Freitag, April 28, 2017

Rückkehr nach Hurghada

Ferien vorbei. Rückkehr nach Hurghada. Türe aufschliessen und daheim sein, sich von den Reisestrapazen erholen – ein Wunsch, der wohl nur jenen erfüllt wird, die jemanden haben, der sich während der Abwesenheit um die vier Wände samt Inhalt kümmert.

Wohnung

Dass es geregent und gestürmt hat, habe ich erfahren. Die Spuren würden in meiner Wohnung sichtbar sein. Dass es einen Sandsturm gab, habe ich auch erfahren. Ich weiss, wie die Wohnung danach aussieht – bei geschlossen Fenstern.

Trotzdem gab es eine Überraschung.

Dienstag, April 11, 2017

Blick ins Meer

Es war Ostwind oder vielleicht sogar Südwind. Jedenfalls jene Windverhältnisse, die in Ägypten seltener vorkommen und in Hurghada die Flugzeuge anders herum starten lassen. Und die Luftfeuchtigkeit ans Land bringt. Und noch anderes mehr.

Ich war surfen. Es hatte Quallen, wie im Frühling leider üblich. Die Schildkröte sah ich auch, die tauchte ein paar Meter vor mir ab. „Ich bin Gast hier, es ist IHR Wohnrevier,“ denke ich oft, wenn ich im oder auf dem Meer bin. Doch mit dem Ost- oder Südwind steigt nicht nur die Luftfeuchtigkeit und die Quallen lassen sich wie in Trance ans Ufer tragen. Schlimmer ist: aller Abfall, alles, was versehentlich oder vorsätzlich ins Meer fliegt, rollt, fällt und geworfen wird, kommt an Land zurück.

Grässlich. Im wunderbaren Tiefblau des Roten Meers, auf, in und zwischen den wogenden Wellen schwammen Holzplanken und Plastiksäcke, Plastikflaschen, Plastikgeschirr, Plastikbecher, zerrissene Seile, einzelne Flipflops, Fetzen von Textilien, Zigarettenstumpen, Fässer und immer wieder alle Art von Plastikteilen. Die zartlila Quallen wirkten dazwischen wie mystische Fremdkörper.

Montag, April 03, 2017

Momente in Kairo

Warten I

Ich sitze am Hauptsitz einer grossen, beinahe hundertjährigen Bank. Seit zwei Stunden. Die riesigen Teppiche sind abgetreten und verschmutzt. Die Grünpflanzen stecken in vertrockneter Erde. Die Rollläden in den beiden Sitzungszimmern hängen schief, die Lamellen sind zerbrochen, liegen teilweise am Boden.

An mir gehen weibliche Angestellte vorbei. Jede trägt ein Päckchen Papiertücher in der Hand, manche noch eine Flasche flüssige Seife.

Sie gehen aufs Klo. Dort gibt es weder Seife noch Toilettenpapier noch Handtücher. Nur Wasser.
Ich weiss es, weil ich auch dort war. Aus den zwei wurden nämlich fünf Stunden, auf verschiedenen Stockwerken, in verschiedenen Abteilungen.

Und überall tragen die weiblichen Angestellten ein Päckchen Papiertücher vor sich her… Warum um alles in der Welt packen sie die nicht in die Handtasche, damit nicht jeder sieht, was sie vorhaben???

Warten II

Links und rechts von mir schieben sich Fahrzeuge vorbei. Ich steuere mein Auto auch vorwärts, versuche mit der Schieberei mitzuhalten. Schon seit über einer Stunde. Seit ich von der Ringstrasse runter bin.

Vor mir kriecht ein Fahrzeug mit schwarzen Scheiben und dem ägyptischen Wappen. Ein hohes Tier – das im Auto, nicht das auf dem Wappen. Die mag ich nicht – nicht die Wappen, sondern die verdunkelten Scheiben. Da sehe ich nicht, was davor passiert. Fussgänger quetschen sich zwischen den schiebenden Fahrzeugen durch, versuchen die Strasse heil zu überqueren. Eine ältere Frau in schwarzer Galabeya und schwarzem Niqab bedeutet resolut mit einer Handbewegung „Halt, lasst mich durch!“ Ich bewundere sie. Es funktioniert nämlich.

Zwischen den am Strassenrand parkierten Autos und der stehend-fahrend-schiebenden Dreier- oder Viererkolonne, die manchmal zu einer Zweierkolonne zusammengequetscht wird, schiebt ein junger Mann seelenruhig einen Behinderten im Rollstuhl. Mein Gott.

Eine ältere Frau mit leblosem oder bewegungslosem Kind – oder ist es eine Puppe? – bettelt jeden Fahrzeuglenker um Almosen. Mir wird elend ob all dem Elend.

Kellner tragen wagemutig Tablette mit Tee oder Kaffee von einer Strassenseite auf die andere, kunstvoll die Getränke balancierend, den Fahrzeugen ausweichend, Konfrontationen mit Fussgängern vermeidend. Ein Kunststück unter Lebensgefahr.

