielen Arbeitssuchenden zu beschäftigen und dringend nötige Devisen ins Land zu holen, um damit wiederum Importgüter zu bezahlen. Das Tourismusministerium bemüht sich, den Tourismus anzukurbeln – was mit dieser Visa-Regelung ziemlich unvereinbar ist. Denn: der Pauschaltourist (billig, billiger, am billigsten) gibt beileibe nicht so viel aus wie der Einzelreisende und wird vom ägyptischen Staat subventioniert (!).

Unglaublich hört es sich an, aber wahr ist: nicht das Tourismusministerium, sondern das Aussenministerium hat diese Visa-Regelung erfunden. Ganz allein, ohne mit dem Tourismusministerium Rücksprache zu halten. Die Idee: das Land vor potentiellen Terroristen zu schützen. Genau, ich wusste nämlich auch nicht, dass Terroristen per Visum von Europa nach Ägypten einreisen! Die selbst gezüchteten Terroristen im eigenen Land scheinen eine untergeordnete Rolle zu spielen oder sind vom Aussenministerium einfach vergessen worden. Der ägyptischen Logik zufolge kümmert sich um letztere nämlich das Innenministerium.

Und es geht noch weiter…

Einige Ägypter fanden es nur gerecht, dass Europäer endlich auch mehr für ein Visum zur Einreise in ihr Land bezahlen sollten und das Wochen vor Reiseantritt beantragen müssten – und vergassen dabei, dass Europa und die USA nicht auf ägyptische Touristen angewiesen sind, geschweige denn vom Tourismus abhängig sind.

Soweit zur Logik dieser Geschichte, die mit der üblichen (westlichen?) Logik nicht verwandt ist.

Natürlich gibt es Einzelreisende, die ihre Ferien in Ägypten buchen wollten – und inzwischen woanders ihre schönste Zeit des Jahres verbringen werden. Zu viele Gerüchte, zu unklar die Regelung, zu ungewiss die Umsetzung - der Schaden ist angerichtet.

Da ich schon ähnliche Ankündigungen miterlebt habe, dachte ich, warten wir’s mal ab. In Ägypten wird die Suppe auch nicht so heiss gegessen, wie sie gekocht wird.

Vor einer Woche trafen sich also einige Minister, um dieses unglückliche Thema miteinander zu besprechen. Es hiess danach, der Tourismusminister sei grundsätzlich mit der neuen Regelung einverstanden. Hä? „Grundsätzlich“ – das ist ein sehr elastischer Begriff.

Und siehe da: heute ist überall zu lesen, dass die Umsetzung dieser Regelung verschoben wird, bis ein elektronisches Visa-System einsatzbereit ist. Das heisst so was Ähnliches wie „grundsätzlich“.

So läuft das hier. Einer macht einen Schnellschuss - viele stöhnen auf - der Schnellschuss wird zurück gepfiffen - dann wird vergessen.

Mühsam ist es einfach für all diejenigen, die planen möchten. So, wie der ägyptische Staat funktioniert, kann man eben nicht planen, sondern man muss dauernd re-agieren und sich ganz schnell auf lauter Überraschungen gefasst machen. Und das tagtäglich!

Nun ja, nach vielen Kommentaren und Diskussionen, erhitzten Gemütern und Wirren sind wir nun wieder dort, wo wir bis Mitte März waren :).


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