Dienstag, April 19, 2011

Kairo im April 2011

Mein Blog hatte Pause. Meine Eltern waren zu Besuch hier und ich habe ihnen meine Zeit gewidmet. Wir flogen unter anderem nach Kairo.

Es war heiss in Kairo. Die Luftverschmutzung war so dick, dass am Freitagmorgen – als die Strassen noch relativ leer waren – dicker Smog wie Nebel zwischen den Hochhäusern und über dem Nil klebte. Es war windstill – für eine Mega-City wie Kairo die absolute Katastrophe. Atmen war spätestens nach einer Stunde ziemlich unangenehm.

Und Kairo ist nicht ungefährlich. Immer wieder wird mir durch die Um- und Zustände bewusst gemacht, dass Ägypten in einem Vakuum steckt, in einer rechtlichen Ausnahmesituation. Quasi Wilder Westen im Nahen Osten. Keine Regierung, die diesen Namen auch verdient, zu wenig Polizei und folglich wenig Recht und Ordnung.

Kurz vor den Pyramiden sprang uns ein junger Kerl in einem giftgrünen T-Shirt vors Auto. Der Taxifahrer reagierte geschickt und wich aus – doch da stand schon der zweite Kerl im Weg. Der dritte sprang auf den Kofferraum. Somit musste unser Taxifahrer anhalten. In einer blitzschnellen Reaktion hatte er die Zentralverriegelung aktiviert. Er öffnete das Fenster 10 cm – genug, um einen der wilden Kerle den Arm durchstrecken zu lassen. Ich fürchtete um den Taxifahrer – nicht um mich bzw. um meine Eltern!!! Die Kerle wollten Geld erpressen. Der Taxifahrer redete auf sie ein und fuhr dann die letzten Meter hinauf zum Eingang. Polizei war da – ich weiss aber nicht, was sie taten… sassen herum wie immer. Die seltsamen Typen haben sie jedenfalls weder angehalten noch zur Rede gestellt. Der Taxifahrer wandte sich an ein paar Polizisten… Wir stiegen aus und überliessen den Taxifahrer seinem Schicksal.

Weitere lästige Typen empfingen uns, fragten, ob wir mit dem Taxi zu den Pyramiden wollten, zeigten uns das Ticket Büro (als ob wir blind wären), boten einen Kamelritt an (als ob wir keine Beine hätten), boten sich als Guide in allen möglichen Sprachen an. Widerlich. Von dieser Anmache habe ich allmählich die Nase so voll, dass ich all diese Typen am liebsten mit einem Kinnhaken im Nil versenken würde!

Ich erstand drei Tickets, wenige Minuten vor 16 Uhr. Fünf Minuten und wenige Schritte später hiess es, das Gelände sei geschlossen. Ich erwiderte, dass mir gesagt worden sei, der letzte Eintritt sei um 16 Uhr, das Gelände bis 18 Uhr offen. Nein, es sei geschlossen. Ich wurde wütend. Ich wurde zornig. Ich war kurz davor zu explodieren. Diese Unverschämtheit! Diese Abzocke! Diese unsägliche Frechheit! Wären meine Eltern nicht dabei gewesen, ich hätte mich wohl nicht mehr beherrschen können… Ich wäre wie eine Furie ins Büro hinunter gestürmt und hätte mein Geld zurück gefordert.

Ein Polizeioffizier bemerkte uns und versuchte höflich zu erklären, dass… Es war mir egal. Ich hielt ihm diese Frechheit in meinem schlechten Arabisch vor und er entschuldigte sich für die Kerle im Ticket-Office. Um mich zu besänftigen und die gute Seite der Ägypter zu zeigen bot er an, uns ein paar Sachen zu zeigen. Er führte uns eine gute halbe Stunde herum, erklärte dies und jenes, fragte alle paar Meter, ob er ein Foto von uns machen solle und ob ich nun glücklicher sei. Hinter ihm verschwanden die lästigen Kamelführer und Verkäufer und eine Handvoll einfacher Polizisten hielt höflich Distanz. Nett gemeinte Geste – aber ich konnte mich kaum beruhigen. Ausserdem befürchtete ich, dass er nur auf Trinkgeld aus wäre.

Dem war aber zu meiner Überraschung nicht so. Er zeigte uns den Weg über den Hügel zur Sphinx hinüber und verabschiedete sich höflich. Am meisten erfreute mich… sein umwerfendes Aussehen! Das war ein Bild von einem Mann! Oh Mann oh Mann!

Er entliess uns und wir fielen in die Hände der untersten Sorte von Händlern. Als sie kapiert hatten, dass wir kein Interesse an ihren putzigen Pyramidchen und Sphinxchen made in China hatten, stritten sie miteinander und droschen gegenseitig auf sich ein…

Eines ist ganz sicher: so kommen die Touristen bestimmt nicht mehr in Scharen zu den historischen Städten Ägyptens zurück! Allen Werbekampagnen zum Trotz!

Kein Nachteil ist zu gross, um nicht auch Vorteile zu haben. So auch hier. Das ägyptische Museum war fast leer, wir konnten in Ruhe die wunderschönen Schätze der Pharaonen betrachten. Im Khan El Khalili sind bloss Ägypter und nur vereinzelt Europäer und Japaner zu sehen. Es tat wohl, nicht im Gedränge herum zu schlendern, sondern sich nach Lust und Laune treiben zu lassen.

Die Freitags-Demonstration war abgesagt worden, weil der Oberste Armeerat weitere Forderungen der Demonstranten erfüllt hatte: Ex-Präsident Mubarak und seine Söhne sind verhaftet worden. Wir hatten somit weniger Verkehrsstaus zu erdulden. Auf die Verhaftung komme ich später zu sprechen.

Kairo ist interessant, spannend und faszinierend. Es birgt unendliche Schätze und Kostbarkeiten, wunderschöne Winkel und Bauten, schöne Geschäfte wie z.B. in Zamalek und Kultur. Der Preis, diese zu besuchen ist aber hoch. Wir waren jedenfalls froh, als wir wieder die frische Luft am Roten Meer einatmen und unsere Lungen reinigen konnten. Was ich erst später erfuhr: mein armer Papa hatte gemeint, wir würden bei den Pyramiden gekidnappt!

Was die Pyramiden wohl schon alles gesehen haben?

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