Montag, September 12, 2011

9/11 Gedenkfeiern und Bomben

Die ganze Welt gedenkt der Ereignisse, welche die westliche Welt am 11. September 2001 erschüttert hat.

Gleichzeitig bombardiert die westliche Welt im Namen der NATO ein arabisches Land: Libyen. Beide Schlagzeilen am gleichen Tag.

Man muss sich das mal aus Sicht der arabischen Welt überlegen…

Samstag, September 10, 2011

Notstandsrecht wieder in Kraft gesetzt

Letzte Woche versprach der Oberste Armeerat, dass das seit dreissig Jahren geltende Notstandsgesetz noch vor den Parlamentswahlen ausser Kraft gesetzt werde. Die Abschaffung dieses Notstandsgesetz war eine zentrale Forderung der Demonstranten.

Heute wurde es aufgrund der Vorkommnisse der vergangenen Nacht wieder voll aktiviert. Ob der Oberste Armeerat damit das Land und die Sicherheit wieder in den Griff bekommt?
Adieu Demokratie, adieu Menschenrechte, adieu Revolution!

Israelische Botschaft gestürmt

Israelische Botschaft in Kairo gestürmt – das ist die erste Nachricht, die ich heute Morgen gelesen habe. Zuerst dachte ich: das auch noch? Fällt denen nicht noch Dümmeres ein?

Seit Monaten jagt eine Schreckensmeldung die andere in diesem Land. Die Ereignisse der vergangenen Woche sind ein Spiegelbild:

  • Landesweit streiken die Postangestellten seit Tagen; d.h. viele Leute kommen nicht zu Bargeld, Unternehmen sind blockiert
  • Fussballfans trugen Schlägereien mit der Polizei aus und neuerdings mischen sie sich auch unter die Demonstranten
  • Islamisten wollen Bikinis und Alkohol in Ägypten verbieten – Tourismus adieu
  • Einzelreisende Touristen sollen künftig ihr Visa bei der ägyptischen Botschaft in ihrem Land vor ihrer Ankunft in Ägypten besorgen, anstatt wie bisher üblich, bei der Einreise am Flughafen
  • An der Gerichtsverhandlung über Ex-Präsident Mubarak, seine Söhne, sowie den ehem. Innenminister El Adly und Gehilfen brechen regelmässig Tumulte aus: Anwälte schreien einander an und gehen aufeinander los, Familienangehörige der bei den Aufständen Umgekommenen tun es ihnen gleich; der Richter muss die Anhörungen wegen den Tumulten immer wieder unterbrechen; vor der Polizeiakademie – wo die Gerichtsverhandlungen stattfinden – liefern sich Mubarak-Gegner und –Befürworter blutige Schlägereien.
  • Jeden Freitag – seit sieben Monaten! - finden Demonstrationen auf dem Kairoer Tahrir-Platz statt, gestern von weiteren Städten des Landes unterstützt

Wenn sich Anwälte vor dem Richter unzivilisiert benehmen, wie muss es denn erst in der Seele, im Kopf der Menschen der Mittel- und Unterschicht aussehen? Blanker Wut, Zorn, Hass, Frust – nichts anderes.

Ist das der Grund, weshalb nun die Israelische Botschaft gestürmt worden ist? Wie ist es möglich, dass eine Botschaft von seinem Gastland nicht besser geschützt wird? Insbesondere nach den kürzlichen Grenzkonflikten, wo „versehentlich“ ägyptische Grenzwächter erschossen wurden?  Oder liegt da vielleicht sogar Berechnung dahinter? Gibt es eine Gruppierung, die Interesse hat, noch mehr Unstabilität und Konflikte zu säen? Der Nahe Osten ist in einem Umbruch… Was aber, wenn der Friedensvertrag mit Israel zerbricht und sich Israel plötzlich „alleine“ inmitten von „Arabern“ wiederfindet? Was kommt da noch alles auf uns zu?

Was zuerst wie eine stürmische, aber beherrschbare Welle aussah, entwickelt sich allmählich zu einem ausgereiften Tsunami: die gewaltigen Wellen, die von allen Seiten (auch von innen) auf Ägypten hereinbrechen sind auf dem besten Weg, alles Bisherige zu zerstören.




Donnerstag, September 01, 2011

Festtage in Hurghada

Feste sind ja an und für sich etwas Schönes. Und an und für sich freue ich mich für andere Menschen wenn sie etwas zu feiern haben.

Gibt es aber in Ägypten grössere Feiertage, wie jetzt nach dem Ramadan, dann bereite ich mich auf Unannehmlichkeiten vor. Warum? Hurghada wird von den „besseren“ Ägyptern aus Kairo und Alexandria und wer weiss woher überflutet, die es sich leisten können, hier ein paar Tage Ferien zu machen. Das sieht beim diesjährigen Eid Al-Fitr aus meiner Sicht so aus:


Frühmorgens auf dem Rennrad fährt plötzlich ein Auto langsam neben mir her, ich reagiere zuerst nicht, wende meinen Blick dann doch zur Seite und Klick! werde ich von einem soeben der Pubertät entschlüpften Ägypter abgelichtet. Das Auto ist voller solcher Typen. Nach gelungener Aufnahme grinsen sie und geben Gas. Bin ich inzwischen eine Sehenswürdigkeit geworden?