Warten III

Wieder ein Taxifahrer von Careem (einem Fahrdienst mit App, wie Uber). Er ist neu. Er kennt sich nicht aus. Mein Pech. Immer wieder guckt er im GPS auf die Adresse, die ich ihm angegeben habe. Viermal fragt er auf der Strasse: Polizisten, Fussgänger. Wir fahren mehrmals rund ums Quartier, an herrlichen neoklassizistischen Gebäuden vorbei. Das hätte ich auch gekonnt, dazu brauche ich kein Taxi. Nur hätte ich die Gebäude dann nicht bewundern können. Aber ich kenne sie ja schon, vom letzten Versuch mit diesem Taxidienst…


Sonntag, April 02, 2017

Geduld bringt Rosen

Ich liebe Sprichwörter! Irgendetwas Wahres haben sie alle. Das tröstet - im Nachhinein.

Seit beinahe einem Jahr habe ich versucht, für meinen Staubsauger ein kleines Ersatzteil zu erhalten: einen neuen Filter. Das Teil steht noch immer unter Garantie.

Ich hatte den Kundendienst in Kairo kontaktiert. Mehrmals. Denn die haben mich an verschiedene Orte geschickt, wo es alles Mögliche gab, nur sicher keinen Filter (Im Klartext: der Kundendienst weiss nicht, wer ihre Produkte in Hurghada vertritt). An einem Ort fand ich so etwas wie einen Elektroschrott-Sammler-Reparateur in einer Garage in einer Hintergasse hinter einer Tankstelle… Später fand ich zu einem älteren Herrn in einem pikobello aufgeräumten Lädelchen aus den Fünfziger Jahren – er verwies mich zu einem Syrer.

Da keimte Hoffnung in mir auf. Syrer haben den Ruf zuverlässig, fleissig und ehrlich zu sein. Da aber auch er mit der Herstellerfirma in Kairo hantieren musste, schloss sich der Kreis vorerst. Er vertröstete mich auf Ende Ramadan (letztes Jahr). Dann meinte er, es gehe noch ein oder zwei Wochen. Er werde mich anrufen.

Ich war es, der immer wieder anrief. Und vorbeiging. Irgendwann meinte er verzweifelt und schuldvoll, es gebe keine Filter, es werden keine produziert.

Huch! Was nun? Hoffnung aufgeben. Klebstreifen drüber und weiterstaubsaugen. Einfach nicht dran denken.

Irgendwann bot mir der Syrer an, ich soll den Staubsauger doch nochmals vorbeibringen, vielleicht könne er etwas tun. Das tat ich und wollte ihn nach ein paar Tagen wieder abholen.

Der sympathische Mann lächelte mich an und meine: in zwei Tagen kommen die Filter! Er werde mich anrufen.

Huch? Ich konnte es kaum glauben und glaubte es auch nicht. Nach ein paar weiteren Tagen rief ich an und er meinte, nein, es habe Verzögerungen gegeben, ein paar Täglein Geduld noch…

Letzten Donnerstag wollte ich mein Teil ohne den neuen Filter holen – doch der Syrer war nicht da. Na ja. Auf ein paar Tage oder Wochen kommt es jetzt auch nicht mehr drauf an.

Heute rief ich an und – welche grosse Überraschung! – er war da und die Filter auch. Ich fuhr sofort nach Dahar und holte meinen Staubsauger und einen neuen Filter und eine neue Klappe drüber… Er hatte eine ganze riesige Schachtel davon!

Elf Monate… Ein Musterstück von Kundenservice in Ägypten, von einer grossen, bekannten Firma.

Geduld bringt Rosen.

Und manchmal ein Ersatzteil aus Kairo.

Donnerstag, März 30, 2017

Rassismus und Fremdenhass

Ich möchte schon lange einen Artikel über dieses Thema schreiben. Nun fällt mir dieser Film der Deutschen Welle in die Hände:

 Link zum Film 

Zum Ansehen geeignet.



Genug. Im Moment.

Eine Französin hat mir mal gesagt, dass ihr Konsulat empfehle, wir Ausländer sollen alle 3 bis 4 Monate aus dem Land raus, um uns zu erholen. Finde ich gut.

Ich befolge das. Nur leider in längeren Abständen. Und jedes Mal, so ein bis zwei Wochen bevor ich wegfliege, drehe ich fast durch. Ich hab einfach genug:

Von den Idioten hinter den Lenkrädern, die alle Verkehrsteilnehmer behindern und gefährden.

Von den Taxis und Minibussen, die immer vor einer Abzweigung anhalten.

Von den hupenden und rufenden Taxifahrern.

Von den Stossdämpfer-beanspruchenden-Bodenwellen alle 500 m und den Löchern in den Strassen.

Von den Menschen, die immer mitten im WegEingangAusgangDurchgang stehen und lauthals telefonieren oder einfach ins Nirgendwo gucken.

Von den Leuten, die bei grösstem Verkehr todesmutig über die Strasse hetzen.

Von den Fussgängern, die auf der Fahrbahn gehen, statt auf dem Gehsteig – auch wenn der ausnahmsweise nicht zerlöchert, verschüttet, zerbrochen, mit parkierten Autos, umgekippten Lampenmasten, Mauerziegeln oder Sandhaufen verstellt ist.

