Sonntag, April 02, 2023

Begegnung am Markt

Unschlüssig trete ich vor die Markthalle. Gerne hätte ich mehr Obst und Gemüse gekauft, aber das Angebot hat mich nicht überzeugt.

Ein junger Mann lächelt mich an. Ich will ihn gar nicht wahrnehmen, aber er ist hartnäckig, drängt sich in mein Blickfeld. Über einem ausgesprochen hübschen Gesicht liegen wirr dichte, lockige Haare. Wieder lächelt er und zeigt tadellose Zähne. Mit den Armen fuchtelt er herum, sein schlanker Körper im blauen Overall tanzt mit und deutet eine Verbeugung an.

Mir dämmert, er macht mir ein Kompliment. Entschlossen gesellt er sich neben mich, weist mit dem Arm in die nächste Halle und sieht mich fragend an. Nein, da war ich schon. Er gibt nicht auf: und die? Interessiert mich auch nicht mehr. Meine Schritte führen mich ans Tor, wo mein Auto geparkt steht.

Seine Arme umschliessen ein unsichtbares Paradies, zeigen mir, dass es seines ist: Hier putzt er Autos. Ob er meines reinigen soll? Nein, danke. Schon gar nicht mit dem Lumpen da.

Inzwischen verstehe ich, dass er taub oder taubstumm ist. Er gibt zwar Laute von sich, aber unverständliche.

Sein warmer Blick lässt nicht los. Glückselig schreibt er in Englisch die Buchstaben D – E – A – F (taub) auf die verstaubte Fensterscheibe der Fahrertür. Ja, das habe ich verstanden und jetzt bitte, lass mich alleine. Mit weiteren Gesten fragt er zielstrebig, ob ich ihn heirate, und wendet mir nochmals sein hübsches Antlitz zu.

Kopfschüttelnd steige ich ins Auto. Erst da wendet er sich um und marschiert selbstzufrieden wieder Richtung Markt, winkt noch und überlässt mir einen letzten Blick auf seinen blauen Overall.

 

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