Dienstag, September 24, 2013

Seltsame Begegnung

Da steht dieser Mann in einer hellgrauen Gallabya. Neun Uhr früh. Er drückt sein Handy ans Ohr, geht drei Schritte vor, drei zurück, dreht sich im Kreis. Die Türe des Autos steht offen.
Vor dem Krankenhaus „El Hayat“ (Das Leben)… kann also vorkommen.

Der Mann erblickt mich, winkt mich zu sich. Sein Gesicht ist bleich, aufgedunsen, seine Augen scheinen geschwollen. Entgegen meinem üblichen Reflex zögere ich nicht, fahre zu ihm heran, halte an und ziehe den Stecker aus dem Ohr (da war Musik drin). Ich: eine Ausländerin, weiblich, mit Helm, in Radklamotten und auf einem orangefarbenen Rennrad. Das ist seltsam, alles zusammen.

Ich blicke ihn an, warte darauf, dass er seinen Redeschwall unterbricht. „Wissen Sie, wo das Krankenhaus El Hayat ist?“ fragt er mich auf Arabisch, mich, die Ausländerin in Radklamotten. Wie kann er denn nur erwarten, dass ich ihn verstehe? Zögernd antworte ich „Heya di!“ – hier ist es! – und schaue mir die Schriftzeichen in Arabisch und Lateinisch an: unverkennbar, klar und silbern bezeichnen sie das Krankenhaus. Ich will sagen, Sie stehen doch davor! – aber ich lasse es, denn der Mann ist verwirrt oder krank oder verzweifelt oder unter Schock oder…. oder… vielleicht kann er nicht lesen? Bevor er wieder seinen Redeschwall ins Gerät fortsetzt, wünsche ich ihm alles Gute. Zu wenig vielleicht, um ihm beizustehen, oder schon zu viel, denn er nimmt es nicht mehr wahr…

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