Sonntag, Juni 19, 2022

Ich hab’s getan - eine Wohnung gekauft (Teil II einer langen Fortsetzungserzählung)

Hier die Fortsetzung zu meiner Erfahrung als (zukünftige) Wohnungsbesitzerin.

Also, mit der Geldüberweisung eilte es sehr. Dabei hätte es ja so einfach sein können: Eine Überweisung von meiner Bank in Europa an jene der Verkäuferin in Europa. Minimale Spesen, erledigt innerhalb eines Tages.

Doch sie wollte das Geld in bar.

Jemanden bitten, einen fünfstelligen Betrag mitzubringen, stand für mich ausser Frage. Nicht, dass es da keine Person gäbe, der ich vertrauen würde. Eher möchte ich niemanden in eine heikle Situation bringen. Zudem hatte auch niemand in meinem näheren Bekanntenkreis eine Reise unter den bestehenden Reisebeschränkungen (Covid!) geplant.

Als ehemalige Angestellte im Finanzsektor wollte ich mich über die zu erwartenden Kosten informieren. Die Auskunft meiner Bank in Europa: ihrerseits keine, sofern es eine Überweisung per IBAN sei. Was die Korrespondenzbank berechne, könne man nicht voraussagen.

Tja, wer dann? Niemand, hiess die Antwort. Das fand ich ehrlich gesagt ungeheuerlich und völlig unglaubwürdig. Meine dortige Bank ist eine sehr renommierte Bank und sollte eigentlich besser Auskunft geben können.

Dann ging ich zur hiesigen Bank. Mein erster Ansprechpartner behauptete stur und fest, die Überweisung würde lediglich € 3.00 kosten, egal wie hoch der Betrag wäre. Das wagte ich doch ernsthaft zu bezweifeln. Ich machte nochmal klar, dass es um eine Überweisung von Euro auf mein Eurokonto gehe.

Der junge Mann telefonierte dahin und dorthin und wiederholte seine Aussage so lange, bis ich ihn bat, mir doch eine kompetente Person zuzuweisen. Erleichtert wies er mich an, in den oberen Stock zu gehen. Dort hatte ich schon bei der Kontoeröffnung zwei Stunden verbracht; immerhin erhielt ich klare Auskunft.

Danach fragte ich nach der Höhe des Agio. Schliesslich wollte ich hier im Ausland Devisen in bar abheben. Bei uns kostet mich das jedes Mal ein halbes Prozent. Hier in Ägypten hingegen nicht. Ich sollte den Betrag nur vorher bestellen. Das erstaunte mich. Um all die Auskünfte zu erhalten, hatte ich gut zwei Stunden auf der Bank verbracht. Aber immerhin wusste ich jetzt Bescheid.

Mit grossem Bammel und Herzklopfen tätigte ich am Folgetag die Überweisung. Sowas mache ich halt schon nicht grad jeden Tag. Es war ein enormer Schritt für mich und forderte mich. Der innere Druck drohte mich beinah zu zerquetschen.

Wenige Stunden später war der Betrag schon auf meinem hiesigen Konto gutgeschrieben, abzüglich fremde Spesen (diejenigen der Korrespondenzbank) und jenen der hiesigen Bank. Meine Bank in Europa kassierte später noch Umsatzkommission – das hatten sie mir natürlich nicht explizit gesagt.  Alle Spesen zusammen beliefen sich auf etwas mehr als ein halbes Prozent.

Wenige Tage später wollte ich das Geld abheben, um es sicher in Händen zu halten und damit die Verkäuferin ihren Flug buchen konnte.

Aber: Die wollten mir das Geld nicht geben! Ich hatte es doch bestellt!

Ja, hatte ich.

Aber niemand hatte mich darüber informiert, dass der Betrag erst nach fünf Tagen frei gegeben würde, oder das Konto erst nach fünf Tagen aktiviert würde, das weiss ich jetzt nicht mehr so genau. Ich fiel vor Schreck nämlich fast in Ohnmacht.

Wieder führte mich der Gang in den oberen Stock. Dann wieder runter, hinein in ein Kabäuschen, wo der Chef der Schalterangestellten einer Dame vor mir immer wieder dasselbe sagte. Die wollte Geld abheben, hatte aber alles in Kassenobligationen angelegt. Diskretion gibt es hier nicht. Wenn ich da an meine Zeit in der Bank denke, stehen mir grad die Haare zu berge.

Jedenfalls konnte ich nach weiteren zwei Stunden rumsitzen und Gespräche mitlauschen den Geldbetrag in bar entgegennehmen und durfte ihn sogar in einer Ecke unbeobachtet nachzählen.

Genau zwei Wochen nachdem ich die Anzahlung geleistet hatte, sollte ich die Restzahlung leisten. Das hiess also: Übergabe von Dokumenten, Geld und Schlüsseln und natürlich der Wohnung. Alles war bereit: das Geld, mein Ausweis, der Anwalt, der Makler und scheinbar auch die Verkäuferin. Eine schlaflose Nacht lag hinter mir und ich war mies beieinander. Zehn Minuten bevor ich aus dem Haus gehen sollte, konnte ich mich kaum rühren. Der Hexenschuss war noch nicht verheilt, jetzt kam noch eine schmerzhafte Nackenstarre dazu.

Wie es dann weiterging, erzähle ich das nächste Mal…

 

 


6 Kommentare:

  1. Ich glaube,die vielen Erfahrungen würden gut in ein Buch -Mein Leben in Ägypten - passen 😉 liest sich gut !

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  2. dieser schritt Deinerseits ist doch a bissl überraschend, ist es investition oder aufenthaltssicherung - wenn ich fragen/wissen darf... ;)
    da ich 4 mal in Hu. urlaub gemacht habe, finde ich Dein blog als eine art fernweh-erinnerung, danke Dir!
    eine frage noch dazu, aegypten war doch mal bekannt für leinen-kleidung - stimmts?
    was tragen denn heute die leut dort, wenns über 40grad ist - baumwolle füllt sich doch dann wie ein plastiksack an (imho!) ?
    cu
    gregory

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  3. Der Grund ist die momentane Situation weltweit.

    Also die Leute hier tragen das, was überall getragen wird :) - Marke Einheitsbrei.
    Ich lass mir Kleider und Röcke aus Baumwolle und Leinen nähen - das ist fein luftig und hat nicht viel mit einem Plastiksack zu tun :)

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  4. wird leinen überhaupt noch in ägypten hergestellt?
    grus
    gregory

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