Donnerstag, Mai 25, 2017

Melonen-Wächter

Da und dort türmen sich am Strassendrand riesige grüne Wassermelonen. Sorgfältig aufgestapelt auf parkierten Pickups oder auf dem mit einer Decke belegten Sand. Manch ein Verkäufer hat eine der schweren Früchte aufgeschnitten: das Rot des Fruchtfleisches leuchtet in der Morgensonne und lockt Kunden an. Für sie ist es bequem, ihr Fahrzeug schnell am Strassenrand anzuhalten und diesen herrlichen Durstlöscher zu erstehen.

Tagsüber stellen die Verkäufer Sonnenschirme auf oder spannen ein Tuch über Ware und sich. Nachts sitzen und liegen sie in Decken gehüllt neben der Melonen-Pyramide.

Als ich früh morgens wegen bürokratischem Papierkram in den anderen Stadtteil fahren muss, gleiten die grünen Kugelberge an mir vorbei. Manch ein früher Kunde lässt sich schon eine Melone aufschlitzen und in eine Plastiktasche geben.

Jäh fällt mein Blick auf einen verwaisten Melonen-Stand. Tatsächlich niemand da? Das kann nicht sein! Fast bin ich vorbei, als ich eine Wolldecke am Boden erhasche, deren unregelmässige Form verrät, dass da einer schläft. Ich erhasche das Gesicht, erahne den kleinen Körper, der da friedlich im Sand, am Strassenrand, im Schatten der Melonen schläft.


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