Mittwoch, Dezember 05, 2012

Opposition vereint

Gestern Nachmittag und in der Nacht wurde in jeder Stadt Ägyptens demonstriert. Ich bin beeindruckt und ich freue mich. Die Opposition hat sich zusammengeschlossen und dem Präsidenten ein Ultimatum mit drei Forderungen gestellt: die Verfassungserklärung zurücknehmen, das Referendum über die Verfassung absagen und eine neue, das Volk repräsentierende, Verfassunggebende Versammlung ist einsetzen.


Als gestern Abend bekannt wurde, dass Mursi den Präsidentenpalast verlassen hat, brach riesiger Jubel aus. Die Leute um mich herum tobten… dabei hat das ja noch gar nichts zu bedeuten. Beeindruckt war ich gestern auch vom Marsch inmitten der Frauen und Männer. Viele hielten selbst gezeichnete Plakate hoch, am häufigsten las ich „Verschwinde“. Und das war auch der häufigste Ruf. „Nieder mit dem Regime Mursi“ und „Freiheit“ waren andere. Die Forderungen sind überall gleich, die Sprüche, Sätze und Gesänge erklangen in Alexandria, Kairo, Luxor und Assiut nicht anders als in Hurghada.

Was geht im Kopf eines Menschen vor, der zu Beginn seiner Amtszeit als Präsident eines vor Problemen beinahe erstickenden Landes verspricht, er werde ein Präsident für alle sein, er werde die Forderungen der Revolution schützen, er werde die Lebensbedingungen verbessern, gegen die Korruption kämpfen und so weiter… und kurz darauf entpuppt er sich zum schlimmsten Diktator aller Zeiten? Ist das Politik?

Auch in Hurghada waren gestern noch mehr Menschen auf der Strasse. Und diesmal auch auf den Balkonen. Die jungen Frauen vor mir fuchtelten wild in Richtung einiger Balkone und halb geöffneter Fenster, zeigten ihre Schilder und riefen „Freiheit“. Ich folgte ihren Blicken und sah diese schwarz verhüllten Geister im Halbdunkel… mich schauderte… die Gespenster dort oben bewegten ihre Fäuste nach unten. Die Frauen vor mir schrien umso lauter „Freiheit“.

Wie geht’s weiter? Wird Mursi dem Druck nachgeben oder gar zurück treten? Wenn er nur nachgibt, ist zwar eine kleine, wichtige Schlacht gewonnen, aber der Weg zu „Brot und Freiheit“ bleibt noch lang. Sollte er zurück treten: wer oder was folgt dann? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bärtigen klein beigeben. Sie kämpfen mit allen Tricks, um ihr Reich auszubauen. Ich hoffe, die Ägypter geben nicht auf.

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