Montag, Mai 23, 2016

Handgemacht aus ägyptischer Baumwolle

Ägyptische Baumwolle war zu Zeiten der britischen Kolonialzeit und unter König Farouk der Exportschlager. Die Baumwolle wurde von den Plantagen im Delta mit Zügen an die Mittelmeerhäfen transportiert und von dort nach England verschifft, um feines Tuch für die noch feineren Herrschaften zu weben.

Das ist vorbei. Die ägyptische Baumwolle ist zwar noch immer eine der besten der Welt, jedoch sind die Produktionsmengen stark geschrumpft. Falsche ökonomische Anreize, schrumpfende Anbaugebiete und günstigere ausländische Konkurrenz zählen zu den Gründen. Schade für die Arbeiter und das Land.

Dass aus dem kostbaren Grundstoff trotzdem erschwingliche Dinge hergestellt werden können, beweist einer meiner Freunde.

Web-Tradition in Oberägypten
Barsum Halaby kommt aus Naqada in Qena, unweit von Luxor. Dort stehen heute noch in vielen Häusern Webstühle, welche feine Baumwollstoffe herstellen. Bis vor ungefähr 20 Jahren, so erzählt mir mein Freund, wurden gewobene Baumwoll-/Seiden-Tücher in den Sudan exportiert. Das änderte sich mit den politischen und wirtschaftlichen Problemen Sudans. Die Weber in Naqada mussten neue Abnehmer finden und richteten ihre Produktion auf den Tourismus aus.

Edle Stoffe haben auch einige Kilometer Nil abwärts uralte Tradition, in Akhmim bei Sohag. Die Region war einst ein Zentrum für Textilherstellung, vor allem aus Leinen. Mit den edlen Stoffen bekleideten sich Pharaonen, Griechen und Römer.

Selbständigkeit mit Hürden
Doch zurück zu Barsum: Ursprünglich hat er Kunst studiert, doch wie viele junge Ägypter fand er zuerst in der Tourismusbranche eine Anstellung, und zwar als Verkäufer: T-Shirts waren es. Bald kam jedoch ein interessanteres Angebot: in seiner Heimat hergestellte Schals und andere Handarbeiten zu verkaufen. In jener Zeit habe ich ihn kennen gelernt.

Im Dezember 2010 verliess er die Stelle, da er sich mit einem eigenen Geschäft selbständig machen wollte. Da kam die Revolution im Januar 2011 dazwischen. Die Touristen blieben weg und er während eines dreiviertel Jahres arbeitslos. Eine Anstellung zu finden war unmöglich, also wagte er die Selbständigkeit: Ein Hotel in Makadi ermöglichte ihm im Herbst 2011, handgewobene Schals anzubieten; nichts Anderes – gemäss den Vorgaben des Hotels.


Barsums Traum war jedoch eine Galerie: Er wollte sein Sortiment mit selbst entworfener Kleidung aus handgewobener Baumwolle erweitern, an einem Webstuhl zeigen, wie aus Baumwollfäden Stoffe entstehen und andere ägyptische Handarbeiten aus dem riesigen, traditionsreichen Land ausstellen und verkaufen.

Im Dezember 2015 hat er sich diesen Traum endlich erfüllen können: im Garten des Hotel Magic Beach hat er ein Zelt aufgebaut: sein Angebot umfasst nun Schals in allen möglichen Grössen, in verschiedenen Mustern und Farben sowie Stickereien; ferner aus Palmblättern geflochtene Taschen, handgearbeitete Ledertaschen, Schmuck und Töpfereien.

Seit kurzem verarbeitet die ägyptische Designerin Reem Shaheen seine Baumwollstoffe zu Kleidern im Ethno-Stil, luftigen Tuniken, Röcken und Hosen. Die Stoffe schmeicheln auf der Haut und fühlen sich leicht und luftig an, selbst in dieser unendlichen Hitze hier. An jedem Kleidungsstück steht verführerisch: „Du bist hübsch – du verdienst es“.

Zufrieden ist Barsum trotzdem noch nicht: „Seit dem Absturz des russischen Flugzeugs Ende Oktober 2015 fehlen Touristen, und die, welche herkommen, haben kein Geld, um sich etwas zu kaufen.“ Er sucht deshalb Grossabnehmer für die Schals und exportiert auch ins Ausland.

Trotz herben Rückschlägen hat er nie ans Aufgeben gedacht. Er möchte die Handwerkstradition nicht untergehen lassen und dank ihm haben einige Menschen in weit vom Tourismus entfernten Dörfern ein kleines, aber wichtiges Zusatzeinkommen.

Hier einige Bilder:




























1 Kommentar:

  1. Hi,
    Ich lebe seit 3 Monaten in el Gouna. ( davon 3 Monate krank )
    Ich bin Designerin in Deutschland und hier auf der Suche nach ägyptischer Baumwolle und Kontakten die hier nach meinen Vorgaben nähen können.
    Idee?
    Ganz liebe Grüße und ich lese viel in deinem Blog. Er ist großartig.

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