Donnerstag, Juni 08, 2017

Auf ein Glas Wein

Ägypten ist ein islamisches Land – so steht es in der Verfassung. Im Gegensatz zu anderen islamischen Ländern ist der Genuss von Alkohol jedoch erlaubt.

Die Pharaonen brauten Bier und die Ägypter haben diese Tradition beibehalten. Es gibt auch Weinreben aus deren Trauben Weiss-, Rosé-, und Rotweine hergestellt werden. Die Qualität unterscheidet sich leider noch etwas von wirklich guten Weinen, da ist noch Potential vorhanden.

Getrunken wird fleissig – nicht nur an Touristenorten wie Hurghada. In Hotels, Bars und Restaurants gibt es Wein und Bier und andere einheimische und importierte Spirituosen, sofern sie dafür eine Erlaubnis haben. Doch Alkohol einkaufen funktioniert hier anders als in Europa und ist zudem wegen der hohen Alkoholsteuer schrecklich teuer – bezüglich Qualität und Kaufkraft. Importierte Spirituosen sind für Normalsterbliche quasi unerschwinglich.


Weder im Supermarkt noch an der Tankstelle gibt es Alkohol. Dafür gibt es spezielle Geschäfte, die dank dem Logo einer Biermarke erkennbar sind. Oder: im Schaufenster werden die Flaschen ausgestellt. In manch einem Restaurant oder einer Bar kann Hopfensaft und dergleichen über die Gasse erstanden werden. Der Einkäufer marschiert dann typischerweise mit einer schwarzen Plastiktasche davon, argwöhnisch von strenggläubigeren Abstinenzlern beäugt.

Manchmal, wenn ich warten muss, beobachte ich die Kunden, welche in diesen Geschäften verkehren: junge stürmische Ausländer, Taxifahrer, Unternehmerinnen und Unternehmer und… ältere Männer mit tiefen Falten im Gesicht, die sich bescheiden ein Bier oder einen Schnaps in die Tasche legen lassen, schweigsam einen Geldschein hinreichen und leicht beschämt davontrotten.

Alkohol kaufen hat etwas Anrüchiges. Man tut es, aber man sollte es sein lassen. Weil es die Religion gebietet. Die Religion gebietet aber auch, die Finger von Haschisch zu lassen. Doch Haschisch rauchen ist mindestens so beliebt wie Alkohol trinken. Ich behaupte sogar, dass es weiter verbreitet ist.

Und jetzt sind wir im Ramadan und Kurioses findet wieder statt. Als ich vor drei Tagen mit einem ägyptischen Freund in einer Bar war, bestellten wir Bier. Der Kellner erklärte dann, es sei verboten im Ramadan Alkohol an Ägypter auszuschenken. Egal, ob dieser Muslim, Christ, Jude oder Atheist sei. Vater Staat hat das Sagen. [Sic.]

Und dann war ich an der Reihe, mir Wein zu kaufen und fragte den Verkäufer, wie er das gegenüber Ägyptern handhabe. „Kein Problem, wenn sie den Alkohol mitnehmen. Aber hier hinsetzen und trinken – das geht nicht!“, grinst er und fügt hinzu: „12 Tage haben wir schon.“

In Hurghada geht das also. In Kairo und Alexandria sind viele dieser Geschäfte zu, entweder während den Gebetszeiten oder dem ganzen Ramadan. Um Problemen auszuweichen, um Niemanden zu provozieren. Damals, als ich zwei Monate in Alexandria lebte, wovon der erste in den Ramadan fiel, staunte ich, als nach den Feiertagen plötzlich ein Alkoholgeschäft in meiner Nachbarschaft auftauchte.

Eigentlich staune ich noch immer…


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