Samstag, Oktober 19, 2013

El Minya – eine Provinz in Angst

In Mittelägypten leben viele Christen (Kopten und Anglikaner); ihr Bevölkerungsanteil liegt gemäss Schätzungen bei 35 %. Schon lange werden sie von Islamisten drangsaliert und eingeschüchtert. Besonders nach dem Freitagsgebet ziehen die Islamisten durch El Minyas Strassen, skandieren Drohungen und beschmieren Hauswände, Kirchenmauern und –türen mit christenfeindlichen Parolen. Ab 19 Uhr wagen sich Christen und auch viele Muslime nicht mehr aus dem Haus.


Während den Racheakten auf die Absetzung Morsis in den Monaten August und September haben sie landesweit dutzende von Kirchen angezündet und zerstört. Wohnungen, Häuser und Geschäfte von Christen wurden gebrandschatzt. Das reich bestückte Nationalmuseum in Mallawi wurde geplündert; was die Räuber nicht mitnehmen konnten, haben sie zertrümmert. Die Region ist archäologisch und geschichtlich von grosser Bedeutung – doch der Touristenstrom geht an ihr vorbei.

Kein Wunder. Die Polizei unternimmt sehr wenig, um die Christen vor den Pogromen zu schützen, oder unterstützt sie sogar.

Einer meiner Studenten, M.A., kommt aus El Minya. Er war zwei Wochen auf „Zwangsurlaub“ in seiner Heimat und als er zurückkam, hat er mir Bilder von dort gezeigt und erzählt:

„Meine ehemalige Schule und das Waisenhaus liegen in Schutt und Asche, nur die verkohlten Aussenmauern stehen noch. Als ich noch in El Minya lebte, habe ich mich um die Waisenkinder gekümmert. Wo sie jetzt sind? Ich weiss es nicht… irgendwo… überall verstreut.“

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„Die Islamisten haben christlichen Familien gedroht: entweder bezahlten sie Schutzgeld oder sie würden verjagt oder umgebracht. Jenen, die das Schutzgeld bezahlten, haben die Islamisten ein Metallschild auf die Haustüre genagelt – klar sichtbar.“

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„Einer meiner Freunde, ein Familienvater und Besitzer einer Apotheke, wurde auf einer Überlandstrasse gekidnappt: ein Auto hat ihm aus einem Seitenweg fahrend den Weg abgeschnitten. Fliehen war sinnlos, ein Gewehr wurde ihm auf die Brust gesetzt. Die Kidnapper verlangten ein Lösegeld von 300‘000 Pfund (ca. 30‘000 Euro). Die Angehörigen wandten sich an die Polizei und baten um Hilfe. Die Polizei meinte jedoch, sie könne nichts tun, die Familie solle das Lösegeld bezahlen. Verwandte und Bekannte trieben das Geld auf.

Niemand war aber bereit, den Kidnappern das Lösegeld zu übergeben und den Familienvater zu erlösen. Alle hatten Angst, ebenfalls entführt zu werden. Ein junger Mann von 21 Jahren bot sich in der Diskussion mit Familienangehörigen, Dorfbewohnern und dem Priester an, das Risiko auf sich zu nehmen. Ob er denn keine Angst hätte, fragten sie ihn. Er erwiderte, dass sein Leben in Gottes Händen liege und er deshalb keine Angst hätte.

Er fuhr mit dem Auto zum vereinbarten Ort und übergab das Lösegeld. Doch den gekidnappten Mann sah er nicht. Es hiess, er würde ihn antreffen, wenn er da und da hinfahren würde. Das machte er und mitten auf einem Feldweg fand er den Gesuchten.

Als ich den Mann später anrief, antwortete er überglücklich und erleichtert: Gott sei Dank, Gott sei Dank, Gott sei Dank bin ich am Leben und wieder bei meiner Familie. Alles andere ist unwichtig.“

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Eine der Städte El Minyas, Delga, wurde im September in einem Grosseinsatz von Polizei und Militär von den schwer bewaffneten Islamisten gesäubert. Andere Städte und Dörfer leben weiter mit den Drohungen, Verleumdungen, Angriffen und Schikanen.

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„Meine Mutter wollte mich nach sieben Uhr abends nicht mehr auf die Strasse gehen lassen! Aber ich bin doch kein Kind! Ich kann doch nicht so eingesperrt leben! Ich bin so froh, bin ich wieder in Hurghada, auch wenn ich kaum etwas verdiene. Aber hier ist es verglichen mit meiner Heimat wie im Paradies!“

M.A. rief mich mehrmals während seinem Aufenthalt an, er wollte mich dorthin einladen. Es gibt dort ein neues Viersternehotel. Ich hoffe, ich habe noch die Gelegenheit, diese geschichtsträchtige Region zu besuchen.

Hier die Bilder von M.A.:

Waisenhaus

Konsumgüter Komplex

El-Amir Tadros Kirche

verbranntes Auto nahe der Kirche

verbranntes Auto nahe der Kirche

Waisenhaus

 (Die inländischen Medien haben zur zögerlich über die Anschläge von August und September berichtet; völlig geschwiegen haben lange Zeit die westlichen Medien.)

Ergänzung:
M.A. hat mir einen Video und ein Bild der betroffenen Person, Dr. Hany Mona, mit der Bemerkung geschickt, die Welt solle erfahren, was hier geschieht. Der Video ist leider nur in Arabisch:

http://www.youtube.com/watch?v=Ie3KJHlVOHo&feature=youtu.be


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