Da steht dieser Mann in einer hellgrauen Gallabya. Neun Uhr
früh. Er drückt sein Handy ans Ohr, geht drei Schritte vor, drei zurück, dreht
sich im Kreis. Die Türe des Autos steht offen.
Vor dem Krankenhaus „El Hayat“ (Das Leben)… kann also
vorkommen.
Der Mann erblickt mich, winkt mich zu sich. Sein Gesicht ist
bleich, aufgedunsen, seine Augen scheinen geschwollen. Entgegen meinem üblichen
Reflex zögere ich nicht, fahre zu ihm heran, halte an und ziehe den Stecker aus
dem Ohr (da war Musik drin). Ich: eine Ausländerin, weiblich, mit Helm, in Radklamotten
und auf einem orangefarbenen Rennrad. Das ist seltsam, alles zusammen.
Ich blicke ihn an, warte darauf, dass er seinen Redeschwall
unterbricht. „Wissen Sie, wo das Krankenhaus El Hayat ist?“ fragt er mich auf
Arabisch, mich, die Ausländerin in Radklamotten. Wie kann er denn nur erwarten,
dass ich ihn verstehe? Zögernd antworte ich „Heya di!“ – hier ist es! – und schaue
mir die Schriftzeichen in Arabisch und Lateinisch an: unverkennbar, klar und
silbern bezeichnen sie das Krankenhaus. Ich will sagen, Sie stehen doch davor! –
aber ich lasse es, denn der Mann ist verwirrt oder krank oder verzweifelt oder
unter Schock oder…. oder… vielleicht kann er nicht lesen? Bevor er wieder seinen
Redeschwall ins Gerät fortsetzt, wünsche ich ihm alles Gute. Zu wenig
vielleicht, um ihm beizustehen, oder schon zu viel, denn er nimmt es nicht mehr
wahr…
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