Normalerweise vermeide ich einen Aufenthalt an einem der Feiertage im Stadtzentrum wohlweislich, aber immer lässt sich das nicht vermeiden. Ich warte da also gegen Mittag am Strassenrand auf einen Bus. Einer dieser Bonzenkarren fährt langsam heran, bleibt vor mir stehen, die Insassen (siehe oben) Starren mich an, als ob sie noch nie eine anständig angezogene Europäerin gesehen hätten.

Abends warte ich am Strassenrand, dunkel ist es schon (das wird’s momentan um sieben Uhr). Ein Auto dreht schon von weitem das Volllicht auf, fährt ganz langsam heran, blinkt, als ob es ein Taxi wäre, immer mit Volllicht, damit ich ja nichts sehe. Die Insassen (diesmal älter und fett) begutachten mich und geben dann Gas. Bin ich eine Prostituierte? Als endlich ein Bus kommt, rufe ich voller Erleichterung dem Fahrer ein „Alhamdu‘lillah“ (Gott sei Dank) durchs Fenster.

Mein Telefon läutet, voller Hoffnung auf einen Sprachinteressenten nehme ich ab. Ein Mann stellt sich halb Arabisch, halb Englisch mit seinem Namen als Doktor vor, er sei sechzig. Ich verstehe ihn nicht ganz und frage nach, ob er denn Englisch lernen wolle. Nein, antwortet er, eigentlich nicht direkt. Er wolle mich heiraten!

Liebe Ägypter: nicht alle Europäerinnen sind käuflich und nicht jede will unbedingt einen von Euch! Wann kapiert Ihr das?

Zum Glück gehen auch in Ägypten Feiertage einmal zu Ende. Übrig bleibt mir die Frage, ob ich denn nun lieber die kurzzeitigen Belästigungen der Wohlhabenden oder lieber die regelmässige Anmache der Arbeiter und Bauern bevorzuge ;-) …

Samstag, August 27, 2011

Muslimbrüder eröffnen Bildungszentren

So lautete gestern eine Nachricht auf dem online Portal von Youm7.

Ägyptische Haushalte geben im Durchschnitt ein Drittel ihrer Ausgaben im Bereich Bildung für Privatstunden und ein weiteres Drittel für Nachhilfeunterricht aus. Zusammen mit den Ausgaben für Transport kommen somit 80% der Ausgaben für Leistungen zusammen, die eigentlich schon vom Staat gedeckt sind. Man mag daraus seine Schlüsse ziehen.

Umso cleverer sehe ich den Schachzug von den Muslimbrüdern, in allen Gouvernements ihre eigenen Bildungszentren einzurichten: die minderbemittelten Familien werden finanziell entlastet und nehmen das Angebot dankbar an. Gleichzeitig können die Muslimbrüder ihre Philosophie unter einem sozialen Deckmäntelchen weiter verbreiten.

Neue Strassenschilder

Neue Strassenschilder! Ich habe gestern früh nicht schlecht gestaunt, als ein Kran mitten in der Strasse stand. Die zweispurige Fahrbahn war gesperrt, eine Umleitung war nicht angezeigt. Mit dem Rennvelo war das kein Problem. Auswärtige Autofahrer blieben aber zuerst irritiert stehen, fuhren dann über den Mittelstreifen auf die entgegengesetzte Fahrbahn und von dort wieder korrekt in den Kreisel. Beweis: es geht auch ohne Umleitung.


alt und neu in Eintracht



Ehrlich gesagt wünsche ich mir, dass weitere Umstände erneuert würden, als bloss Strassenschilder – auch wenn die richtig professionell und grossstädtisch aussehen.

Samstag, August 20, 2011

Bumerang

Was sich da in den vergangenen zwei Tagen auf dem Sinai zwischen Ägypten und Israel abgespielt hat, erinnert mich – ohne die Tragweite der Ereignisse verniedlichen zu wollen - an einen Bumerang.

Wer auch immer auf die ägyptischen Grenzwächter geschossen hat (Israel oder Terroristen) – das Problem hat Ägypten. Die lasche Sicherheitslage im ganzen Land, besonders auf dem Sinai lädt Terroristen und Verbrecher ja geradezu ein, sich da niederzulassen und ihren Geschäften nachzugehen! Die Spatzen haben es schon seit Monaten von den Dächern gepfiffen, dass sich im Sinai Terroristen, Al-Qaida-Ableger und „gewöhnliche“ Verbrecher aufhalten. Die dortigen Beduinen sind dem ägyptischen Staat auch nicht besonders freundlich gesinnt, denn sie wurden von diesem völlig vernachlässigt. Es gibt kaum Infrastruktur, keine Industrie, nur ein paar wenige Arbeitsplätze im Tauchtourismus. Hat der Sinai Ägypten nur als Bollwerk gedient?

Jetzt rächt sich die Vernachlässigung des Sinais mehrfach: der Friedensvertrag steht auf dem Spiel, was die westliche politische Welt wachgerüttelt hat. Ägypten muss sich nun zu all seinen riesigen Problemen um diesen wackeligen Frieden kümmern. Und gleichzeitig endlich dazu stehen, dass die Sicherheit im Land schwer gefährdet ist und ernsthafte Bemühungen unternehmen, diese wieder herzustellen.

Das ägyptische Volk ist nie hinter diesem Frieden mit Israel gestanden – wegen den Palästinensern – und hat nun einen guten Grund, erneut gegen Israel zu protestieren, was es unüberhörbar tut. Ägypten hat selbst Feuer ins Öl gegossen!

Ägypten, jetzt brennt es an vielen Stellen! Beeil Dich, sonst schlägt der Bumerang zurück!