Von den Kerlen, die einem ungewollt und ungefragt das Auto „putzen“ (sprich: verschmieren und verkratzen) und dafür ein paar Batzen erwarten.

Von den Typen beiderlei Geschlechts, für die Pünktlichkeit nicht existiert, dafür aber Termine verschieben und dann doch nicht auftauchen.

Von den ausreisewilligen Jünglingen mit schwangerer FreundinFrauPartnerin, die innert zwei Monaten Deutsch lernen und nichts dafür bezahlen möchten.

Von den Unzulänglichkeiten und verlorenen Wartestunden bei Behörden, Banken, Anwälten und anderen „Institutionen“.

Von den hirnlosen, blind befolgten Regeln, die keiner hinterfragt. Scheinbar nur ich und darüber verzweifle.

Von den vergeblichen Einkaufsgängen, um frische Milch, Kaffee, Joghurt oder weiss der Kuckuck was zu kaufen. Gibt’s grad nicht – morgen, so Gott will. Gott will nicht immer, habe ich gelernt.

Genug. Im Moment.

Und dann: unter blauem Himmel eine Stunde im lieblichen Frühlings-Wind über die Wellen surfen... Und alles ist vergessen… 💓


Ich flieg aber trotzdem. 

Dienstag, März 21, 2017

Schatztruhe voll Naturprodukten

Obwohl ich doch schon ein paar Jahre hier lebe, entdecke ich immer wieder etwas Neues. Das kommt einerseits daher, da ich lieber in der Natur draussen bin und mich bewege, als in Discos oder Bars herum hocke, und andererseits, da ich überhaupt nicht gerne einkaufe.

Mir hilft also nur der Zufall oder, wie hier geschehen, das Warten. Ich musste nämlich warten, bis die Angestellten eines Computer-Geschäftes vom Beten zurückkamen. Gute Gelegenheit für mich, ziellos durch die unansehnlichen Seitengassen zwischen Sherry- und Paschastrasse im Zentrum Hurghadas zu schlendern. Unansehnlich, weil die Strassen voller Abfall, ungepflegt und ungeteert sind. Die Männer (nie die Frauen!) hocken vor ihren Geschäften und Buden, vor den Cafés und Wohnhäusern, gaffen jeden Vorbeigehenden, jeden Vorbeifahrenden an und stieren in ihre Mobiltelefone, schwatzen, streiten oder warten auf den Umsatz des Lebens. Keinem käme es mal in den Sinn, den Unrat aufzuheben, zu sammeln und wegzutragen. In den Kopf wird mir das wohl nie und nimmer gehen. Andere Mentalität, andere Festplatte im Hirn.

Erwartungslos weitergehend fallen mir grosse Säcke mit Naturprodukten vor einem Laden auf. Mein Interesse wird wach und ich nähere mich dem kleinen, unscheinbaren Geschäft: Von unten bis oben ist es mit Naturprodukten vollgestopft. Zögernd trete ich ein, stehe drin und staune über prallvolle Regale mit Naturölen für sämtliche Zipperlein, die sich Mann und Frau vorstellen können, Naturseifen und -crèmes, Nüssen und Räucherstäbchen, Salzkristallen von den Salinen in Alexandria, Henna und Kaffeebohnen, Kardamom und Zimt, kalt gepresstem Olivenöl aus Ägypten, Libyen und Syrien, Bienenhonig, Rosenblätter und Rosmarin. Und noch vieles mehr, das ich bei meinen folgenden Besuchen entdecke, erstehe und verwende. Olivenöl und Honig kaufe ich hier – oder in der 50 m weiter gelegenen Kirche. Ja, richtig: in der Kirche.

Der Naturladen gehört Peter, einem jungen Kopten. Er lässt mich ungestört gucken, beantwortet geduldig meine Fragen, während er einen der Plastik-Behälter mit Kernen aussortiert und reinigt. Er entschuldigt sich für die Unordnung – zu wenig Platz, zu viel Ware… Macht nichts, mir gefällt das. Lieber eine solche Wundertüte von einem Laden, als die durchgestylten Boutiquen und die überall gleich aussehenden Supermärkte. Peter bietet seine Waren auch in Hotels an, doch die Touristen kaufen wenig. Und hierher, mitten in den Hinterhof der Sheraton Strasse, verirrt sich kein Tourist. Die getrauen sich nicht hierher.

Schade, denn ein Besuch lohnt sich: Tees, Salben und Öle aus einheimischen Produkten helfen der Gesundheit und den lokalen Herstellern. Und günstiger als die Pharmacocktails sind sie allemal. Olivenöl und Honig schmecken erstklassig. Die Rosenblätter verbreiten einen betörenden Duft und eignen sich als Tee zur Beruhigung…

Wer suchen mag: über dem Eingang thront ein grünes Schild mit der Aufschrift „Back to nature – nature treasures - organic“, zwischen Kirche und Sherry Strasse…


Öle

Traubenkern-, Weizenkeim-, Sesamöl und...

Gewürze und Tees

Essige, Öle, Honige und ...

Seifen