Samstag, Juni 11, 2016

Ramadan: wenn Schüler fasten

Am 5. Juni hat Ramadan begonnen, der Monat, in welchem gläubige Muslime von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang weder trinken noch essen. Auch Rauchen und körperliche Liebe sind nicht erlaubt. Das Fasten gehört zu den fünf Säulen des Islams. (Die weiteren vier Säulen sind: das Glaubensbekenntnis, das Gebet, die Unterstützung von Bedürftigen und die Pilgerfahrt nach Mekka).

Fasten soll, wer dazu fähig ist: Reisende, Schwangere, Kranke und Kinder sind also davon ausgeschlossen (und können das später nachholen).

Durch den Verzicht auf Genussmittel soll der Geist gereinigt und gestärkt werden. Das ist hart und erfordert sehr viel Disziplin, besonders bei den hiesigen Temperaturen. Hut ab vor jedem, der das durchsteht.

Viele Schlaumeier machen sich das Fasten im Ramadan aber einfach: sie schlafen tagsüber, stehen kurz vor dem Fastenbrechen auf und bleiben die ganze Nacht auf. Sie arbeiten nicht. Auch manche, die zwar bei der Arbeit sind, arbeiten trotzdem nicht: sie dösen irgendwo in einer Ecke vor sich hin. Das scheint aber nicht wirklich der Sinn des Fastens zu sein, denn der Fastende soll trotzdem arbeiten und seine üblichen Tätigkeiten verrichten – sonst wäre es ja einfach.

Nicht alle sind dieser Meinung und gehen den bequemen Weg. Und wie die Erwachsenen, so auch die Kinder.

Die Kinder fangen z.T. schon in sehr jungem Alter an zu fasten. Eine Lehrerin erzählte mir, dass einige Achtjährige in ihrer Klasse fasten. Die Knirpse waren der Meinung, dass sie nun passiv in ihren Stühlen hängen könnten und nicht am Unterricht teilnehmen müssten. Die Religionslehrerin hat den „Irrtum“ dann aufgeklärt.

Eines meiner Mädchen, denen ich Nachhilfeunterricht gebe, erzählte voller Freude: ihre Mutter hätte ihr freigestellt, am zweiten Fastentag in die Schule zu gehen oder nicht. Die Neunjährige fastet zum ersten Mal. Als ich erwiderte, sie sei ja schon am Montag nicht in der Schule gewesen und der Unterricht sei doch wichtig für ihr späteres Leben zwecks Studium und blablabla – da fiel mir die Kleine ins Wort: „Nein! Fasten ist viel wichtiger!“

Tja. Ich soll den Mädchen Verantwortung vermitteln, sie zu guten Schülerinnen erziehen, sie zum Lernen anhalten, ihren Ehrgeiz anspornen, ihnen Manieren beibringen und dann kommt so eine Antwort. Als Nicht-Muslimin gibt es da schlichtweg nichts mehr zu sagen. Mund zu, runterschlucken und weggehen.

Wenn das im Kleinen anfängt, dann geht das im Grossen so weiter. Jedes Jahr staune ich von Neuem, wie muslimische Länder während eines vollen Monats ihre Tätigkeiten auf ein Minimum herunter schrauben. Viele Bereiche des Staates und der Wirtschaft bleiben auf Sparflamme. Ob sie sich das auch leisten können?

Die Kinder verstehen das noch nicht – sie kopieren, was ihnen vorgemacht wird; mit entsprechenden Folgen für später.


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